Alpine Zwergstrauchgesellschaften
Ektomykorrhizierte Arten der alpinen Zwergstrauchheiden
Auf Kalk- und Dolomitfelsen der alpinen Hochlagen sind Zwergstrauchgesellschaften weit verbreitet. Die Standorte sind sonnen- und windexponiert, trocknen sehr schnell aus und haben zumindest in den Initialphasen sehr wenig Humusunterlage. Meist ist Carex firma, Polstersegge, die Pionierart, unter der sich die erste Feinerde ansammelt.
Abb. 519: Bestand von Dryas octopetala, Silberwurz. Bschiesser bei Oberjoch, 15.6.2002. Orig.
ECM-Mycobionten von Dryas octopetala, Silberwurz
Tabelle 137: ECM-Mycobionten von Dryas octopetala, Silberwurz:
Lactarius dryadophilus Silberwurzmilchling
Cortinarius levipileus kahlhütiger Schleierling
Cortinarius percavus Silberwurzschleierling
Dryas, Silberwurz
2-18! arktalp; immergrüne, mattenartig wachsende, kriechende Zwergsträucher mit einfachen, ledrigen, wechselständigen Blättern; Blüten einzeln, lang gestielt, weiß, K7-10 C7-10 A∞ G∞, Frucht mit langem, fedrigem Griffel; Insekten- und Selbstbestäubung; Windverbreitung; Artsystematik nicht geklärt; Steingartenziersträucher; Name: Griech. dryas - Baumnymphe, Dryade.
Dryas octopetala, Silberwurz
(Abb. 519) In Europa, Asien und dem westlichen Nordamerika vorkommend; Pionierart auf Kalkschotter und -fels, sowie in kalkhaltigen Böden der alpinen und subalpinen Stufe; selten in kalkreichen Flachmooren.
Pilze: Die Silberwurz ist der ausschließliche Wirt des echten Mehltaus Podosphaera volkartii.
Salix herbacea, Krautweide
(Abb. 520) Span/Isl/Skan/NW-Ruß; auf periodisch durchfeuchteten, kalkhaltigen, humosen und versauerten Böden der alpinen Stufe; Charakterart des Krautweiden-Schneeboden-Teppichs (Salicetum herbaceae).
ECM-Mycobionten von alpinen Salix spp., Spalierweiden
Tabelle 138: ECM-Mycobionten von alpinen Salix spp., Spalierweiden:
Lactarius aurantiacus orange Milchling
Lactarius nanus Zwergmilchling
Lactarius pseudouvidus falscher Violettmilchling
Lactarius salicis-herbaceae Krautweidenmilchling
Lactarius salicis-reticulatae Netzweidenmilchling
Amanita hyperborea nördlicher Scheidenstreifling
Cortinarius oreobius
Dikaryontenwirt von Melampsora arctica (= Melampsora alpina; 0, I: Saxifraga androsacea, biflora, exarata, moschata), und Melampsora larici ∩ epitea (0, I: Larix).
Abb. 520: Fruchtende Salix herbacea, Krautweide. TüBG, 11.5.2002. Orig.
Salix reticulata, Netzweide
(Abb. 521) Eu/As/NAm: arkt/subarkt; auf kalkhaltigem Gestein und in Rasen der alpinen und subalpinen Region; Charakterart des Gletscherweidenspaliers (Salicetum retuso-reticulatae).
Pilze: Dikaryontenwirt von Melampsora reticulata (0, I: Saxifraga aizoides, hypnoides, moschata), Melampsora larici ∩ epitea (0, I: Larix).
Abb. 521: Fruchtende Salix reticulata, Netzweide. Graubünden, Alp Flix, 29.6.2002. Orig.
Salix serpyllifolia, quendelblättrige Weide
(Abb. 522) Alp/Apen/Balk; auf kalk- und dolomitreichen Böden alpiner Rasen- und Felsfluren.
Pilze: Dikaryontenwirt von Melampsora larici ∩ epitea (0, I: Larix).
Abb. 522: Fruchtende Salix serpyllifolia, quendelblättrige Weide. TüBG, 11.5.2002. Orig.
Arctostaphylos, Bärentraube
ca. 50 NgemZ, bes. W-NAm; immergrüne, selten sommergrüne Sträucher bis kleine Bäume mit meist rotbrauner Borke; sehr ähnlich den Arbutus-Arten, von diesen aber durch die Fruchtknoten mit einer Samenanlage unterschieden (Arbutus mit vielen Samenanlagen); Insekten- und Selbstbestäubung; Vogelverbreitung; die großstrauchigen Arten Kaliforniens als Ziergehölze geeignet; Name: Griech. árktos - Bär, staphylé - Traube.
Pilze: Dikaryontenwirte für den Rostpilz Thekopsora sparsa (= Pucciniastrum sparsum; 0, I: Picea).
Abb. 523: Blätter von Arctostaphylos alpinus, Alpenbärentraube. Bschiesser bei Oberjoch, 15.6.2002. Orig.
Arctostaphylos alpinus, Alpenbärentraube
(Abb. 523) Eu/NAs/NAm; auf versauerten Böden, auch im Rohhumus über Kalk und Dolomit der Zwergstrauchheiden alpiner und subalpiner Lagen; Differentialart nordalpiner Alpenazaleengesträuche (Arctostaphylo-Loiseleurietum).
Pilze: Durch das spezifische Exobasidium angustisporum werden büschelig Jahrestriebe befallen.
Abb. 524: Arctostaphylos uva-ursi, immergrüne Bärentraube. TüBG, 6.5.2006. Orig.
Arctostaphylos uva-ursi, immergrüne Bärentraube
(Abb. 524) NgemZ; auf basenreichen bis kalkarmen und sauren Böden in lichten Kiefernwäldern und Zwergstrauchgesellschaften aller Höhenstufen.
Pilze: Spezifische Exobasidien: Lokale, kleine Blattflecken verursacht Exobasidium sydowianum; büschelige Jahrestriebe werden durch Exobasidium uvae-ursae befallen.
Kobresia, Nacktried
Ca. 60, NHem; horstförmig wachsende, borstige Kleinstauden mit steif aufrechten, borstigen Blättern und sparrigen, stielrunden, nur basal beblätterten und terminal einährigen Stängeln; Ähre schlank, mit 10-20, zweiblütigen, basal weiblichen und apikal männlichen Ährchen, von der Deckspelze der weiblichen Blüte eingehüllt (Name: Griech. eilyein - umhüllen); Frucht vom Schlauch nicht vollständig eingeschlossen.
Abb. 525: Horst von Kobresia myosuroides, Alpennacktried. Ponten bei Oberjoch, 8.7.1976. Orig.
Pilze: Zahlreiche potentielle ECM-Pilze wurden von Gao and Yang (2010) an zwei im Ost-Himalaja vorkommenden Kobresia-Arten nachgewiesen. Darunter wurden die Basidiomyceten mit den Thelephorales-Gattungen Thelephora und Tomentella sowie Inocybe (Risspilze) am häufigsten nachgewiesen, gefolgt von Cortinarius (Schleierling), Sebacina und dem Ascomyceten-Artenkomplex Cenococcum geophilum.
Fruchtknoten werden von Anthracoidea elynae zu kugeligen Sporenballen umgewandelt. Schizonella melanogramma verursacht schwarze Blattstreifen.
Kobresia myosuroides, Alpennacktried
(Abb. 525) NHem; ECM-Art, bevorzugt versauerten, trockenen Humus von Rasen und Matten, über kalkaltigen und silikatischen Gesteinen der alpinen Hochlagen; Charakterart des Nacktriedrasens (Elynetum).
Abb. 526: Persicaria vivipara, Knöllchenknöterich. Iseler, 16.7.1999. Orig.
Persicaria, Knöterich
ca. 100 Ngem; einjährige oder ausdauernde Kräuter und Zwergsträucher; P5 überwiegend petaloid, frei oder basal verwachsen; A meist 8, selten weniger; G(2-3), 2-3kantige Nuß, vom ausdauernden Perianth umschlossen; Insekten- und Selbstbestäubung.
Pilze: Wirte für den echten Mehltau Erysiphe polygoni. – Dikaryontenwirte für Arten aus dem extrem komplexen Rostpilzformenkreis der Puccinia bistortae, deren Haplophasen nur auf Umbelliferen vorkommen.
Persicaria vivipara, Knöllchenknöterich
(Abb. 526) NHem: Geb; ECM-Pflanze, auf humosen, wechselfeuchten Böden alpiner und subalpiner Rasen und Mähder, seltener im montanen Bereich.
Pilze: Die Mykorrhiza von Persicaria vivipara wurde von Hesselmann (1900) entdeckt. Als ECM-Pilze sind Ascomyceten der Gattungen Cenococcum, Geopora, Meliniomyces und Cadophora nachgewiesen.
Basidiomyceten-Genera decken die wichtigsten ECM-Mykobionten ab:
Sebacina, Clavulina, Thelephora, Tomentella,
die Russulaceae mit Lactarius (Milching) und Russula (Täubling)
sowie die Agaricales-Gattungen
Hebeloma (Fälbling), Inocybe (Risspilz), Laccaria (Lacktrichterling) und Cortinarius, Schleierling (Mundra et al. 2016).
Abb. 527: Puccinia cari ∩ bistortae, 0, I auf Chaerophyllum villarsii. Oberjoch, Iseler, 11.6.2006. Orig.
Persicaria vivipara wird vom falschen Mehltau Peronospora polygoni befallen.
Persicaria bistorta als Haplontenwirt für Rostpilze von Apiaceae, Doldenblütler
Tabelle 139: Puccina-Rostpilze mit Haplophassen auf Apiaceae und Dikaryophasen auf Persicaria bistorta:
P. angelicae ∩ mamillatae 0, I: Angelica
P. astrantiae ∩ vivipari 0, I: Astrantia
P. cari ∩ bistortae 0, I: Angelica, Carum
P. cari ∩ bistortae 0, I: Chaerophyllum, Abb. 527
P. cari ∩ bistortae 0, I: Pimpinella
P. mei ∩ mammillata 0, I: Ligusticum
P. pimpinellae ∩ bistortae 0, I: Pimpinella
P. polygoni ∩ vivipari 0, I: Angelica
Wirt für die Brandpilze Microbotryum bistortarum (in Blüten und Bulbillen) und Microbotryum marginale (in Pusteln von Blattspreiten).
Arbuskulär mykorrhizierte Arten der alpinen Zwergstrauchheiden
Abb. 528: Diphasiastrum alpinum, Alpenflachbärlapp; Graubünden, Partnun, 18.6.2011. Orig.
Diphasiastrum, Flachbärlapp
ca. 20 subkosm; ausdauernde, immergrüne Bärlappe mit kriechenden Hauptsprossen und abgeflachten Trieben (Name: Griech. dís - zweimal, phásis - Aussehen, Erscheinung), schuppigen und kreuzgegenständig stehenden Blättchen; Sporophylle in Ähren.
Diphastiastrum alpinum, Alpenflachbärlapp
(Abb. 528) NHem; typisch für torfig-humose, saure und sonnige Standorte der Borstgrasweiden montaner bis alpiner Regionen; Charakterart der alpinen Krähenbeer-Rauschbeerheide (Empetro-Vaccinietum).
Diphastiastrum complanatum, Flachbärlapp
NHem/N-SAm/PazIn; acidophiler Rohhumusbärlapp halbschattiger Standorte von den Tieflagen bis in die subalpine Zone.
Botrychium, Traubenfarn
ca. 25 subkosm; steriler Wedelteil gefiedert, fiederteilig oder seltener einfach; fertiler Wedelteil traubenartig verzweigt (Name: Griech. bótrys, bótryos - Traube), nicht blattartig. – Auf Botrychium-Arten kommen keine Mehltaupilze und auch keine Rost- und Brandpilze vor.
Abb. 529: Sporulierendes Botrychium lunaria, Mondraute. Kammregion des Iseler, 14.6.2002. Orig.
Botrychium lunaria, Mondraute
(Abb. 529) NgemZ/SAm; in Magerwiesen, nährstoffarme Matten und Schotterhalden, von der kollinen bis in die alpine Stufe; truppweise auftretend, oft weitflächig fehlend.
Pilze: Die Mondraute besitzt chlorophyllose Gametophyten, die mit intrazellulären Pilzen vergesellschaftet sind (Anhang Botrychium lunaria).
Carex firma, Polstersegge
(Abb. 530) Von den Alpen und den Apenninen über Serbien und Kroatien bis zu den Karpaten verbreitet; auf kalk- und dolomitreichen Böden, besonders über Fels und Schotter, an exponierten Standorten ausgedehnte Polster und Rasen bildend; in der alpinen und subalpinen Zone, selten herabgeschwemmt; Charakterart des Polsterseggenrasen (Caricetum firmae). Carex firma ist in Tieflagen sehr schwer zu kultivieren.
Abb. 530: Bestand von Carex firma, Polstersegge. Iseler bei Oberjoch, 15.6.2002. Orig.
Pilze: Dikaryontenwirt von Puccinia firma (Haplontenwirt: Bellidiastrum michelii). - Früchte können von Anthracoidea sempervirentis und Blätter von Schizonella melanogramma befallen werden (Abb. 531).
Abb. 531: Der Streifenbrand Schizonella melanogramma auf Carex firma, Polstersegge. a Wirt mit sporulierendem Parasiten; b gesundes und durch den Befall stark geschädigtes Blatt, aus dem die Brandsporenlager hervorbrechen; c Keimung von zwei Brandsporen in Kultur mit knospenden Basidiosporen, die eine Hefekolonie bilden; d zwei Brandsporenpaare mit sporulierenden Basidien, die sitzende Basidiosporen bilden. a Bschiesser bei Oberjoch, 7.1984. Orig.
Anthyllis alpestris, Alpenwundklee
(Abb. 532) Von den Pyrenäen über die Alpen und den Balkan bis zu den Pyrenäen reichend; auf Matten, Weiden, Geröllfluren und felsigen Standorten der subalpinen und alpinen Region; Charakterart alpiner Steinrasen (Seslerietalia).
Abb. 532: Bestand von Anthyllis alpestris, Alpen-Wundklee. Graubünden, Alp Flix, 28.6.2002. Orig.
Helianthemum alpestre, Gebirgssonnenröschen
(Abb. 533) Gebirge Mittel- und Südeuropas; in sonnenexponierten Lagen der Spalten von Kalk- und Dolomitfelsen, in Matten, Zwergstrauchgesellschaften der alpinen und subalpinen Regionen; Charakterart alpiner Blaugrasgesellschaften (Seslerion caeruleae).
Abb. 533: Blüte von Helianthemum alpestre, Gebirgssonnenröschen. Oberjoch, Iseler, 3.10.2009. Orig.
Androsace, Mannsschild
ca. 100 NgemZ; einjährige Kräuter oder Stauden, oft Polster und Matten in alpinen Hochlagen bildend, aber auch als Einzelpflanzen wachsend; Kronröhre schlundartig verengt, Staubblätter eingeschlossen (Name: Griech. aner, andrós - Mann, sakos - Schild); Insekten- und Selbstbestäubung; z.T. Windverbreitung.
Abb. 534: Bestand von Androsace chamaejasme, Zwergmannsschild. Gappenfeldalm bei Tannheim, 30.6.1992. Orig.
Androsace chamaejasme, Zwergmannsschild
(Abb. 534) Pyr/M/O-Alp/Karp/Ural; bevorzugt auf kalkreichen Böden der alpinen Matten und Rasen, selten bis in die subalpine Stufe absteigend; Charakterart alpiner Steinrasen (Seslerietalia).
Pilze: Wirt des spezifischen, mikrozyklischen (III) Rostes Puccinia volkartiana.
Primula, Primel, Schlüsselblume
ca. 550 Af/Eu/As/Java/Am; meist Stauden mit grundständigen Blättern, blattlosen Blütenstängeln und traubigen, ährigen, doldigen, wirteligen bis kopfigen Blütenständen, seltener mit Einzelblüten; Blüten sympetal, meist heterostyl; Kronen weiß, gelb, rosa bis purpur, trichter- oder radförmig, mit eingeschlossenen Stamina; Griffel fädig, mit kopfiger Narbe; hauptsächlich von Bienen und Schmetterlingen bestäubt; Windverbreitung; viele Arten, Hybriden und Kulturformen als Zierpflanzen weit verbreitet und sehr beliebt.
Pilze: Primula-Arten der Sektion Auricula sind Wirte für Roste aus dem Formenkreis des Uromyces primulae. Es sind autoecische Roste mit nackten Teleutolagern und papillaten Teleutosporen. Im Gebiet ist aus dieser Gruppe nur Uromyces auriculae vertreten.
Primula auricula, Aurikel, Gamsprimel, Platenigl
(Abb. 535) Alp/Apen/Karp; auf kalkhaltigen Böden der Kalk- und Dolomitfelsflur, auch im verfestigten Geröll, in lückigen Rasen und Matten der alpinen und subalpinen Region, selten in tieferen Lagen; Charakterart der Felsenfingerkraut-Gesellschaft (Potentillion caulescentis).
Pilze: Wirt für den spezifischen, autoecischen (0, I, II, III) Rost Uromyces auriculae.
Abb. 535: Primula auricula, Gamsprimel. TüBG, 26.4.2003. Orig.
Abb. 536: Über Hauptdolomit wachsender Gentiana clusii, großblütiger Enzian. Oberjoch, Iseler, 14.6.2002. Orig.
Gentiana clusii, großblütiger Enzian
(Abb. 536) Gebirge Mittel- und Südeuropas; auf kalkreichen, steinigen Böden von Rasen und Felsfluren der alpinen und subalpinen Stufe, seltener darunter; Charakterart alpiner Blaugrasgesellschaften (Seslerion caeruleae).
Weitere Arten siehe unter:
Rhododendron hirsutum, bewimperte Alpenrose (s. Latschengürtel)
Rhodothamnus chamaecistus, Zwergalpenrose
Saxifraga caesia, blaugrüner Steinbrech (s. Flußbegleiter)
Sesleria varia, Blaugras
Alpine Zwergstrauchheiden
● Kleingehölze und Stauden als ECM- und ERM-Klimaxvegetationen in der alpinen Zone
● Untermischt mit krautigen AMF Arten
● Hoher Anteil autoecischer Rostpilze