Phylogenie der Ustilaginomycotina, Brandpilze
Abb. 161: Phylogenie der Ustilaginomycotina, echte Brandpilze, mit repräsentativen Taxa und deren Wirten sowie Standortshinweisen. Dendrogramm stark vereinfacht und verändert, in Anlehnung an Begerow et al. 1997, 2014). Erläuterungen im folgenden Text und an weiteren, einschlägigen Textstellen.
Brandpilze sind durch molekularphylogenetische Analysen in zwei Großgruppen zerlegt worden, die Unterabteilung Ustilaginomycotina und die Klasse Microbotryomycetes, die den Pucciniomycotina angehört (Abb. 15, 16). Die Pucciniomycotina werden jetzt als echte Brandpilze bezeichnet (Abb. 161). Es sind Pflanzenparasiten, die nur auf Angiospermen, Bedecktsamern, vorkommen und typischerweise einen dimorphen Entwicklungsgang besitzen (Abb. 162).
In der Evolution der Brandpilze sind bemerkenswerte Substratspezifitäten, wie auch ökologische Standortsanpassungen zum Tragen gekommen. Als monophyletische Wirtsgruppe stechen die Poaceae, Süßgräser, für die artenreiche Gattung Ustilago, Flugbrände, aber auch für Tilletia, Steinbrände, hervor.
Unter den Cyperaceae, Sauergräser, nimmt die Wirtsgattung Carex, Segge, eine Vorrangstellung für Arten der Gattung Anthracoidea ein, die hohe Art–Art–Spezifitäten evolviert hat (Tabelle 57).
Andererseits bilden die Angiospermen, Bedecktsamer, ein sehr breites Wirtsspektrum für die Gattungen Entyloma, Melanotaenium und Urocystis.
Exobasidium ist in der heimischen Flora schwerpunktmäßig auf Ericaceae, Erikagewächse, konzentriert. Ähnliches trifft für Microstroma zu, das in gemäßigten Breiten Quercus und Juglans (Fagales) als Wirte besiedelt, in subtropisch-tropischen Gebieten aber auch auf Fabales übergeht.
Erstaunlich ist, dass die Hauptgruppe der auf Wasserpflanzen, Alisma (Froschlöffel), Butomus (Schwanenblume), Callitriche (Wasserstern), Limosella (Schlammling), Nymphaea (Seerose), Sagittaria (Pfeilkraut), Sparganium (Igelkolben) hinsichtlich ihrer Brandpilzparasiten (Doassansia, Doassinga, Nannfeldtiomyces, Rhamphospora) offensichtlich eine monophyletische Abstammungsgemeinschaft bilden.
Ein konvergente Parallele dazu stellt die Gattung Doassansiopsis dar, deren Wirte sich auf Alismataceae, Limnocharitaceae, Menyanthaceae, Nymphaeaceae und Potamogetonaceae verteilen.
Abb. 162: Normalentwicklungsgang von Brandpilzen am Beispiel von Ustilago-Arten, Parasiten von Poaceae, Süßgräser: Brandsporen keimen mit Meiosporangien, Basidien, die Sporidien, Basidiosporen, abgliedern. Diese knospen Hefezellen ab, die sich in dieser saproben Phase zu Hefekolonien weiterentwickeln können. Nach Konjugation kompatibler Hefezellen entsteht eine Dikaryophase mit Hyphen, die geeignete Wirte infizieren und parsitieren. In den Wirten werden zuallermeist organspezifisch Lager ausgebildet, in denen die Brandsporen entstehen, die als Verbreitungseinheiten dienen. Blau – saprobe, rot – parasitische Stadien. Orig.
Carex, Segge
ca. 2000 kosm; Rhizomstauden mit dreikantigen, kompakten Stängeln und linealisch-grasartigen, meist gekielten Blättern; Blattbasis meist scheidig und mit Blatthäutchen; Infloreszenz ein- oder mehrährig und dann rispig; Blüten eingeschlechtig, in einblüigen Ährchen, die von je einer Spelze getragen werden; männliche Blüten mit 2-3 Stamina; G(2-3), oberständig, von einer Hülle (Utriculus) umgeben; männliche und weibliche Blüten in getrennten Infloreszenzen und überwiegend einhäusig verteilt (Abb. 165); außerordentlich wichtige Pflanzen von Wiesen und Matten-Vegetationen; viele Arten sind hervorragende Bioindikatoren. Cyperaceae.
Carex-Arten werden von vielen Rost- und Brandpilzen befallen, die nicht selten artspezifisch auftreten. Bei Pucciniales handelt es sich überwiegend um Puccinia-Arten, die meist Compositen, sowie Ribes- und/oder Urtica-Arten als Haplontenwirte haben. Daneben ist im Gebiet nur eine Uromyces-Art (U. caricis-sempervirentis) vertreten.
Es wird die Gäumannsche (1959) Gliederung des äußerst komplexen des Formenkreises von Puccinia urticae ∩ ferrugineae (Puccinia urticae ∩ caricis) verwendet:
Puccinia urticae ∩ acutae (II, III: Carex elata, gracilis),
Puccinia urticae ∩ acutiformis (II, III: Carex acutiformis),
Puccinia urticae ∩ flaccae (II, III: Carex flacca),
Puccinia urticae ∩ frigidae (II, III: Carex frigida),
Puccinia urticae ∩ hirtae (II, III: Carex hirta),
Puccinia urticae ∩ inflatae (II, III: Carex rostrata),
Puccinia urticae ∩ pallescentis (II, III: Carex pallescens, Carex spp.),
Puccinia urticae ∩ paniceae (II, III: Carex panicea),
Puccinia urticae ∩ umbrosae (II, III: Carex umbrosa),
Puccinia urticae ∩ vesicariae (II, III: Carex vesicaria).
Abb. 163: Der Brandpilz Anthracoidea irregularis auf Carex digitata, bei der einzelne „Früchte“ in schwarze, ballenförmige Brandsporenlager umgewandelt sind. Karlstein bei Bad Reichenhall, 17.5.2013. Orig.
Carex brizoides, Zittergrassegge
Fra/MEu/W-OEu; auf wechselfeuchten bis nassen, lehmig-humosen Böden in Wäldern, Lichtungen, auch an schattigen Gehölzrändern der tieferen Lagen.
Pilze: Dikaryontenwirt von Puccinia silvatica (Haplontenwirt: Taraxacum officinale). – Früchte können von Anthracoidea arenaria befallen werden.
Carex digitata, Fingersegge
(Abb. 163) Eu/Kauk/Mands/Jap; bevorzugt auf kalkhaltigen, steinig-humosen, wechselfeuchten bis trockenen Böden lichter Laub- und Nadelmischwälder der kollinen, montanen und subalpinen Stufe; Charakterart der Buchenlaubwälder (Fagetalia).
Pilze: Dikaryontenwirt von Puccinia ribesii ∩ digitatae (Haplontenwirte: Ribes spp.). Früchte können von Anthracoidea irregularis (Abb. 163) und Blätter von Schizonella melanogramma befallen werden.
Carex flacca, blaugrüne Segge
(Abb. 164) NAf/Eu/Isl/WAs; auf kalkhaltigen bis versauerten, nassen bis trockenen, meist lehmig-schweren Böden von Wiesen-, Wald- und Randgesellschaften aller Höhenlagen; sehr häufig, weit verbreitet und offensichtlich wenig spezialisiert.
Pilze: Dikaryontenwirt von Puccinia ribesii ∩ diversicoloris (Haplontenwirte: Ribes spp.) und Puccinia urticae ∩ flaccae (Haplontenwirte: Urtica dioica, U. urens). – Früchte können von Anthracoidea pratensis (Abb. 164). und Blätter von Schizonella cocconii sowie von Urocystis fischeri befallen werden.
Abb. 164: Teilfruchtstand von Carex flacca, mit einzelnen, durch Anthracoidea pratensis befallenen „Früchten“. Iseler, 31.8.1984. Orig.
Brandpilze sind hauptsächlich durch die Cyperaceen-spezifische Gattung Anthracoidea zahlreich repräsentiert. Ihre kugeligen, schwarzen Sporenlager werden um junge Fruchtknoten herum gebildet, sodaß sie nur in den weiblichen Fruchtständen zu finden sind (Abb. 163, 164). Sie sind besonders häufig in der subalpinen und alpinen Zone (s. Anthracoidea).
Farysia thuemenii bildet Sori unterhalb der Fruchtknoten von Carex-Arten. Arten der Gattung Farysia sind durch sterile Hyphenbündel, die aus den Sporenlagern auswachsen, gut erkennbar.
Tolyposporium aterrimum ist ein spezifischer Brand in männlichen Carex-Blüten.
Urocystis fischeri, die Streifenbrände der Gattung Schizonella und krustig wachsende Arten der Gattung Orphanomyces kommen nur auf Carex-Blättern vor.
Wirte von Schizonella
Tabelle 55: Schizonella-Arten und Wirte nach Gattungen und Arten:
Carex atrata S. caricis-atratae
Carex flacca S. cocconii
Carex intercedens S. intercedens
Carex ssp. S. melanogramma
Kobresia myosuroides S. elynae
Ökologie von Carex, Seggen
Tabelle 56: Carex-Arten, Seggen und ihre bevorzugten Standorte:
Wasserpflanzen
In Moorschlenken
Im Wasser C. heleonastes, Schlenkensegge; C. limosa, Schlammsegge
Zuwachsende Moorschlenken C. chordorrhiza, Fadenwurzelsegge; C. dioica, zweihäusige Segge
Kalkreiche Flach- und Quellmoore C. davalliana, Davalls Segge
In Ufervegetationen und Verlandungszonen
Seichtes Wasser bis durchnäßte Böden C. acutiformis, Sumpfsegge; C. canescens, graue Segge
Seichtes Wasser bis durchnäßte Torfböden C. lasiocarpa, Fadensegge
Stehende bis langsame fließende Gewässer C. elata, steife Segge; C. rostrata, Schnabelsegge
Stehende bis langsame fließende Gewässer C. vesicaria, Blasensegge
Landpflanzen
Standorte feucht
Hochmoorbulte C. pauciflora, wenigblütige Segge
Flachmoore, Quellhorizonte C. appropinquate, Schwarzschopfsegge; C. echinata, Igelsegge
Staunasse Zwischen- und Flachmoore C. dioica, zweihäusige Segge; C. hostiana, Saumsegge
Staunasse Zwischen- und Flachmoore C. nigra, Schwarzsegge
Klakreiche Flachmoore C. pulicaris, Flohsegge
Sickernasse, kalkhaltige Böden C. acuta, Spitzsegge; C. panicea, Hirsesegge
Feuchtwiesen, Uferbereiche C. buxbaumii, Buxbaums Segge; C. demissa, gebogene Segge
Feuchtwiesen, Uferbereiche C. distans, entferntährige Segge; C. hartmannii, Hartmanns Segge
Feuchtwiesen, Uferbereiche C. pseudocyperus, Scheinzypergrassegge
Dauernasse Böden, Gewässerränder C. paniculata, Rispensegge, C. vulpina, Fuchssegge
Dauernasse Böden C. diandra, Drahtsegge; C. disticha, Kammsegge; C. flava s.l., gelbe Segge
Dauernasse Böden C. lepidocarpa, Schuppensegge
Standorte wechselfeucht bis trocken
Magerwiesen C. caryophyllea, Frühlingssegge; C. ericetorum, Heidesegge
Nährstoffarme, versauerte Wiesen C. ovalis, Hasenfußsegge; C. pallescens, bleiche Segge
Nährstoffreiche, basische Wiesen C. muricata, sperrfrüchtige Segge
Trockenrasen C. humilis, niedrige Segge
Rand- und Trittgesellschaften C. flacca, blaugrüne Segge; C. hirta, behaarte Segge; C. viridula, grünliche Segge
Waldpflanzen oder an Waldrändern und in angrenzenden Biotopen
Gewässerränder und Quellhorizonte C. pendula, Hängesegge
Feuchte, nasse Waldböden schattiger Stellen C. remota, Winkelsegge C. umbrosa, Schattensegge
Gehölzverlichtungen, Mähwiesen C. tomentosa, filzige Segge
Wechselfeuchte Stellen C. sylvatica, Waldsegge
Wechselfeuchte bis nasse Waldböden C. brizoides, Zittergrassegge; C. elongata, Walzensegge
Wechselfeuchte bis trockene Waldböden C. digitata, Fingersegge; C. ornithopoda, Vogelfußsegge
Gestörte Vegetationen, bes. Waldlichtungen C. spicata, dichtährige Segge
Lichte Wälder, sandige Böden C. pilulifera, Pillensegge
Trockene Wald- und Wiesenränder C. alba, weiße Segge; C. montana, Bergsegge
Subalpine und alpine Standorte
Kalkflachmoore C. capillaris, Haarsegge
Quell- und Bachfluren C. frigida, Eissegge
Durchnässte Böden von Schneetälchen C. aterrima, große Schwarzsegge
Versauerte, humoos-torfige, kalkfreie Böden C. brunnescens, bräunliche Segge
Matten und Gesteinsfluren
Kalkhaltige bis versauerte Böden C. atrata, Schwarzsegge
Kalkhaltige, humose Böden C. rupestris, Felsensegge
Kalk-, Dolomitfelsspalten C. brachystachys, kurzährige Segge; C. mucronata, stachelspitzige S.
Wechselfeuchte, kalkhaltige Böden
Wiesen und Matten C. ferruginea, Rostsegge; C. sempervirens, Horstsegge
Kalkgeröllgesellschaften C. firma, Polstersegge; C. ornithopodioides, Alpenvogelfußsegge
Wasserzügige Kalkgerölle C. parviflora, kleinblütige Segge
Abb. 165: Blütenorgane von Juncaceae, Binsengewächse und Cyperaceae, Sauergräser, die mit einer Handlupe im Gelände gesehen werden können und die in dieser Gegenüberstellung als Blütendiagramme in einer Reduktionsreihe, von unten links nach oben rechts, dargestellt sind: Die Juncaceae haben eine zweimal dreigliedrige und einhetiliche Blütenblatthülle, Perigon. Dieses ist bei den Simsen und Wollgräsern der Cyperaceae zu Borsten reduziert. Bei den Seggen fehlt es vollständig. – Bei den Juncaceae sind zwei dreigliederige Staubblattkreise vorhanden, bei den Cyperaceae nur ein einziger Kreis. – Reduktionen des Fruchtknotens betreffen den Übergang vom dreifächerigen, syncarpen, bei der Binse, zum einfächerigen, paracarpen, bei der Hainsimse, und den nachfolgenden Gattungen der Cyperaceae, bei denen die Samenlagen auf eine einzige reduziert wurden. – Schließlich erfolgte bei der Evolution der Gattung Segge ein Trennung der Geschlechter, sodaß die Blüten eingeschlechtig wurden. Orig.
Abb. 166: Weiblicher Teilblütenstand von Carex sylvatica, Waldsegge. Oberjoch, 13.7.1993. Orig.
Carex sylvatica, Waldsegge
(Abb. 166) NAf/Eu/OAs; auf humosen und wechselfeuchten Böden in Laubmischwäldern und an Gehölzrändern der kollinen und montanen, seltener der subalpinen Stufe.
Wirte von Anthracoidea
Tabelle 57: Auswahl von Anthracoidea-Arten und Wirten nach Gattungen und Untergattungen sowie Arten mit gleichen Parasiten:
Kobresia myosuroides A. elynae
Trichophorum A. scirpi
PRIMOCAREX
Carex davalliana A. karii
Carex dioica A. turfosa
Carex pauciflora A. caricis-pauciflorae
Carex pulicaris A. pulicaris
VIGNEA
Carex appropinquata, chordorrhiza, diandra A. aspera
Carex arenaria, brizoides, leporina A. arenariae
Carex curvula A. curvulae
Carex brunnescens, echinata, paniculata A. karii
Carex brunnescens, canescens, diandra A. fischeri
Carex leersii, muricata A. vankyi
Carex rupestris A. ruspestris
CAREX
Carex atrata A. atratae
Carex buxbaumii A. buxbaumii
Carex hostiana, flava, lepidocarpa A. hostianae
Carex lasiocarpa A. intercedens A. lasiocarpae
Carex panicea A. paniceae
Carex capillaris A. capillaris
Carex alba A. caricis-albae
Carex digitata, ornithopoda A. irregularis
Carex pallescens A. pseudirregularis
Carex montana, pilulifera A. caricis
Carex tomentosa A. tomentosae
Carex flacca A. pratensis
Carex hirta A. angulata
Carex limosa A. limosa
Carex firma, ferruginea, sempervirens A. sempervirentis
Carex elata A. heterospora
Carex elata, nigra A. liroi
Carex acuta, elata, nigra A. echinospora
Carex rostrata A. inclusa
Carex acutiformis, riparia, vesicaria A. subinclusa
Poales, Süßgräser
Familie der Poales (Süßgrasartige Gewächse) mit ca. 650 Gattungen und etwa 10.000 Arten einjähriger und ausdauernder Kräuter, sowie strauchartiger und baumförmiger Gräser, die kosmopolitisch verbreitet sind. Blätter flach, an Halmknoten entspringend und zweizeilig angeordnet, in Scheiden und Spreiten gegliedert; am Übergang der Scheide zur Spreite ist ein Blatthäutchen (Ligula) ausgebildet. Stängel (Halm) rundlich, in Knoten (Nodien) und Internodien gegliedert; Internodien meist hohl; Knoten sind zum Aufrichten der Halme befähigt. Blüten unscheinbar und reduziert, in komplexen Infloreszenzen angeordnet; in Ähren-, Ährenrispen- und Rispengräser gegliedert.Grundeinheit der Teilblütenstände ist das "Ährchen" (Abb. 167): es wird von (meist zwei) Hüllspelzen eingehüllt; Deckspelzen (bei vielen Arten begrannt) fungieren als Tragblätter der Einzelblüten; die zweikielige Vorspelze kann als Verwachsungsprodukt zweier äußerer Blütenhüllblätter (ursprünglich 3) angesehen werden, während die beiden Schwellkörper aus 2 inneren Tepalen hervorgegangen sein können (dritter Schwellkörper bei Bambuseen erhalten); es sind meist 3, selten 6, 2 oder nur ein Staubblatt vorhanden; der oberständige Fruchtknoten besteht aus 3 oder 2 verwachsenen Fruchtblättern und enthält eine Samenanlage, die mit den Fruchtknotenwänden zu einer Einheit (Karyopse) verwächst. Süßgräser sind weltweit von außerordentlicher Bedeutung als Lieferanten von Grundnahrungsmittel (Getreidegräser), sowie als Futtergräser und wichtigste Elemente in Grasvegetationen. Ziergräser gewinnen zunehmend an Bedeutung. Der Name stammt aus dem Griechischen (póa - Futter, Gras, Kraut).
Pilze: Auf Süßgräser ist der Grasmehltau Blumeria graminis (Erysiphe graminis) spezialisiert. Er ist außerordentlich weit verbreitet und von enormer landwirtschaftlicher Bedeutung. Poaceen sind in der heimischen Flora die einzigen monokotylen Wirte für echte Mehltaupilze. Der Pilz ist in Europa u.a. von Arten folgender Gattungen nachgewiesen: Achnatherum, Aegilops, Agropyron, Agrostis, Aira, Alopecurus, Anthoxanthum, Apera, Arrhenatherum, Avena, Brachypodium, Briza, Bromus, Calamagrostis, Corynephorus, Cynodon, Cynosurus, Dactylis, Danthonia, Deschampsia, Digitaria, Elymus, Eragrostis, Festuca, Glyceria, Helictotrichon, Hierochloë, Holcus, Hordelymus, Hordeum, Koeleria, Lagurus, Lamarckia, Leymus, Lolium, Melica, Mibora, Milium, Molinia, Phalaris, Phleum, Phragmites, Poa, Polypogon, Puccinellia, Secale, Sesleria, Setaria, Stipa, Trisetum, Triticum, Vulpia.
Abb. 167: Schematische Darstellung eines zweiblütigen Ährchens der Poaceae, Süßgräßer, und Diagramm einer Blüte. Hüllspelzen umschließen das Ährchen. Deckspelzen, bei diesem Beispiel begrannt, sind die Tragblätter der Einzelblüten. Die Vorspelze, ein Verwachsungsprodukt aus zwei Spelzen, entspricht zwei äußeren Blütenhüllblättern, ein drittes Blütenhülllblatt ist ausgefallen (*). Zwei Schwellkörper, ein drittes Organ ist ausgefallen (*), bewirken ein Auseinanderspreizen der Spelzen und damit ein Öffnen der Blüte bei Reife der drei Staubblätter mit ihren terminalesn Staubbeuteln, Antheren, und des einfächrigen, einsamigen Fruchtknotens, dessen drei Fruchtblätter durch drei Narben erkennbar werden. – Dieser Blütenbauplan entspricht dem Grundtyp der Monokotylen mit drei Organen pro Wirtel, wie aus dem Blütendiagramm (rechts) ersichtlich ist. Orig.
Der giftige, medizinisch genutzte Mutterkornpilz, Claviceps purpurea, kommt ebenfalls nur auf Süßgräsern vor (Abb. 440). Von ihm werden junge Fruchtknoten infiziert, die dann zu auffälligen, schwarzen, meist hornförmig gekrümmten Sklerotien (Mutterkörner: vegetative Überwinterungsstadien) auswachsen. Erst im nächsten Frühjahr entwickeln sich aus den abgefallenen Sklerotien gestielte Sammelfruchtkörper, die in ihren Köpfchen die Pilzfruchtkörper (Perithecien) bilden. In diesen entstehen die Ascosporen. Die Größe der Sklerotien ist offensichtlich mit der Größe der Grasfruchtknoten korreliert. Für alle Poaceen, incl. der Getreidegräser, wird nur eine einzige Mutterkornart angenommen.
Mit dem Mutterkorn verwandt sind ein weiterer Süßgrasparasit, Epichloë typhina und andere Graskernkeulen (Tabelle 58, n. Schardl and Leuchtmann 2005; Saikkonen et al. 2016), (Abb. 168), deren auffällige gelb-orange Stromata mit eingesenkten Perithecien Grashalme umwachsen. – Wohl alle Süßgräser, die mit Faulbaum und Kreuzdorn-Arten vergesellschaftet sein können, sind potentielle Wirte (II, III) von Puccinia coronata (0, I: Frangula, Rhamnus), Kronenrost, einer Sammelart komplexer Sippen, die bisher nicht ausreichend analysiert wurden. Charakteristisch sind die kronenartigen Auswüchse der terminalen Teleutosporenzellen. Von enormer wirtschaftlicher Bedeutung ist Puccinia graminis (II, III auf den meisten Grasarten auftretend; 0, I: Berberis), der Schwarzrost der Süßgräser, der auf Getreidegräsern solche Schäden hervorruft, daß beträchtliche Ernteausfälle eintreten.
Überwiegend mit lilioiden Monocotylen (0, I) wirtswechselnde Puccinien (Teleutolager bedeckt, Teleutosporenstiele fest) werden in dem Formenkreis der Puccinia sessilis (P. digraphidis, hordei, orchidearum ∩ phalaridis, phalaridis, schmidtiana, smilacearum ∩ festucae, winteriana) zusammengefaßt.
Zahlreiche Gräser sind II, III-Wirte für Puccinia striiformis, Haplophase erst 2010 auf Berberis chinensis, B. koreana und „Esmerald Carousel“ nachgewiesen (Jin et al. 2010). –
Gräser sind auch die Dikaryontenwirte (II, III) von Arten des Formenkreises von Uromyces dactylidis (U. agrostidis, airae-flexuosae, alopecuri, brizae, dactylidis, festucae, phlei-michelii, poae, poae-alpinae; 0, I: Ranunculus), mit bedeckten Teleutolagern und glatten, nicht papillaten Teleutosporen. – Der Streifenbrand auf Blättern von Süßgräsern, Ustilago striiformis, ist von vielen Wirtsarten diverser Gattungen bekannt.
Abb. 168: Epichloë sylvatica, Waldzwenken-Kernpilz, auf Brachypodium sylvaticum, Waldzwenke: a, b Stromata mit eingesenkten Perithecien umwachsen die Halme der Wirte; c Längsschnitt durch einen infizierten Grashalm mit den peripheren Stromata und Perithecien; d Ascus mit Ascosporen und verdickter Apikalregion; e frei liegende Ascosporen. a TüBG, 10.7.2003; b-e Oberjoch 9.9.1986. Orig.
Wirte von Epichloë, Graskernpilz
Tabelle 58: Epichloë-Arten, Graskernpilze und ihre Wirte:
Agrostis spp., Straußgräser; Calamagrostis villosa, wolliges Reitgras E. baconii
Anthoxanthum, Ruchgras; Arrhenatherum, Glatthafer; Brachypodium, Zwenke E. typhina
Dactylis, Knäuelgras; Lolium, Lolch; Phleum, Lieschgras; Poa, Rispengras E. typhina
Brachypodium sylvaticum, Waldzwenke E. sylvatica
Bromus spp., Trespen, Hordelymus europaeus, Haargerste E. bromicola
Festuca arundinacea, Rohrschwingel E. coenphiala
Festuca, Schwingel; Koeleria, Schillergras; Lolium, Lolch E. festucae
Holcus lanatus, wolliges Honiggras E. clarkii
Festuca, Schwingel
ca. 450 gemZ/tropHGbg; ausdauernde, einzeln oder horstförmig wachsende Gräser mit flachen und/oder borstigen Blättern und überwiegend rispigen, gelegentlich auch traubigen Infloreszenzen; Ährchen 3- bis mehrblütig, mit abgerundeten Spelzen; Hüllspelzen kürzer als die Ährchen; Deckspelzen meist begrannt; Name: Lat. festuca – Grashalm; systematisch außerordentlich komplexe Gattung mit teilweise sehr schwer unterscheidbaren Arten. AMF-assoziiert (Dalpé and Alken 1998), Poaceae.
Festuca altissima (Drymochloa), Waldschwingel
(Abb. 169) Eu/Sib; auf wechselfeuchten, locker-humosen Böden der Bergmischwälder, bis in die subalpine Stufe reichend; typisch auch für Rotbuchenwälder (Fagion).
Pilze: Wirte für den Grasmehltau Blumeria graminis. – Dikaryontenwirte (II, III) für Puccinia festucae (0, I: Lonicera), Puccinia petasiti ∩ pulchellae (0, I: Petasites) und Puccinia smilacearum ∩ festucae (0, I: Convallaria, Paris, Polygonatum). Wirt für Puccinia gibberosa (II, III; Haplophase unbekannt).
Ökologie von Festuca, Schwingel
Tabelle 59: Festuca-Arten, Schwingel und ihre bevorzugten Standorte:
Böden nass, nährstoffreich, besonders in Auwäldern F. arundinacea (Lolium a.), Rohrschwingel
Böden wechselfeucht bis trocken
Wiesen und Rasen
Fett- und Magerwiesen F. pratensis, Wiesenschwingel
Magerwiesen, Trockenrasen, felsige Stellen F. ovina, Schafschwingel; F. rupicola, Felsenschwingel
Gestörte Standorte, kultivierte Flächen, Ruderalgesellschaften F. rubra, Rotschwingel
Waldpflanzen oder an Waldrändern und in angrenzenden Biotopen
Kiesige Flächen in offenen Kiefernwäldern F. amethystina, Amethystschwingel
In Mischwäldern an halbschattigen Stellen auf versauerten Böden F. altissima, Waldschwingel
In Mischwäldern auf feuchten Böden F. gigantea, Riesenschwingel
Subalpine und alpine Standorte
Gebirgswiesen der Hochlagen F. melanopsis, schwärzlicher Schwingel
Gebirgswiesen der Hochlagen F. nigrescens, schwärzender Schwingel; F. pulchella, schöner Schwingel
Kalkgeröll- und Dolomitfluren F. alpina, Alpenschwingel
Steinige, alpine Hochlagen F. quadriflora, niedriger Schwingel
Abb. 169: Blatthäutchen, Ligula, von Festuca altissima, hoher Schwingel. Bad Reichenhall, 8.7.1995. Orig.
Hordelymus, Haargerste
1; ausdauerndes Ährengras mit länglich-zylindrischen Infloreszenzen (Name: Lat. hordeum - Gerste, Griech. elymos - Hirse), aus Dreiergruppen von sitzenden, 1-(2)blütigen Ährchen zusammengesetzt; Ährchen mit seitlich zusammengedrückten Rhachillafortsätzen; Hüllspelzen basal verwachsen, grannenartig; Deckspelzen grannenspitzig.
Pilze: Wirt für den Grasmehltau Blumeria graminis. – Dikaryontenwirt von Puccinia aconiti ∩ rubrae (0, I: z.B. Aconitum, Actaea, Hepatica, Trollius). – Wirt für den Brandpilz Ustilago hypodytes.
Abb. 170: Blühender Hordelymus europaeus, Wald-Haargerste. Ornach bei Oberjoch, 18.7.1995. Orig.
Hordelymus europaeus, Wald-Haargerste
(Abb. 170) NAf/Eu/Kauk; auf nährstoffreichen, kalkhaltigen Böden in Mischwäldern der unteren und mittleren Höhenlagen; typisch für Rotbuchenwälder (Fagion).
Abb. 171: Bestand von Milium effusum, Flattergras. TüBG, 23.5.1982. Orig.
Milium, Flattergras
4 gemEu/As/O-NAm; einjährige oder ausdauernde Rispengräser mit flachen Blättern und lockeren, überhängenden Infloreszenzen; Ährchen klein, flach-oval, ohne Grannen; Hüllspelzen die übrigen Spelzen überdeckend; Name: Lat. milium - Hirse.
Pilze: Wirt für den Grasmehltau Blumeria graminis. – Wirt für den Streifenbrand Ustilago striiformis.
Milium effusum, Flattergras
(Abb. 171) Eu/As/O-NAm; auf nährstoffreichen, humosen, wechselfeuchten Böden von Laubmischwäldern, seltener in Nadelwäldern und Hochstaudenfluren, von den Tieflagen bis in die subalpine Zone; Charakterart der Buchenlaubwälder (Fagetalia).
Pilze: AMF-Mykorrhiza ging nach Düngung verloren (Turnau et al. 1992).
Poa, Rispengras
ca. 500 subkosm; zumeist ausdauernde, aber auch einige einjährige Rispengräser mit überwiegend flachen, selten borstigen Blättern; Blattspitzen häufig kapuzenförmig zusammengezogen; Hüll- und Deckspelzen und damit auch die Ährchen auffällig stark gekielt, aber nicht begrannt; bei mehreren Arten wachsen die Spelzen der Ährchen vegetativ zu Jungpflanzen aus ("Viviparie"). Die 11 im Gebiet vorkommenden Arten werden in Tabelle 60 nach ihren bevorzugten Standorten gruppiert.
Pilze: Barni et Siniscalco (1999) haben die AMF Vegetationsdynamik der W-italienischen Alpen untersucht. – Wirte für den Grasmehltau Blumeria graminis. – Dikaryontenwirt (II, III) von Puccinia petasiti ∩ pulchellae (0, I: Petasites) und Puccinia thalictri ∩ poarum (0, I: Thalictrum). Die für die Wirtswechsel benötigten Wirte finden sich zumeist an den gleichen Standorten (vgl. z.B. folgende Rostpilze von Poa nemoralis, Hainrispengras).
Ökologie von Poa, Rispengräser
Tabelle 60: Poa-Arten, Rispengräser und ihre bevorzugten Standorte:
Böden nass, nährstoffreich, besonders in Auwäldern P. palustris, Sumpfrispengras
Böden wechselfeucht bis trocken
Wiesen und Rasen
Fettwiesen P. pratensis, Wiesenrispengras; P. trivialis, Rispengras
Magerwiesen, Trocken- und Steppenrasen P. compressa, flaches Rispengras
Gestörte Standorte, kultivierte Flächen, Ruderalgesellschaften P. annua, einjähriges Rispengras
Waldpflanzen oder an Waldrändern und in angrenzenden Biotopen
Humosig steinige Böden in Laubwäldern P. nemoralis, Hainrispengras
Subalpine und alpine Standorte
Feucht-humöse Böden schattiger Hochstauden und Zwerggehölze P. hybrida, Bastardrispengras
Nährstoffreiche Wiesen und Matten P. alpina, Alpenrispengras
Stickstoffreiche, feuchte Böden gestörter Gesellschaften P. supina, Lägerrispengras
Kalkgeröll- und Dolomitfluren P. cenisia, Mont Cenis-Rispengras; P. minor, kleines Rispengras
Abb. 172: Bestand von Poa nemoralis, Hainrispengras. Bad Kreuznach, 6.6.2011. Orig.
Poa nemoralis, Hainrispengras
(Abb. 172) NgemZ; auf humosen bis steinigen Böden lichter Laubmischwälder und Gehölzränder aller Höhenstufen.
Pilze: Dikaryontenwirt (II, III) von Puccinia poae ∩aposeridis (0, I: Aposeris foetida), Puccinia poarum (0, I: Tussilago), Uromyces poae (0, I: Ranunculus). – Wirt für die Brandpilze Tilletia paradoxa, Tilletia poae, Tilletia sterilis, Urocystis poae, Ustilago striiformis.
Magnoliatae (Dicotyle), zweikeimblättrige Pflanzen
Asarum, Haselwurz
ca. 70 NHem; Zwergstauden schattiger bis halbschattiger Laubmischwälder, mit kriechenden Stängeln (Name: Griech. ásaron – unverzweigt), schuppigen Niederblättern und gestielten, nieren-, herz- oder pfeilförmigen, glänzenden, lederigen und ausdauernden Blättern; Blüten einzeln, radiär, glockig, P3 A12 G(6) unterständig (Abb. 173), kugelige, mehrsamige Kapseln; reich an ätherischen Ölen vom Phenylpropan- und Sesquiterpentyp.
Pilze: AMF-Pilze wurden u.a. in Asarum canadense nachgewiesen (Brundrett and Kendrick 1990).
Abb. 173: Asarum europaeum, Haselwurz, Blüte längs geschnitten. MüBG, 4.1968. Orig.
Asarum europaeum, europäische Haselwurz
(Abb. 173) W/OEu/Sib; nährstoffreiche, kalkhaltige und wechselfeuchte Böden in Laubmischwäldern der kollinen bis montanen Stufe; typisch für Buchenlaubwälder (Fagetalia); Käfer- und Selbstbestäubung; Ameisenverbreitung.
Pilze: Wirt für den gebietsweise häufigen, mikrozyklischen (III) Rost Puccinia asarina (Abb. 174).
Abb. 174: Teleutosporen von Puccinia asarina, Rostpilz auf Asarum europaeum, Haselwurz. Meßstriche 1 μm, Großgmain bei Salzburg, 29.7.2007. Orig.
Actaea, Christophskraut
7 NgemZ; schattenliebende Stauden; Frühjahrsblüher mit weißen Blüten in gedrängten Blütenständen; früh abfallende Kronblätter und schmale Nektarblätter; giftige (?) Beeren; Insektenbestäubung, Vogelverbreitung; mit einem griechischen Pflanzennamen (aktaia) belegt.
Pilze: AMF-Mykorrhizierung bei Actaea rubra (Brundrett and Kendrick 1990). – Wirt für den echten Mehltau Erysiphe aquilegiae (Tabelle 18). – Haplontenwirt von Puccinia actaeae ∩ agropyri (II, III: Festuca nigrescens, F. violacea). – Kann von dem Brandpilz Urocystis carcinodes befallen werden.
Abb. 175: Blühende Pflanze von Actaea spicata, Christophskraut. Allgäu, Weißensee, 13.5.2012. Orig.
Actaea spicata, ähriges Christophskraut
(Abb. 175) Eu/As; besonders in Schlucht- und Mischwäldern der kollinen bis montanen Bereiche in lockeren, humosen bis lehmigen und kalkreichen Böden; Charakterart des Bergahorn-Eschen-Schluchtwaldes (Aceri pseudoplatani-Fraxinetum).
Anemone, Windröschen
ca. 120 N/SgemZ; zumeist durch Protoanemonin giftige Stauden mit geteilten, grundständigen Blättern und 3-4 quirligen Stängelblättern; Blüten radiär, zwittrig, mit 5-20 Kronblättern, vielen Staubblättern und zahlreichen freien, einsamigen Karpellen; Nüßchen mit kahlen und zur Fruchtzeit nicht verlängerten Griffeln (Unterschiede zu Pulsatilla-Arten); Pollenscheibenblumen, Insektenbestäubung; Name: Griech. ánemos - Wind. – Wirte für den echten Mehltau Erysiphe ranunculi.