Magnoliidae, Magnolienartige Verwandtschaft
Abb. 102: Systemreviere im neuen Botanischen Garten. Es sind nur die wichtigsten Ordnungen eingetragen. Die unterstrichenen und gelb geschriebenen Namen verweisen auf die Ordnungen, die im Folgenden behandelt werden. Photo: Google Earth, 2007.
Abb. 103: Magnoliidae nach Cronquist (1988). Zum Vergleich mit molekularphylogenetischen Vorstellungen siehe Text.
Wie der molekularphylogenetische Stammbaum (Abb. 19) zeigt, bilden Einkeimblättler, Monocotyledoneae, eine Abstammungsgemeinschaft, sie sind also monophyletisch, nicht aber die Zweikeimblättler, Dicotyledoneae (APG II 2003, APG III 2009).
Die Unterklasse der Magnoliidae, magnolienartige Verwandtschaft, umfaßte ursprünglich neben den Magnoliales, Laurales und Piperales, auch die Aristolochiales, Illiciales, Nymphaeales, Ranunculales und Papaverales (Abb. 103). Nach molekularphylogenetischen Hypothesen bilden jedoch nur die Magnoliales, Laurales und Piperales (incl. der Aristolochiales als Familie Aristolochiaceae), zusammen mit den Chloranthales und Canellales ein Monophylum (Massoni et al. 2014, 2015). Die Nymphaeales wurden als Vertreter der basalen Angiospermen bereits vorgestellt, ebenso wie die Austrobaileyales (Illiciales), zu denen die Schisandraceae gestellt werden (siehe oben). Die Papaverales wurden als Familie (Papaveraceae) in die Ranunculales eingegliedert (Fay et Christenhusz 2012, Hoot et al. 2015).
Traditionelle systematische Einteilungen von Engler (1892, 1903), Hutchinson (1959), Takhtajan (1959), Melchior (1964), Cronquist (1981, 1988) und Huber (1991) stimmen in vielen Gruppierungen auch mit den molekularphylogenetischen Hypothesen überein.
Arten der Magnoliidae mit den Magnoliales, Laurales und Piperales sind auf der dritten Terrasse der Tübinger Systemanlage angepflanzt (Abb. 102).
Magnoliales, Magnolienartige Gewächse
Abb. 104: Familien der Magnoliales incl. Winterales: Dendrogramm nach Sequenzen des Plastidengenoms. Verändert nach Donoghue in tree of life (1996).
Ordnung ursprünglicher, dikotyler, zumeist holziger und immergrüner Pflanzen ohne Stipeln, aber oft mit tütenartigen Blattscheiden.
Systematik und Phylogenie (Abb. 104): Die Familien Annonaceae, Degeneriaceae, Eupomatiaceae, Himantandraceae, Magnoliaceae und Myristicaceae werden in der Ordnung Magnoliales zusammengefaßt. Ihre verwandtschaftlichen Beziehungen sind in unterschiedlichen molekularen Analysen uneinheitlich (Doyle et Endress 2000, Soltis et al. 2000, Magallón et al. 2015).
Abb. 105: Blüte von Liriodendron tulipifera, Tulpenbaum, TüBG. Orig. 12.6.2002.
Magnoliaceae, Magnoliengewächse
(Abb. 104-106). Familie der Magnoliales (Magnolienartige Gewächse) mit 2-12 Gattungen und etwa 220 Arten von Holzgewächsen, die in Wäldern Süd-, Ost- und Südostasiens sowie im südöstlichen Nordamerika und in Mittel- und Südamerika vorkommen. Blätter einfach, wechselständig, mit großen, stängelumfassenden, hinfälligen Stipeln; Blüten auffällig, groß, mit freien, nicht in Kelch und Krone gegliederten Blütenhüllblättern und vielen, an deutlich konisch verlängerten Blütenachsen spiralig stehenden Staub- und Fruchtblättern (Abb. 106); Fruchtblätter frei oder zu Sammelfrüchten verwachsen. Wichtige Holzlieferanten und Ziergehölze. Benannt nach dem französischen Botaniker Pierre Magnol (1638 -1715). Gattungsauswahl: Magnolia, Michelia, Liriodendron.
Phylogenie: Die Magnoliaceae sind eine monophyletische Familie der Magnoliales mit den Myristicaceae als nächste Verwandte (Doyle et Endress 2000, Soltis et al. 2000). Durch molekulare Daten ist die traditionelle Gattungsgliederung der Magnoliaceae in Frage gestellt worden.
Siehe Anhang „Lieblingspflanze 16. Tulpenbaum“. Vgl. Teil 3 Arboretum, 12 Magnoliaceae.
Abb. 106: Teillängsschnitt einer Blüte von Magnolia x soulangiana (M. denudata x M. liliiflora). P gleichgestaltete Blütenblätter, A Staubblätter, G Fruchtknoten. Orig.
Laurales, Lorbeerbaumartige Gewächse
Abb. 107: Familien der Laurales: Dendrogramm nach Sequenzen des Plastidengenoms. Verändert nach Donoghue in tree of life (1996).
Hauptmerkmale der Laurales sind: Überwiegend immergrüne Gehölze mit einfachen, lederigen Blättern, ohne Stipeln, gelegentlich mit Blattscheiden. Blütenhüllen schraubig oder in 2 bis mehreren Wirteln, meist freiblättrig. Festigungsgewebe der Samenschale - wenn vorhanden - vom äußeren Integument abgeleitet.
Systematik und Phylogenie (Abb. 107): Die Verwandtschaftsverhältnisse der Laurales wurden von Renner (1999) morphologisch und molekular analysiert. Die Ordnung wurde auch mit den nah verwandten Magnoliales (= Annonales) vereint.
Abb. 108: Teilblütenstand von Laurus nobilis, Lorbeerbaum. TüBG. Orig. 25.2.2006.
Lauraceae, Lorbeergewächse
(Abb. 107, 108). Familie mit ca. 50 Gattungen und etwa 2500 Arten von Gehölzen und parasitischen Lianen mit fadenförmigen Stängeln. Die Lauraceen sind besonders in der Neotropis und in Südostasien verbreitet, darüber hinaus kommen sie aber auch in Afrika, dem süd- und ostasiatischen Bereich, in Indomalesien, Australien und Neuseeland vor. Blätter meist ungeteilt, ohne Stipeln, lederig, wechselständig, selten gegenständig oder quirlig. Blüten klein, zyklisch, zwittrig oder eingeschlechtig, meist 3zählig, Blütenachse verbreitert bis becherig; P3+3 oder selten 2+2, sehr selten 0; A meist 3-12, auf 4 Kreisen, die Glieder eines oder mehrerer Kreise auch staminodial; Antheren mit Klappen (2-4) aufspringend; G(3) meist mittelständig, selten unterständig, einfächerig, mit oder ohne Griffel; einsamige Beeren oder Steinfrüchte, meist von der Blütenachse (Cupula) teilweise oder ganz umgeben; die Cupula kann auch abfallen. Die Familie enthält wichtige Nutzpflanzen (Holz, Früchte, Gewürze: aromatische Blätter mit ätherischen Ölen, darunter toxische, wie Campher oder Safrol) und Ziergehölze, aber auch chlorophylllose Parasiten der Gattung Cassytha. Mit dem lateinischen Namen für Lorbeer benannt. Gattungsauswahl: Cinnamomum, Laurus, Lindera, Litsea, Ocotea, Persea.
Phylogenie: Verwandtschaften und ihre Verbreitungsmuster wurden von Chanderbali et al. (2001) untersucht. Die Lauraceae sind die Schwestergruppe der Monimiaceae innerhalb der Laurales (Renner 2005).
Vgl. Teil 3 Arboretum, 17 Lauraceae.
Abb. 109: Blüte von Calycanthus fertilis, Gewürzstrauch. Mehrere Blütenblätter wurden entfernt um die Staubblätter sichtbar zu machen. TüBG. Orig. 4.6.2010.
Calycanthaceae, Gewürzstrauchgewächse
(Abb. 107, 109, 110). Familie mit 4 Gattungen und 7 Arten winterharter Sträucher, die gegenständig beblättert sind. Das Gesamtareal umfaßt 4 disjunkte Gebiete: Ostasien, Nordaustralien, sowie zwei Teilareale in SO- und SW-Nordamerika. Die zahlreichen, freien Fruchtblätter sind in einen deutlichen Blütenbecher eingesenkt. Der aus dem Griechischen abgeleitete Name bedeutet Kelchblüte. Gattungen: Calycanthus, Chimonanthus, Idiospermum, Sinocalycanthus.
Phylogenie: Die Calycanthaceae bilden das basale Monophylum der Laurales (Renner 2005).
Vgl. Teil 3 Arboretum, 10 Calycanthaceae.