Abb. 268: Systemreviere im neuen Botanischen Garten. Es sind nur die wichtigsten Ordnungen eingetragen. Die unterstrichenen und gelb geschriebenen Namen verweisen auf die Ordnungen, die im Folgenden behandelt werden. Photo: Google Earth, 2007.
Abb. 269: Terrasse in der Systemanlage des Tübinger Botanischen Gartens mit einer Teilansicht der Reviere der Asteridae, Asternähnliche Gewächse. Blick von Ost nach West. Orig. 22.12.2006.
Abb. 270: Systemanlage des Tübinger Botanischen Gartens mit einer Teilansicht der Reviere der Asteridae, Asternähnliche Gewächse auf drei Terrassenebenen. Beschriftet sind die Trompetenbaumgewächse (Bignoniaceae), die Kardenartigen Gewächse (Dipsacales), die Taubnesselartigen Gewächse (Lamiales) und die Körbchenblütigen Gewächse (Asterales). Blick von West nach Ost. Orig. 22.12.2006.
Asteridae, Asternähnliche Gewächse
Abb. 271: Asteridae, Asternähnliche Gewächse. Unterklasse der dikotylen Angiospermen mit tetrazyklischem Blütenbau, fixierten Blütengliedern, häufig auf zwei reduzierten Fruchtblättern und meist sympetalen Kronen. Nach Cronquist (1988).
Abb. 272: Merkmals-Neuerungen mit dem Schwerpunkt ihrer Verbreitung bei den sympetalen Ordnungen.
––––– Krone verwachsenblättrig; ............. Endospermbildung zellulär; - - - - - - - Samenanlagen stets oder vorwiegend unitegmisch. Nach Huber (1991).
Zur Unterklasse der Asteridae (Abb. 273) werden dikotyle Angiospermen zusammengefaßt, die einen tetracyclischen Blütenbau (Abb. 274) mit fixierten Blütengliedern und meist verwachsenen Kronblättern besitzen (tetracyclische Sympetale). Damit werden die Überordnungen Cornanae, Ericanae, Lamianae, Aralianae und Asteranae als Verwandtschaften erfaßt.
Abb. 273: Überordnungen der Asteridae. Dendrogramm nach Sequenzen des Plastidengenoms (CHASE et al. 1993).
Phylogenie: Die Asteridae wurden vielfach molekular analysiert und als Monophylum bestätigt (Downie et Palmer 1992, Olmstead et al. 1992, 1993, 2000, Wagenitz 1992, Backlund et Bremer 1997, Albach et al. 1998, Donoghue et al. 1998, Reeves et Olmstead 2003, Oxelman et al. 2004).
Abb. 274: Bauplan der tetracyclisch sympetalen Blüte. Die vier Blütenorgankreise sind Kelch (1 grün), Krone (2 rot), Staubblätter (3) und Fruchtblätter (4). Das Diagramm zeigt auch, dass die Kelchblätter untereinander und die Staubblätter mit den Kronblättern verwachsen sind. Ursprünglich sind die Fruchtknoten fünfblättrig, abgeleitet aber fast immer zweiblättrig. Orig.
Cornales, Hartriegelartige Gewächse
Hauptmerkmale der Cornales: Meist Gehölze mit einfachen Blättern ohne Stipeln mit etwa 600 subkosmopolitisch verbreiteten Arten in 50 Gattungen und 6 Familien. Blüten radiär mit überwiegend freien Petalen (!) und mittel- bis unterständigen, synkarpen, selten parakarpen Fruchtknoten.
Phylogenie: Monophylum der Asteridae in basaler Position (Abb. 273, Li et Zhang 2010). Molekular begründete Phylogenie der Ordnung durch Xiang et al. (2002, 2011), Fan et Xiang (2003).
Abb. 275: Verwandtschaften der Cornales: Dendrogramm nach Sequenzen des Plastidengenoms. Kompiliert und verändert nach RICE et al. (1997) unter Verwertung der Daten von Chase et al. (1993).
Die überwiegend amerikanischen Blumennesselgewächse (Loasaceae) werden nach molekularen Analysen zu den Cornales gestellt. In die Hartriegelgewächse (Cornaceae) werden jetzt die Alangiaceae einbezogen (Abb. 275). Zu den Hortensiengewächsen (Hydrangeaceae) werden auch die Pfeifenstrauchgewächse (Philadelphaceae), die Tupelobaumgewächse (Nyssaceae) gerechnet. Zu letzteren wird neuerdings auch der Taubenbaum, Davidia involucrata (Davidiaceae), gestellt.
Loasaceae, Blumennesselgewächse
(Abb. 276). Familie mit 20 Gattungen und 270 Arten, überwiegend krautiger, aber auch strauchiger Pflanzen, die fast ausschließlich in Amerika verbreitet sind; nur zwei Vertreter kommen in Südwestafrika und Südarabien vor. Viele Arten sind auffällig starr behaart und oft kommen Brennhaare vor. Blätter einfach bis gelappt, ohne Stipeln, wechsel- oder gegenständig angeordnet. Blüten radiär, zwittrig; K(4-5-7) C4-5 meist frei; A5-∞, innere oft zu Nektarstaminodien umgewandelt; G(3-5) unterständig, primär einfächerig, durch vorspringende Plazentawucherungen aber sekundär gekammert; Kapselfrucht mit 1-∞ Samen. Name von einer südamerikanischen, volkstümlichen Bezeichnung abgeleitet. Gattungsauswahl: Blumenbachia, Cajophora, Loasa, Klaprothia, Mentzelia.
Abb. 276: Blüte von Blumenbachia insignis, Loasaceae, Blumennesselgewächse, Oslo Botanical Garden. Orig. 15.10.2005.
Phylogenie: Die Verwandtschaftsverhältnisse der Loasaceae wurden von Hempel et al. (1995) und Hufford et al. (2003) molekular untersucht. Von Weigend (2004) wurde die Familie dargestellt.
Hydrangeaceae, Hortensiengewächse
(Abb. 275, 277). Familie mit traditionell 3 Gattungen und ca. 25 Arten, jetzt 9 Gattungen und etwa 300 Arten von Stauden und Sträuchern, die vom Himalaja über Südostasien nach Indonesien, sowie nach China und Japan und in Nord- und Mittelamerika und den Anden verbreitet sind. Blätter gegenständig, einfach, gezähnt bis gelappt. Randständige Blüten der Infloreszenz häufig steril und mit petaloid vergrößerten Kelchen. Mit iridoiden Inhaltsstoffen. Der aus dem Griechischen abgeleitete Name bezieht sich auf die Form der Früchte, die an Wassergefäße erinnern. Gattungsauswahl im engeren Sinne: Decumaria, Hydrangea, Kirengeshoma; zusätzliche auch bei den Philadelphaceae: Carpenteria, Deinanthe, Deutzia, Dichroa, Fendlera, Jamesia, Philadelphus, Schizophragma.
Abb. 277: Blütenstand mit randständigen, vergrößerten und sterilen Blüten von Hydrangea arborescens, baumförmige Hortensie, TüBG. Orig. 4.8.2002.
Systematik und Phylogenie: Nahe mit den Philadelphaceae verwandt und oft auch mit dieser Familie vereinigt. Dies wird von molekularen Daten unterstützt (Hufford et al. 2001). Die Loasaceae sind die Schwestergruppe der Hydrangeaceae (Soltis et al. 1995).
Vgl. Teil 3 Arboretum, 21 Hydrangeaceae, 22 Philadelphaceae.
Cornaceae, Hartriegelgewächse
(Abb. 275, 278, 279). Familie mit 2 Gattungen und etwa 90 Arten von Bäumen und Sträuchern, selten Kräutern, die subkosmopolitisch verbreitet sind; am artenreichsten in der nördlich gemäßigten Zone. Blätter meist einfach und gegenständig. Blüten meist klein, radiär, überwiegend zwittrig, 4-5gliedrig; K röhrig, mit kurzen Zipfeln; C frei bis fehlend; A einkreisig, episepal; G(4-2) unterständig, gefächert oder ungefächert, pro Fach 1 Samenanlage, mit epigynem Diskus. Steinfrüchte und Beeren. Der Name bezieht sich auf die lateinische Bezeichnung „cornum“ für Lanze (hartes Hartriegelholz zur Lanzenherstellung). Gattungen: Alangium, Cornus.
Abb. 278: Kugelige Blütenstände, umgeben von jeweils vier cremeweißen Hochblättern von Cornus kousa, japanischer Blumenhartriegel, TüBG. Orig. 7.6.2004.
Abb. 279: Blumenhartriegel, Cornus nuttallii, Hartriegelgewächse. 1 Zentraler Blütenstand (Bs) von auffällig weiß gefärbten Hochblättern (Ho) umgeben. 2 Einzelblüten, C Kronblätter, A Staubblätter. Orig.
Phylogenie: Früher unter den Cornaceae geführte Gattungen werden jetzt nach molekularphylogenetischen Hypothesen anderen Familien zugeordnet (Xiang et al. 2002), z.B. Aucuba den Garryaceae, Corokia den Argophyllaceae (Asterales), Curtisia einer eigenen Familie Curtisiaceae der Cornales, Griselinia den Griseliniaceae (Apiales), Helwingia den Helwingiaceae (Aquifoliales), Mastixia den Nyssaceae bzw. Hydrangeaceae (Cornales), Melanophylla und Torricellia einer eigenen Familie der Torricelliaceae (Apiales). Dagegen werden die Alangiaceae in die Cornaceae eingegliedert.
Abb. 280: Blütenstände von Davidia involucrata, Taubenbaum, umgeben von zwei großen, weißen Tragblättern, Tübingen Hagelloch. Orig. 16.5.1999.
Davidiaceae, Taubenbaumgewächse
(Abb. 175, 280-282). Familie mit einer Gattung und einer Baumart Davidia involucrata, die in Westchina vorkommt. Blätter einfach, ohne Nebenblätter, wechselständig. Blütenstand kopfig, von 2 großen, auffällig weiß gefärbten Hochblättern ("handkerchief tree") umgeben; Blüten apetal, zwittrig oder männlich; zwittrig: A15-25 G(6-8); männlich: A1-12. Name zu Ehren des französischen Missionars und Botanikers Abbé Armand David (1826-1900), der im 19. Jh. in China sammelte.
Phylogenie: Nach molekularen Daten wird Davidia auch zu den Nyssaceae (Cornales) gestellt (Fan et Xiang 2003).
Vgl. Teil 3 Arboretum, 58 Davidiaceae.
Abb. 281: Früchte von Davidia involucrata, Taubenbaum, Tübingen Hagelloch. Orig. 13.12.2011.
Abb. 282: Blüten und Blütenstände des Taubenbaumes, Davidia involucrata. 1, 2 männliche Blütenstände mit vielen Staubblättern. 3 zwittrige Blüte mit basalen, weitgehend abgefallenen Staubblättern (A) und einem terminalen Fruchtknoten (G). Gr Griffel. Orig.
Ericales, Heidekrautartige Gewächse
Abb. 283: Familien und Ordnungen der Ericales-Verwandtschaft: Dendrogramm nach Sequenzen des Plastidengenoms. Nach RICE et al. (1997) unter Verwertung der Daten von Chase et al. (1993).
Die Ericales enthalten ca. 11.500 Arten mit annähernd kosmopolitischer Verbreitung, die sich auf 350 Gattungen und 22 Familien verteilen. Es sind Gehölze und krautige, gelegentlich chlorophyllfreie Pflanzen, mit meist verwachsenen, seltener freien Kronblättern, überwiegend 2 Staubblattkreisen (aber auch auf einen Kreis reduziert), und häufig mit einem intrastaminalen Diskus. Antherenöffnungen meist porenförmig und Griffel zumeist verwachsen. Der Name bezieht sich auf die altgriechische und die lateinische Bezeichnung dieser Pflanzen.
Systematik und Phylogenie: Nach molekularen Analysen durch die Familien der traditionellen Ebenales, Primulales, Sarraceniales und Theales erweitert (Anderberg 1992, Anderberg et al. 2002, Schönenberger et al. 2005).
Vgl. Teil 3 Arboretum, 52 Ebenaceaee, 53 Styracaceae.
Abb. 284: Familien und Gattungen der Ericales: Dendrogramm nach Sequenzen des Plastidengenoms. Ericaceae s.l. fassen diese Taxa zu einem Monophylum zusammen. Nach Daten von Chase et al. (1993).
Abb. 285: Bestand von Impatiens glandulifera, drüsiges Himalaja-Springkraut, im System von TüBG. Orig. 6.8.2007.
Balsaminaceae, Springkrautgewächse
(Abb. 285, 286). Familie mit 2-4 Gattungen und ca. 1000 Arten einjähriger und ausdauernder Kräuter, die in Madagaskar, Afrika, Eurasien, Indomalesien, Nord- und Mittelamerika verbreitet sind. Blätter einfach, gezähnt, ohne Nebenblätter, wechsel- oder gegenständig an weichen, durchscheinenden, oft knotig verdickten Stängeln. Blüten zwittrig, zygomorph, oft um 180˚ gedreht (resupiniert), ohne Diskus; K5-3, oft petaloid, das mediane gespornt; C5 ungleich groß, die seitlichen paarweise verwachsen; A5, Antheren haubenartig verbunden und den Griffel bedeckend; G(5) oberständig, gefächert, mit zentralwinkelständigen 3-∞ Samenanlagen; saftige Kapsel, 5-klappig, loculicid und elastisch aufspringende (Name!). Mehrere Arten und neuere Hybriden als Zierpflanzen sehr wichtig. Hauptgattung: Impatiens.
Systematik und Phylogenie: Früher den Sapindales (Seifenbaumartige Gewächse) zugeordnet. Nach molekularphylogenetischen Daten zu den Ericales zu stellen. Eine ITS-Phylogenie und Biogeographie der Balsaminaceae haben Yuan et al. (2004) erstellt. Die Familie wurde von Fischer (2004) dargestellt.
Abb. 286: Blüte von Impatiens glandulifera, drüsiges Himalaja-Springkraut, im System von TüBG. Orig. 6.8.2007.
Abb. 287: Blüten von Cobaea scandens, Glockenrebe, Polemoniaceae, Himmelsleitergewächse. TüBG. Orig. 29.9.2002.
Polemoniaceae, Himmelsleitergewächse
(Abb. 287). Familie mit etwa 20 Gattungen und ca. 400 Arten von Kräutern, selten Sträuchern oder kleinen Bäumen, die besonders in Nordamerika, aber auch in den Anden bis zum südlichen Südamerika, sowie in Eurasien, excl. der tropischen Teile, verbreitet sind. In Afrika und Australien fehlen die Polemoniaceen. Blätter einfach oder zusammengesetzt, ohne Stipeln, wechsel- oder gegenständig. Blüten radiär bis selten zygomorph, 5zählig, tetrazyklisch sympetal, Diskus ringförmig bis 5lappig, zwittrig; meist K(5) C(5) teller- bis glockenförmig; A5 mit Kronröhre verwachsen; G(3) selten (2) oberständig, gefächert, mit meist vielen, zentralwinkelständigen Samenanlagen; Kapsel meist fach-, selten scheidewandspaltig. Die Familie enthält mehrere wichtige Zierpflanzenarten. Vielleicht nach Polemon, König von Pontus, benannt. Gattungsauswahl: Cobaea, Collomia, Gilia, Phlox, Polemonium.
Systematik und Phylogenie: Eine Klassifizierung und phylogenetische Interpretation der Polemoniaceae wurde von Grant (1998) vorgenommen.
Abb. 288: Blühende Primula vulgaris, Kissenprimel, im System, TüBG. Orig. 11.3.2007.
Primulaceae, Primelgewächse
(Abb. 283, 288). Familie mit 22 Gattungen und etwa 800 Arten meist ausdauernder Kräuter, die hauptsächlich in der nördlich gemäßigten Zone verbreitet sind, mit einigen Vertretern aber auch im südlichen Südamerika, in Südostafrika und Madagaskar, sowie in Indomalesien und Ostaustralien vorkommen. Meist Rhizom- oder Knollenpflanzen mit einfachen, wechsel- oder gegenständigen Blättern ohne Stipeln (excl. Coris). Blüten meist radiär, selten zygomorph, zwittrig; K(5) seltener (4-9); C(5) seltener (4-9-0), meist röhrig verwachsen; A5 vor den Kronblättern stehend und meist mit diesen verwachsen; gelegentlich sind Staminodien (5) vorhanden, die auf Lücke zu den Kronblättern stehen; G(5) ober- bis mittelständig, ungefächert, mit Zentralplazenta und meist vielen, seltener wenigen Samenanlagen; Kapselfrüchte fünfklappig oder mit Deckel öffnend. Primeldermatitis wird durch chinoide Verbindungen (Primin) hervorgerufen. Die Familie enthält eine Reihe wirtschaftlich wichtiger Zierpflanzenarten und Zuchtformen. Der Name (Lat.: prima - die erste, -ula - Diminutivsuffix) verweist auf die früh im Jahr blühenden Arten. Gattungsauswahl: Anagallis, Androsace, Asterolinum, Centunculus, Coris, Cortusa, Cyclamen, Dionysia, Dodecatheon, Douglasia, Glaux, Hottonia, Lysimachia, Primula, Samolus, Soldanella, Trientalis.
Phylogenie: Nach molekularen Daten nächst verwandt mit den Myrsinaceae. Bei den Primulaceae verbleiben nur noch die Gattungen der bisherigen Primuleae. Coris, Cyclamen und die Lysimachieae werden den Myrsinaceae zugeschlagen. Samolus steht den Theophrastaceae näher.
Theaceae, Teegewächse
(Abb. 283, 289). Familie mit ca. 10 Gattungen und etwa 500 Arten von Bäumen und Sträuchern, selten Lianen, die in den Tropen und Subtropen, sowie im gemäßigten Ostasien und in SO-USA verbreitet sind. Blätter meist einfach, lederig, immergrün, ohne Stipeln. Blüte radiär, zwittrig, K4-7 C4-7 A4-8-∞; Staubblätter frei, gebündelt oder röhrig verwachsen; G(3-5), selten (2-8-25), oberständig, synkarp, pro Fach mit 2-∞ Samenanlagen; Kapseln, Beeren, Steinfrüchte. Zur Benennung diente der chinesische Name des Teestrauches. Gattungsauswahl: Camellia, Gordonia, Stewartia.
Phylogenie: Nach molekularphylogenetischen Daten sind die Theaceae nächst verwandt mit einem Monophylum aus Diapensiaceae, Styracaceae und Theaceae. Die Pentaphylacaceae (Ternstroemiaceae) sind von den Theaceae deutlich getrennt (Zhang et Schönenberger 2014).
Abb. 289: Blüte von Camellia japonica, japanische Kamelie, Theaceae, Teegewächse, TüBG. Orig. 28.3.2007.
Abb. 290: Ericales und Verwandte: Dendrogramm nach Sequenzen der 18S rDNAs. Nach Soltis et al. (1997).
Abb. 291: Blüte von Actinidia chinensis, Kiwi, Tübingen Hagelloch. Orig. 18.6.2006.
Actinidiaceae, Kiwigewächse, Strahlengriffelgewächse
(Abb. 290, 291). Familie mit 3 Gattungen und ca. 400 Arten von holzigen, oft windenden Gewächsen, die in der Neotropis und besonders in Asien von den tropischen Gebieten bis NO-Asien verbreitet sind. Blätter wechselständig ohne Stipeln. Blüten zwittrig oder eingeschlechtig, spirozyklisch/zyklisch, K5 C5 A∞ G∞-3, Fruchtblätter teilweise bis ganz verwachsen, Griffel strahlig spreizend (Name, Griech.: aktis - Strahlen) bis verwachsen; Beerenfrüchte. Gattungen: Actinidia, Clematoclethra, Saurauia.
Systematik und Phylogenie: Bereits 1991 hat Huber auf die wichtigen Merkmale (Antheren öffnen mit Poren, unitegmische Samenanlagen, zelluläre Endospermbildung, Samenschale entspricht der von Ericaceae, endospermreiche Samen) hingewiesen, in denen die Actinidiaceae mit den Ericales übereinstimmen. Molekularphylogenetisch gehören die Actinidiaceae zu den Ericales (Geuten et al. 2004). In molekularen Dendrogrammen bildet die Familie mit den Sarraceniaceae eine monophyletische Gruppe (Abb. 290).
Vgl. Teil 3 Arboretum, 63 Actinidiaceae.
Ericaceae, Heidekrautgewächse
(Abb. 290, 292, 293). Familie mit ca. 130 Gattungen und 4000 Arten von kleinen Bäumen und Sträuchern, die insgesamt kosmopolitisch verbreitet sind. Blätter einfach, ohne Nebenblätter, oft immergrün. Blüten meist zwittrig, radiär, sympetal, K4-7 C(4-7) A obdiplostemon, Staubbeutel mit Poren, Pollen in Tetraden, G meist (5), aber auch unterständig, 1 Griffel. Reich an Polyphenolen (Gerbstoffe, Flavonoide und phenolische Verbindungen, z.B. Arbutin, Pyrosid, Rhododendrin), sowie toxischen Diterpenen (Acetylandromedol in dadurch giftigem Rhododendronhonig). Der Name bezieht sich auf die altgriechische und die lateinische Bezeichnung dieser Pflanzen. Gattungsauswahl: Andromeda, Arbutus, Arctostaphylos, Befaria, Calluna, Cassiope, Daboecia, Erica, Gaultheria, Kalmia, Ledum, Leucothoe, Loiseleuria, Pernettya, Phyllodoce, Pieris, Rhododendron, Vaccinium.
Abb. 292: Revier der Ericaceae, Heidekrautgewächse, im System, TüBG. Orig. 20.12.2006.
Abb. 293: Blütenstand von Vaccinium corymbosum, Blueberry, TüBG. Orig. 5.5.2011.
Phylogenie: Die Ericaceae sind eine monophyletische Familie, die nach molekularen Daten die Monotropaceae (Fichtenspargelgewächse) einschließt (Kron et Johnson 1997). Als basale Gruppe erscheinen in molekularen Dendrogrammen die Enkianthoideae, gefolgt von den Monotropoideae und Arbutoideae. Cassiopoideae und Ericoideae stellen das nächst folgende Monophylum. Als Endgruppe sind die epigynen Vaccinioideae zu finden (Kron et al. 2002).
Arten der Ebenaceae (Ebenholzgewächse), Lecythidaceae (Krukenbaumgewächse), Sapotaceae (Breiapfelgewächse) sind in den Gewächshäusern angepflanzt. Galax urceolata, Bronzeblatt (Diapensiaceae) und Sarraceniaceae (Schlauchblattgewächse) sind unter den nordamerikanischen Stauden und Clethraceae (Scheinellergewächse) in der Ostasien-Abteilung zu finden.
Garryales, Seidenquastenartige Gewächse
Ordnung der Asteridae mit Gehölzen, die sich durch einfache, eingeschlechtige und zweihäusig verteilte Blüten auszeichnen. Familien: Eucommiaceae, Garryaceae.
Abb. 294: Garryales und Verwandte: Dendrogramm nach Sequenzen des Plastidengenoms. Nach Rice et al. (1997).
Abb. 295: Männliche Blütenstände von Garrya elliptica, Seidenquastenstrauch, Botanischer Garten München. Orig. 21.1.2009.
Garryaceae, Seidenquastengewächse
(Abb. 294, 295). Familie mit 2 Gattungen und ca. 20 Arten, die in Ostasien, im westlichen Nordamerika, Mittelamerika und auf den karibischen Inseln vorkommen. Blätter einfach, oft mit welligem Rand, gegenständig. Blüten eingeschlechtig, in achsel- oder endständigen, hängenden Trauben und zweihäusig verteilt. Männliche Blüten mit 4 Perianthblättern und 4 Stamina; weibliche Blüten mit 4-2-0 Perianthblättern und unterständigem, einfächerigem Fruchtknoten mit 2-3 Karpellen und 2 parietalen Samenanlagen. Von David Douglas nach seinem Freund Nicholas Garry († 1830) benannt, der von 1825-30 die Flora des pazifischen Westens Nordamerikas erforschte. Gattungen: Aucuba, Garrya.
Systematik und Phylogenie: Die Gattung Aucuba wurde traditionell zu den Cornaceae gerechnet. Sie wird nach molekularen Analysen in die Garryaceae einbezogen (APG III 2009). Die Blütenmorphologie von Garrya wurde von Liston (2003) untersucht und neu interpretiert.
Vgl. Teil 3 Arboretum, 2 Eucommiaceae.
Abb. 296: Blütenstand mit männlichen Blüten von Aucuba japonica, Aucube, Garryaceae, Seidenquastengewächse. Trebah Botanical Garden. Orig. 22.4.2008.
Abb. 297: Systemreviere im neuen Botanischen Garten. Es sind nur die wichtigsten Ordnungen eingetragen. Die unterstrichenen und gelb geschriebenen Namen verweisen auf Ordnungen, die vorgehend behandelt wurden und im Folgenden vorgestellt werden. Photo: Google Earth, 2007.
Gentianales, Enzianartige Gewächse
Abb. 298: Gentianales-Verwandtschaft: Dendrogramm nach Sequenzen des Plastidengenoms (Rice et al. 1997, nach Daten von Chase et al. 1993).
In den Gentianales werden ca. 20.000 Arten zusammengefaßt, die sich auf über 1000 Gattungen in fünf Familien verteilen. Hauptmerkmale der Taxa dieser Ordnung von Gehölzen und Kräutern mit subkosmopolitischer Verbreitung sind: Gefäßbündel mit intraxylärem Phloem (bikollateral; nicht bei Rubiaceae); viele Arten mit Bitterstoffen (Gentiopicrine) und Indol-Alkaloiden; Blätter einfach, gegenständig; Blüten radiär, zwittrig, meist 5-, selten 4zählig, tetrazyklisch sympetal, überwiegend K4-5 C(4-5), A4-5 mit der Kronröhre verwachsen; fast immer G(2), ober- bis unterständig, gefächert; Bälge oder fachspaltige Kapseln.
Familien: Apocynaceae incl. Asclepiadaceae, Gentianaceae, Loganiaceae, Rubiaceae.
Phylogenie und Systematik: Den Gentianales stehen innerhalb der Asteridae die Lamiales und Solanales nahe. Phylogenetische Beziehungen innerhalb der Ordnung wurden von Struwe et al. (1995) und Backlund et al. (2000) untersucht. Die Rubiaceae sind mit den übrigen Gentianales-Familien nächst verwandt, unterscheiden sich aber durch epigyne Blüten (Fruchtknoten unterständig). Sie wurden schon früher häufig in die Gentianales einbezogen. Dies wird durch molekulare Daten unterstützt.
Abb. 299: Blütenstand von Phuopsis stylosa, langgriffeliger Rosenwaldmeister, Rubiaceae, Rötegewächse. Tübingen Hagelloch. Orig. 4.6.2010.
Rubiaceae, Rötegewächse
(Abb. 298, 299). Familie mit ca. 600 Gattungen und etwa 13.000 Arten von Bäumen, Sträuchern und Kräutern, die insgesamt weltweit verbreitet sind. In den Tropen besonders wichtig durch ihre Holzgewächse. Extratropisch überwiegend krautige Vertreter. Blätter einfach, meist ganzrandig, mit Nebenblättern, gegenständig bis scheinbar quirlig. Blüten meist radiär bis schwach zygomorph, zwittrig, überwiegend 4-5zählig; K oft unscheinbar; C verwachsen: trichter- bis glocken- oder stieltellerartig; A isomer, auf Lücke zu C, mit Kronröhre verwachsen; G meist (2) unterständig, gefächert, oft mit epigynem Diskus. Beere, Kapsel, Spaltfrucht, Steinfrucht. Oft reichblütige und kondensierte Infloreszenzen. Enthalten komplexe Indol- und Isochinolin-Alkaloide. Die Familie umfaßt wirtschaftlich wichtige Nutzpflanzen (Kaffee, Cinchona) und einige Zierpflanzen. Der Name leitet sich vom Lateinischen (ruber - rot) ab; er bezieht sich auf die rote Wurzel der Färberröte, Rubia tinctoria. Gattungsauswahl: Asperula, Cephalanthus, Cinchona, Coffea, Coprosma, Galium, Gardenia, Hedyotis, Ixora, Manettia, Morinda, Mussaenda, Nertera, Paederia, Palicourea, Pavetta, Pentas, Phuopsis, Phyllis, Plocama, Psychotria, Putoria, Randia, Rondeletia, Rubia, Serissa, Sherardia, Theligonum, Vaillantia, Warszewiczia.
Systematik und Phylogenie: Die Familie steht den Gentianales s.str. zweifelsohne sehr nahe. Wichtige abweichende Merkmale (Fehlen eines intraxylären Phloems, unterständiger Fruchtknoten) rechtfertigten früher eine Trennung als eigene Ordnung. Nach molekularen Daten stehen die Rubiaceae als Monophylum an der Basis der Gentianales. Die Familie wurde molekularphylogenetisch von Bremer (1996, 2009), Robbrecht et Manen (2006) und Wikström et al. (2015) analysiert.
Abb. 300: Teilblütenstand von Gentiana asclepiadea, Schwalbenwurz-Enzian, TüBG. Orig. 6.8.2007.
Gentianaceae, Enziangewächse
(Abb. 298, 300). Familie mit ca. 90 Gattungen und etwa 1700 Arten von Rhizomstauden, Annuellen und wenigen Sträuchern, die weltweit verbreitet sind. Einige Arten sind chlorophyllfrei und mykorrhiziert. Pflanzen enthalten Bitterstoffe (Gentiopicrin). Die Gefäßbündel besitzen intraxyläres Phloem (bikollateral). Blätter einfach, ganzrandig, ohne Stipeln, gegenständig. Blüten meist radiär und zwittrig, 5-4-, selten 6-12zählig, tetrazyklisch sympetal; Kronzipfel in der Knospe gedreht, deckend (contort); A5 selten weniger, an der Kronröhre inseriert; G(2) oberständig, meist einfächerig mit parietalen, vorwachsenden Plazenten; meist septizide Kapseln. Enzianbitterstoffe werden als Aromastoffe für Alkoholika verwendet. Mehrere Arten sind beliebte Zierpflanzen. Nach Gentius (ca. 180 v. Chr.), einem Illyrerkönig benannt, der Enzian gegen die Pest eingesetzt haben soll. Gattungsauswahl: Blackstonia, Centaurium, Cicendia, Exacum, Gentiana, Gentianella, Halenia, Ixanthus, Lisianthus, Lomatogonium, Swertia.
Systematik und Phylogenie: Mit anderen Familien der Gentianales näher verwandt. Eine umfassende Darstellung der Familie lieferten Struwe et al. (2002).
Apocynaceae, Hundsgiftgewächse
(Abb. 298, 301, 302). Familie mit ca. 400 Gattungen und etwa 4500 Arten (incl. Asclepiadaceae und Periplocaceae) von Bäumen, Sträuchern, Lianen und einigen Stauden, die subkosmopolitisch vorkommen, deren Hauptverbreitung in den Tropen liegt und die in den kalten Gebieten der gemäßigten Zonen weitgehend fehlen. Milchsaft in Milchröhren gebildet. Gefäßbündel mit intraxylärem Phloem (bikollateral). Blätter einfach, meist gegenständig aber auch quirlig, nur selten mit Stipeln. Blüten radiär und zwittrig, tetrazyklisch sympetal, meist auffällig und duftend, oft K(5) C(5) mit Röhre und zumindest in der Knospe, meist aber auch aufgeblüht mit überdeckenden (contorten) Kronzipfeln; A(5) mit zusammenhängenden Antheren; G2 frei oder verwachsen, ober- oder halb unterständig; ein- oder zweifächerig, mit vielen Samenanlagen. Häufig reich an Indol-Alkaloiden oder Cardenoliden. Name Griech: apo - hinweg, kyon - Hund.
Gattungsauswahl: Adenium, Allamanda, Amsonia, Apocynum, Asclepias, Calotropis, Caralluma, Carissa, Cerbera, Ceropegia, Cynanchum, Dischidia, Gomphocarpus, Hoodia, Hoya, Mandevilla, Nerium, Pachypodium, Periploca, Plumeria, Rauvolfia, Stapelia, Stephanotis, Strophanthus, Tabernaemontana, Thevetia, Trachelospermum, Vinca, Vincetoxicum.
Abb. 301: Blüten von Asclepias syriaca, Seidenpflanze, Apocynaceae, TüBG. Orig. 8.7.2002.
Abb. 302: Seidenpflanze, Asclepias syriaca, Hundsgiftgewächse, Apocynaceae. 1 Blütenlängschnitt ohne Kelchblätter. 2 Zwei Pollinien mit Translatoren und Klemmkörper. 3 Blütendiagramm mit Kelch (K). Die verwachsenblättrige Krone (C) oft mit Nebenkronen (Nk, von der Krone oder den Staubblättern gebildet); Staubblätter (A) mit dem Fruchtknoten (G) verwachsen (Gynostegium, Gy), Filamente kurz bis fehlend, Pollen zu einer Einheit (Pollinium, Po) zusammengefaßt; Pollinium über ein azelluläres Verbindungsstück (Translator, Tr, durch Sekretion aus dem Griffelkopf entstanden) mit dem Klemmkörper (Kl) verbunden; pro Klemmkörper 2 Translatoren, die an Pollinien benachbarter Staubblätter ansetzen; Klemmkörper zum Anheften an bestäubenden Insekten geeignet. Orig.
Systematik und Phylogenie: Nah verwandt mit den Asclepiadaceae, die nach molekularen Analysen in die Apocynaceae einbezogen werden. Bearbeitungen mit molekularphylogenetischen Interpretationen finden sich u.a. bei Sennblad et Bremer (1996, 2002), Endress et Bruyns (2000), Albers et Meve (2001), Potgeiter et Albert (2001), Endress (2004), Ionta et Judd (2007), Livshultz (2010), Nazar et al. (2013), Straub et al. (2013) und Endress et al. (2014).
Lamiales, Taubnesselartige Gewächse
Die kosmopolitisch verbreiteten Lamiales enthalten nahezu 24.000 Arten in über 1000 Gattungen, die auf 24 Familien verteilt werden. Traditionell waren die Lamiales auf wenige Familien begrenzt, umschrieben mit den Hauptmerkmalen: Blätter gegenständig, seltener wirtelig; Blüten tetrazyklisch sympetal, aber auch asepal und apetal; 2 Karpelle mit 4 Samenanlagen, die durch mediane Fruchtknoteneinfaltungen in einsamige Fächer oder Teilfrüchte (Klausen) getrennt werden (Ausnahme Verbenaceae). Eine Umschreibung der Lamiales im Umfang der folgenden Familien ist derzeit nur molekular möglich. Familienauswahl: Ölbaumgewächse (Oleaceae), Gloxiniengewächse (Gesneriaceae), Wegerichgewächse (Plantaginaceae), Rachenblütler (Scrophulariaceae), Akanthusgewächse (Acanthaceae), Trompetenbaumgewächse (Bignoniaceae), Wasserschlauchgewächse (Lentibulariaceae), Eisenkrautgewächse (Verbenaceae), Lippenblütler (Lamiaceae, Labiatae) und die halb- bis vollparasitischen Sommerwurzgewächse (Orobanchaceae).
Systematik und Phylogenie: Auf molekular begründeten Dendrogrammen werden derzeit die früheren Lamiales, Plantaginales und Scrophulariales in einer Ordnung, Lamiales, zusammengefasst (Abb. 310). Allgemeine Bemerkungen dazu finden sich bei Kadereit (2004) und Wortley et al. (2005).
Oleaceae, Ölbaumgewächse
(Abb. 303, 304). Traditionell einzige Familie der Oleales (Ölbaumartige Gewächse), jetzt den Lamiales zugeordnet. Die Familie umfaßt ca. 30 Gattungen und etwa 600 Arten von Bäumen, Sträuchern und verholzenden Kletterpflanzen, die annähernd weltweit verbreitet sind, aber in den nördlichen Gebieten der nördlich gemäßigten Zone fehlen. Blätter einfach bis gefiedert, ohne Nebenblätter, meist gegenständig. Blüten radiär, meist K4 C4 A2 G(2); C überwiegend sympetal, selten chori- oder apetal (apopetal); A typisch 2; G synkarp, oberständig. Fruchttypen variabel: Beere, Flügelnuß, Kapsel, Steinfrucht. Die Familie enthält wichtige Holzlieferanten und Ziergehölze. Name nach der lateinischen Benennung für olea - Öl (Ölbaum). Gattungsauswahl: Abeliophyllum, Chionanthus, Fontanesia, Forsythia, Fraxinus, Jasminum, Ligustrum, Olea, Osmanthus, Phillyrea, Syringa.
Abb. 303: Revier der Oleaceae, Ölbaumgewächse, im System, TüBG. Orig. 20.12.2006.
Systematik und Phylogenie: Nach molekularen Daten gehören die Oleales als Monophylum zu den Lamiales (Wallander et Albert 2000). Die Familie wurde von Green (2004) behandelt.
Vgl. Teil 3 Arboretum, 56 Oleaceae.
Abb. 304: Blüten von Jasminum nudiflorum, Winterjasmin, Oleaceae, im System, TüBG. Orig. 17.2.2006.
Abb. 305: Blütenstand von Haberlea rhodopensis, Gesneriaceae, TüBG. Orig. 8.5.2006.
Gesneriaceae, Gloxiniengewächse
(Abb. 305). Familie mit ca. 150 Gattungen und etwa 3500 Arten von Kräutern und Sträuchern, selten kleinen Bäumen, die in den Tropen weit verbreitet sind und die nur mit wenigen Arten in extratropische Gebiete reichen. Viele Arten bilden Ausläufer, die mit schuppigen Blättchen besetzt sind. Häufig vertreten sind Epiphyten. Blätter einfach bis fiederspaltig, ohne Stipeln, meist gegenständig bis quirlig, oft in basaler Rosette; manchmal auch nur ein großes Basalblatt, das aus einem Keimblatt weiterentwickelt wird. Blüten zygomorph, zwittrig, 5zählig, tetrazyklisch sympetal; meist K(5) C(5) rad- bis röhrenförmig; A4-2, selten 5, mit der Kronröhre verwachsen; Antheren oft zusammenhängend (Synantherie); G(2) ober- bis unterständig, eingriffelig, einfächerig, mit parietalen, aufgespaltenen Plazenten und vielen Samenanlagen; Kapsel- oder Beerenfrüchte. Die Familie enthält viele bewährte Zierpflanzenarten. Benannt nach dem Schweizer Arzt und Botaniker Konrad Gesner (1516-1565). Gattungsauswahl: Achimenes, Aeschynanthus, Columnea, Conandron, Cyrtandra, Episcia, Gesneria, Gloxinia, Haberlea, Jancaea, Kohleria, Ramonda, Rhytidophyllum, Saintpaulia, Sinningia, Streptocarpus.
Systematik und Phylogenie: Die Systematik der Familie wurde von Burtt et Wiehler (1995), Smith et al. (1997), Weber (2004) und Weber et al. (2013) dargestellt. Der damals aktuelle Kenntnisstand wurde von Möller et Clark (2013) zusammengefaßt. In molekularen Dendrogrammen sind die Gesneriaceae die Schwestergruppe der Calceolariaceae innerhalb der Lamiales.
Plantaginaceae, Wegerichgewächse
(Abb. 305, 306, 310). Traditionell einzige Familie der Plantaginales (Wegerichartige Gewächse), jetzt den Lamiales eingegliedert, mit 90 Gattungen und ca. 2000 krautigen, seltener strauchigen Arten, die weltweit verbreitet sind, die gemäßigten Zonen bevorzugen und in den Tropen weitgehend auf die Gebirgslagen begrenzt sind. Familienbeschreibung im Sinne der herkömmlichen Wegerichgewächse: Blätter meist einfach, selten zerteilt, ohne Stipeln, wechselständig, häufig in einer Basalrosette zusammengezogen. Blüten klein, unscheinbar, radiär, meist zwittrig und vierzählig, tetrazyklisch sympetal, windblütig; meist K(4) häufig ungleich; C(4) trockenhäutig; A4 selten 3-2-1, mit der Krone verwachsen; Filamente langfädig; G(2) oberständig, mit einem Griffel, meist zweifächerig; quer aufreißende Kapseln oder Nußfrüchte. Mehrere Arten bevorzugen Ruderalvegetationen. Der Name ist aus dem Lateinischen hergeleitet (planta - Fußsohle, agere - ausführen); er soll auf die fußsohlenartige Form mancher Wegerichblätter verweisen. Gattungsauswahl: Antirrhinum, Asarina, Bacopa, Collinsia, Cymbalaria, Digitalis, Erinus, Gratiola, Hippuris, Isoplexis, Kickxia, Linaria, Littorella, Misopates, Paederota, Penstemon, Plantago, Veronica, Veronicastrum, Wulfenia.
Abb. 305b: Wegerichgewächse, Plantaginaceae. 1, 2 Enzianähnlicher Ehrenpreis, Veronica gentianoides, Blütenaufsicht und Diagramm. 3 Teillängsschnitt und Ausschnitt des Blütenstandes vom Spitzwegerich, Plantago lanceolata. Orig.
Abb. 306: Blütenstände von Plantago arenaria, Sandwegerich, TüBG. Orig. 30.6.2006.
Systematik und Phylogenie: In die Plantaginaceae werden neuerdings von manchen Autoren die Callitrichaceae, Globulariaceae und wesentliche Teile der traditionellen Rachenblütler, Scrophulariaceae, eingegliedert. Die Zuordnung nach Blütenmerkmalen wird dadurch erheblich erschwert bis unmöglich. Die Phylogenie der Familie wurde von Rahn (1996), Schwarzbach (2004) und Albach et al. (2005) behandelt.
Abb. 307: Revier der Asteridae mit Becken für Callitriche, Wasserstern, System im TüBG. Orig. 6.8.2007.
Callitrichaceae, Wassersterngewächse
(Abb. 307, 308, 310). Familie mit einer Gattung, Callitriche, und ca. 20 krautigen, im Wasser flutend oder Schlamm besiedelnden Arten, die kosmopolitisch verbreitet sind. Blätter einfach, schmal, gegenständig, ohne Stipeln, terminal zu einer schwimmenden Rosette zusammengezogen. Blüten winzig, stark reduziert, eingeschlechtig, meist mit 2 transversalen Vorblättern, oft unter Wasser und submers bestäubt; männliche Blüte: A1; weibliche Blüte: G(2), durch falsche Scheidewand in 4 einsamige Teilfrüchte (Klausen) zerteilt und in Steinfrüchtchen zerfallend, mit 2 Griffeln. Der Name ist aus dem Griechischen abgeleitet (kallós - Schönheit, thrix - Faden).
Abb. 308: Bestand von Callitriche stagnalis, Wasserstern, im System von TüBG. Orig. 6.7.1976.
Systematik und Phylogenie: Früher mit den Haloragaceae, Seebeerengewächse, in Verbindung gebracht. Embryologische Eigenschaften und Fruchtbaupläne stimmen jedoch weitgehend mit denen der Lamiales überein. Nach molekularen Analysen in die Plantaginaceae einzugliedern. Evolutionstendenzen der Callitrichaceae haben Philbrick et Les (2000) untersucht. Die Familie wurde von Erbar et Leins (2004) dargestellt.
Abb. 309: Blütenstand von Globularia punctata, langstielige Kugelblume, TüBG. Orig. 3.5.2010.
Globulariaceae, Kugelblumengewächse
(Abb. 309). Traditionell Familie der Scrophulariales, dann der Lamiales, schließlich in die Veronicaceae (= Plantaginaceae) integriert. Drei Gattungen und ca. 30 Arten von Kleinstauden und Stäuchern, die in Mittel- und Südeuropa, dem Mediterrangebiet und Makaronesien, sowie in Kleinasien, Nord- und Ostafrika verbreitet sind. Blätter einfach, ohne Stipeln, wechselständig. Blüten in kopfigen Infloreszenzen, zygomorph, 5zählig, tetrazyklisch sympetal; Kronröhre 5lappig oder zweilippig; A4 mit der Kronröhre verwachsen; G(2) oberständig, einfächerig, mit 1 Samenanlage; Nussfrüchte. Die Familie enthält einige Zierpflanzenarten. Der Name ist aus dem Lateinischen hergeleitet (globulus - Kügelchen); er bezieht sich auf die kugeligen Blütenstände. Gattungen: Globularia, Lytanthus, Poskea.
Systematik und Phylogenie: Die Familie wurde von Wagenitz (2004) behandelt. Nach molekularen Daten in den Veronicaceae (= Plantaginaceae) der Lamiales enthalten.
Abb. 310: Familien und Gattungen der Lamiales und Stellung der Boraginaceae. Dendrogramm einer kombinierten Auswertung von Plastidengenomen. Nach Olmstead et Reeves (1995).
Scrophulariaceae, Rachenblütler
(Abb. 310- 312). Traditionell die Typusfamilie der Scrophulariales (Rachenblütige Gewächse), jetzt in die Lamiales (Lippenblütige Gewächse) eingegliedert. Früher enthielt die Familie ca. 220 Gattungen und etwa 3000 Arten, überwiegend von Kräutern, seltener Sträucher, Lianen oder Bäume, die weltweit verbreitet sind, aber in der nördlich gemäßigten Zone am artenreichsten vertreten sind. Arten mehrerer Gattungen sind Halbparasiten auf anderen Angiospermen. Sie benutzen deren Wasserleitungssysteme zur eigenen Wasserversorgung. Einige Arten vollparasitisch, heterotroph und nächst verwandt mit den parasitischen Orobanchen. Blätter wechsel- oder gegenständig, ohne Nebenblätter. Blüten annähernd radiär bis stark zygomorph (Rachenblüten), meist fünfzählig, tetrazyklisch sympetal; A von 5 auf 2 reduziert; G(2) oberständig, mit vielen Samenanlagen. Die Familie enthält einige pharmazeutisch sehr wichtige Arten (Digitalis) und viele Zierpflanzenarten. Der Name ist aus dem Lateinischen hergeleitet (scrophulae - Halsdrüsengeschwulst). Gattungsauswahl: Alonsoa, Diascia, Limosella, Myoporum, Nemesia, Phygelius, Scrophularia, Sutera, Verbascum, Zaluzianskya.
Abb. 311: Blütenstand von Scrophularia nodosa, knotige Braunwurz, Großgmain. Orig. 14.8.2008.
Systematik und Phylogenie: Durch molekularphylogenetische Daten sind die Scrophulariaceae in Umfang und Inhalt stark verändert worden (Abb. 172, Olmstead et Reeves 1995, Olmstead et al. 2001, Olmstead 2002, Oxelman et al. 2005, Tank et al. 2006). Viele früher in der Familie geführten Gattungen werden jetzt zu den Veronicaceae (Plantaginaceae s.l.) gestellt. Dafür sind die Buddlejaceae, Myoporoceae und Selaginaceae in den Scrophulariaceae aufgegangen. Paulownia wird auch in eine eigene Familie, Paulowniaceae, gestellt (Nie et al. 2006).
Siehe Anhang Fam. Rachenblütler Scrophulariaceae.
Vgl. Teil 3 Arboretum, 67 Scrophulariaceae.
Abb. 312: Blüten- und Fruchtstände von Verbascum phoeniceum, Purpur-Königskerze, Scrophulariaceae, TüBG. Orig. 1.6.2002.
Abb. 313: Blütenstand von Buddleja alternifolia, wechselblättriger Schmetterlingsstrauch, TüBG. Orig. 19.6.2006.
Buddlejaceae, Schmetterlingsstrauchgewächse
(Abb. 310, 313). Familie mit 5 Gattungen und etwa 110 Arten von Bäumen und Sträuchern, die in den Tropen und Subtropen verbreitet sind; artenreich in Südafrika und Madagaskar, in Australien und auf den pazifischen Inseln fehlend. Blätter einfach, meist gegen- bis quirlständig, selten wechselständig. Blüten radiär bis schwach zygomorph, meist 4-, selten 5zählig, tetrazyklisch sympetal; K röhrig, gelappt; A 4, 1 Staminodium; G(2) oberständig, 2fächerig, mit vielen Samenanlagen. Meist Kapselfrucht. Enthalten mehrere wichtige Zierpflanzen. Nach dem englischen Botaniker Adam Buddle (~1660-1715) benannt. Hauptgattung: Buddleja.
Systematik und Phylogenie: Die Gattungen der Buddlejaceae wurden traditionell zu den Loganiaceae gestellt, dann als eine eigene Familie ausgeschieden. Nach molekularphylogenetischen Hypothesen sind sie aber mit den Scrophulariaceae nächst verwandt, bzw. in diesen enthalten (Oxelman et al. 1999).
Vgl. Teil 3 Arboretum, 55 Buddlejaceae.
Abb. 314: Bestand von Proboscidea lousianica, Lousiana-Gemshorn, Martyniaceae, Gemshorngewächse, im System. TüBG. Orig. 1.7.2008.
Martyniaceae, Gemshorngewächse
(Abb. 314). Familie mit 4 Gattungen und 15 krautigen Arten, die in trockeneren Gebieten der Neotropis und Neosubtropis verbreitet sind. Die Pflanzen besitzen Drüsenhaare, die Schleim absondern. Blätter ohne Stipeln, gegenständig, die oberen wechselständig. Blüten zygomorph, zwittrig, 5zählig, tetrazyklisch sympetal, mit ringförmigem Diskus; C(5) glocken- bis trichterförmig, oft ausgebuchtet oder schief; A4-2 mit der Kronröhre verwachsen, 1-2 Staminodien; G(2) oberständig, einfächerig, mit 2 parietalen, oft aufgespaltenen Plazenten und vielen bis wenigen Samenanlagen; Kapselfrüchte mit zwei hornartig auswachsenden Griffelästen (Name). Einige Arten werden gelegentlich als Zierpflanzen verwendet. Nach dem englischen Botaniker in Cambridge, John Martyn (1699-1768), benannt. Gattungen: Craniolaria, Ibicella, Martynia, Proboscidea.
Systematik und Phylogenie: Nah verwandt mit den Pedaliaceae (Ihlenfeldt 2004, Gormley et al. 2015) und deren neuweltliches Gegenstück.
Abb. 315: Blütenstand von Acanthus mollis, weicher Akanthus, im System von TüBG. Orig. 30.6.2006.
Acanthaceae, Akanthusgewächse
(Abb. 310, 315). Familie mit ca. 230 Gattungen und etwa 3500 Arten von Sträuchern, seltener Bäume oder Stauden, die hauptsächlich tropisch-subtropisch und nur ausnahmsweise in den wärmeren Gebieten der temperierten Zonen verbreitet sind. Blätter einfach, ohne Stipeln, oft mit Cystolithen, gegenständig. Blüten zwittrig, 5-zählig, tetrazyklisch sympetal, zygomorph vom Rachenblütler-Typ; A 5-4-2, auch mit 1-3 Staminodien; G(2) nicht median zu einem zweifächrigen Fruchtknoten vereint; Kapsel mit Scheidewandklappen zum Ausschleudern der Samen. Der Name verweist auf stachelige Arten der Gattung Acanthus (Griech.: ákantha - Dorn). Gattungsauswahl: Acanthus, Aphelandra, Avicennia, Beloperone, Crossandra, Dicliptera, Dipteracanthus, Fittonia, Hygrophila, Hypoestes, Jacobinia, Justicia, Mackaya, Odontonema, Pachystachys, Ruellia, Ruttya, Sanchezia, Schaueria, Thunbergia, Whitfieldia.
Abb. 316: Bilateral symmetrische Blüte von Acanthus spinosus, stacheliger Akanthus. 1 Seitenansicht einer Blüte mit Tragblatt Tb, 2 Blütenlängsschnitt, 3 Blütendiagramm. Orig.
Systematik und Phylogenie: Monophyletische Gruppe der Lamiales. Traditionell wird Avicennia in einer eigenen Familie, Avicenniaceae, geführt. In molekularen Dendrogrammen bildet Avicennia die Schwestergruppe der Thunbergioideae. Eine Systematik der Acanthaceae legten Scotland et al. (1995) und Scotland et Volleson (2000) vor. Die phylogenetischen Beziehungen innerhalb der Familie und mit anderen Vertretern der Lamiales wurden von Hedrén et al. (1995), McDade et Moody (1999) und McDade et al. (2000, 2008) analysiert.
Bignoniaceae, Trompetenbaumgewächse
(Abb. 310, 317). Familie mit ca. 100 Gattungen und etwa 800 Arten von Bäumen, Sträuchern, Lianen und wenigen Stauden, die überwiegend in den Tropen und Subtropen verbreitet sind, aber auch bis ins südliche Nordamerika, nach Ostasien und Ostaustralien vorkommen. Blätter meist zusammengesetzt, ohne Nebenblätter, oft mit basalen Blattstieldrüsen, gegenständig. Blüten zygomorph, zwittrig, 5zählig, tetrazyklisch sympetal; C verwachsen, glockig oder trichterig, 5lappig bis 2lippig; A meist 4 mit einem Staminodium, selten noch 5, oder schon 2 (Catalpa); G(2) oberständig, 2fächerig, mit ∞ scheidewandständigen Samenanlagen; Diskus ring- bis becherförmig. Kapselfrucht. Samen oft geflügelt oder mit Haarschopf. Die Familie enthält mehrere wichtige Holzlieferanten und Zierpflanzenarten. Nach dem französischen Mönch Jean-Paul Bignon (1662-1743) benannt. Gattungsauswahl: Bignonia, Campsis, Catalpa, Crescentia, Cybistax, Incarvillea, Jacaranda, Kigelia, Pyrostegia, Spathodea, Tabebuia, Tecoma.
Abb. 317: Blütenstände von Incarvillea delavayi, Freilandgloxinie, Bignoniaceae, TüBG. Orig. 10.6.2005.
Systematik und Phylogenie: Die Familie wurde von Fischer et al. (2004) behandelt. Nach molekular phylogenetischen Analysen verwandt mit den Verbenaceae und Lamiaceae (Olmstead et al. 2000). In manchen Dendrogrammen erscheint die Familie auch paraphyletisch. Einen Vergleich der Evolutionstendenzen der Bignoniaceae mit denen der Solanaceae und Verbenaceae stellte Olmstead (2013) an.
Vgl. Teil 3 Arboretum, 66 Bignoniaceae.
Verbenaceae, Eisenkrautgewächse
(Abb. 310, 318, 319). Familie mit ca. 30 Gattungen und etwa 1000 Arten von Bäumen, Sträuchern, Lianen und Kräutern, die überwiegend in den Tropen und Subtropen verbreitet sind; wenige Arten in den gemäßigten Zonen. Blätter meist einfach bis geteilt, ohne Nebenblätter, überwiegend gegenständig, seltener quirlig oder wechselständig. Blüten meist zygomorph, oft 5-4zählig, überwiegend zwittrig; K verwachsenblättrig, gelappt bis gezähnt; C meist mit langer, auch gekrümmter Röhre und lappigem Kronsaum; A meist 4 (auch 2) und 1, 2, 3 Staminodien; G meist (2) oberständig, 2-, auch 4fächerig, pro Fach 1 bis 2 Samenanlagen. Oft Steinfrucht. Triterpensäuren (Lantaden) sollen hepatotoxisch wirken. Die Familie enthält wichtige tropische Holzlieferanten und mehrere bewährte Zierpflanzenarten und Hybriden. Benennung nach dem lateinischen Namen des Eisenkrautes.