Basale Gruppen
Amborellales
Abb. 21: Amborella trichopoda, Botan. Garten Bonn. Orig. 18.2.2008.
Ein Kleingehölz aus Neukaledonien, Amborella trichopoda (Abb. 21, 22), besitzt keine Gefäße (Bailey et Swamey 1948, Carlquist et Schneider 2001), hat anscheinend ein ursprüngliches Endosperm (Floyd et Friedmann 2001) und wird nach molekularphylogenetischen Hypothesen als ursprünglichster Bedecktsamer angesehen (Borsch et al. 2000, Soltis et al. 2008, Ruhfel et al. 2014). Durch Mitochondrien-Fusion soll es zu einem horizontalen Transfer von Genomen bei dieser Art gekommen sein, die zu einer Akkumulation von Fremdgenen führte (Rice et al. 2013). Es gibt ein eigenes Amborella Genome Project (2013). Die Art wurde nicht im Tübinger Garten kultiviert.
Abb. 22: Amborella trichopoda mit alter Infloreszenz. Botan. Garten der Tokyo Universität. Orig. 28.5.2007.
Nymphaeales, Seerosenartige Gewächse
Abb. 23: Gradueller Übergang von Kronblättern (P) zu Staubblättern (A) bei Nymphaea alba, Seerose, Seerosengewächse, Nymphaeaceae. Die spitzenwärts dunklen Bereiche kennzeichnen die Staubbeutel. Orig.
Mit sechs Gattungen und ca. 70 Arten krautiger, ausdauernder Rhizom-Süßwasserpflanzen sind die Seerosenartigen Gewächse, Nymphaeales, weltweit verbreitet. Sie gelten nach molekularphylogenetischen Hypothesen als nächst Verwandte von Amborella.
Nymphaeaceae, Seerosengewächse
(Abb. 23-25). Seerosen haben zerstreute Leitbündel ohne Kambien und ohne Tracheen. Blätter lang gestielt, meist mit herz- oder schildförmigen Spreiten, die auf der Wasseroberfläche schwimmen; gelegentlich mit einfachen oder fein zerteilten, untergetauchten Blättern bei Cabomba. Blüten radiär, zwittrig, mit Blütengliedern in spiraliger und/oder kreisiger Anordnung, teilweise basal verwachsen; Bestäubung häufig durch Käfer; P5-∞ oder K3-5 und C3-∞; Blütenblätter können kontinuierlich in Nektarblätter übergehen und diese ebenso in Staubblätter (Abb. 23); A3-∞, G1-∞ frei oder mit der angeschwollenen Blütenachse verwachsen (Pseudocoenocarpie), meist mit vielen Samenanlagen; Fruchtöffnung meist durch Anschwellen des inneren Schleimes. Name aus dem Griechischen für junge Frau, Nymphe, auch für weibliche Gottheit.
Mono- und Dikotylenmerkmale der Nymphaeales
Wasserpflanzen ohne Gefäße, meist mit markständigen Leitbündeln, großen Blüten, viel Perisperm, uni- oder aporaten Pollen und einer Mischung von Merkmalen der Ein- und Zweikeimblättler:
Dikotyledonen-Charakteristika: Zweikeimblättrige Embryonen; netzaderige Blätter; schraubige Blütenhülle; spiralig angeordnete und manchmal blattartig-flächige Staubblätter; unitegmische Samenanlagen (Ceratophyllaceae); zelluläre Bildung des Endosperms; Siebröhrenplastiden ohne Proteinkristalloide; Bildung von Ellag- und Gallussäure.
Monokotyledonen-Charakteristika: Rhizodermis in Lang- und Kurzzellen gegliedert; zerstreute Leitbündel der Sproßachse; zusammengesetzte Mittelrippe.
Abb. 24: Basale Terrasse im Tübinger System mit dem Revier für Nymphaea, Seerosen. Orig. 5.5.2005.
Abb. 25: Blüte von Nymphaea candida, weiße Seerose, TüBG. Orig. 4.6.2002.
Familien: Cabombaceae, Nymphaeaceae.
Systematik und Phylogenie: Die Blütenmorphologischen Ähnlichkeiten zwischen Nymphaea, Magnolia und Ranunculus veranlassten Eichler (1883) und Engler (1903), diese Taxa in die Reihe der Ranales zu stellen. So wurden sie auch im neuen Tübinger Garten angeordnet (Abb. 13: Teilreviere 36 und 38)
Nach molekularphylogenetischen Hypothesen (Borsch et Soltis 2008, Borsch et al. 2008) und Fossilfunden werden die Nymphaeales mit Amborella und den Austrobaileyaceae zu den ältesten Angiospermen gerechnet. Daher wurden die Seerosen im Systemteich ausgepflanzt (Abb. 24).
Revierhinweise: Nymphaea wird auch in der Ökologie bei Wasserpflanzen und im Tropicarium im zentralen Wasserbecken kultiviert.
Austrobaileyales
Abb. 26: Einzelblüte von Schisandra grandiflora, großblütiges Spaltstaubblatt, TüBG. Orig. 17.5.2006.
Schisandraceae, Spaltstaubblattgewächse
(Abb. 19, 26). Früher einzige Familie der Illiciales (Sternanisartige Gewächse), jetzt in die Austrobaileyales eingegliedert. Die Familie enthält 3 Gattungen und ca. 90 Arten von Sträuchern und Lianen, die in Süd-, Südost- und Ostasien, sowie in den südöstlichen USA verbreitet sind. Blätter einfach, ohne Stipeln, wechselständig, mit Öl- oder Schleimdrüsen. Blüten radiär, zwittrig oder eingeschlechtig; Blütenhülle einfach, mehrgliederig, spiralig; A4-∞, spiralig; Fruchtblätter zumeist viele und frei, spiralig oder kreisig; Balg- oder Beerenfrüchte. Name aus dem Griechischen hergeleitet (schizein - spalten, aner, andros - Mann, männliches Organ), bezieht sich auf die getrennten Theken mancher Arten. Gattungen: Illicium, Kadsura, Schisandra (Abb. 26).
Phylogenie: Nach molekularphylogenetischen Hypothesen werden Illicium, Kadsura und Schisandra zu den Schisandraceae zusammengefasst. Sie bilden ein Monophylum innerhalb der Austrobaileyales (Soltis et al. 1997, Denk et Oh 2006, Wang et al. 2010).
Revierhinweise: Schisandra ist auch im Arboretum angepflanzt.
Vgl. Teil 3 Arboretum, 7 Schisandraceae.
Ceratophyllales, Hornblattartige Gewächse
Abb. 27: System im Tübinger Botanischen Garten mit den Revieren Ceratophyllales, Hornblattartige, und Alsimatales, Froschlöffelartige, im Vordergrund. Orig. 3.6.2006.
Ceratophyllaceae, Hornblattgewächse.
(Abb. 27, 28). Einzige Familie der Ceratophyllales (Hornblattartige Gewächse) mit 1 Gattung, Ceratophyllum, und 2-6-(30) wurzelloser, untergetaucht wachsender, krautiger, verzweigter Wasserpflanzenarten, die weltweit im Süßwasser verbreitet sind. Einzelne beblätterte Sprosse sind wurzelartig umgebildet und zur Verankerung im Substrat geeignet; Blätter ein- bis vierfach gegabelt, knorpelig, gezähnt, ohne Stipeln, quirlig an den Knoten des Stängels. Blüten spirozyklisch, mit einem Blütenhüllkreis, Tepalen basal verwachsen, eingeschlechtig. Männliche Blüten: P(12) selten (8-15), A10-20, aber auch 5-27, spiralig stehend; Antheren mit gegabelten Konnektivfortsätzen; weibliche Blüten: P(9-10) G1 mit langem Griffel und einer Samenanlage; Nußfrucht.
Abb. 28: Ceratophyllum submersum, untergetauchtes Hornblatt. TüBG. Orig. 17.3.2006.
Der Name ist aus dem Griechischen hergeleitet (kéras - Horn, phyllon - Blatt); er bezieht sich auf die knorpeligen Blätter.
Systematik und Phylogenie: Die reduzierten Blüten erschweren eine systematische Interpretation der Gattung, die traditionell zu den Nymphaeales gestellt wurde. Eine Verbindung zu den Chloranthaceae erscheint möglich (Doyle et al. 2015). In Dendrogrammen des Plastidengenoms erscheint Ceratophyllum als basale Gruppe der Angiospermen, nicht jedoch in 18S rDNA Stammbäumen (Goremykin et al. 2009).
Revierhinweise: Ceratophyllum wird auch in der Ökologie bei Wasserpflanzen und in den Schauaquarien kultiviert.