Auswahl weiterer agaricoider Holzzersetzer

Auswahl weiterer agaricoider Holzzersetzer

 

Weitere häufige Gattungen mit Arten holzzersetzender Blätterpilze in Nadel- und Mischwäldern sind (vgl. Abb. 63 mit anschließendem Text):

Hypholoma, Schwefelköpfe (Abb. 260c-e), mit mehreren häufigen Arten, die Holzzersetzer sind, aber auch einige, die in Moosgesellschaften leben (vgl. Tabelle 88).

Kuehneromyces mutabilis, Stockschwämmchen (Abb. 260f), ein häufiger Stubbenbewohner vom Frühjahr bis in den Winter. Verbeitet ist auch K. lignicola, glattstieliges Stockschwämmchen, besonders auf Nadelholz in Bergwäldern (Moser 1994).

Pholiota, Schüpplinge, (Abb. 261; Tabelle 87).

 

 

 

Abb. 260: Pholiota, Schüpplinge, Hypholoma, Schwefelköpfe und Kuehneromyces, Stockschwämmchen: a, b Pholiota squarrosa, sparriger Schüppling; a an der Stammbasis eines Apfelbaumes; b Subhymeniun und Hymenium mit Cystide, Basidien und Basidiosporen; c, d Hypholoma sublateritium, ziegelroter Schwefelkopf; c Habitus; d Subhymeniun und Hymenium mit Cystide, Basidien und Basidiosporen; e Kuehneromyces mutabilis; ​​ f Hypholoma capnoides, rauchblättriger Schwefelkopf; alle Tübingen, Schönbuch: a, b 17.11.2004; c, d 9.10.2003; e 8.10.2002; f 24.10.2004. Orig.

 

 

Macintosh HD:Users:Franz:Desktop:Daten: Manuskripte Publikationen-17.11.17:   Oberjoch-17.11.17:Abb Oberjoch verkleinert:Pholiota cerifera Hab-23.9.08b.jpg

 

Abb. 261: Pholiota cerifera, hochwachsender Schüppling, an Fagus sylvatica, Buche: a Standort; b Büschel von Fruchtkörpern; c Basidie und zwei Basidiosporen; Maßstabteilstriche in μm. Oberjoch, Iseler-Nordhang, 23.9.2008. Orig.

 

Ökologie einiger Pholiota- und Hemipholiota-Arten, Schüpplinge

 

Tabelle 87: bevorzugte Standorte von ausgewählten Pholiota- und Hemipholiota-Arten, Schüpplinge:

Auf Holz

Auf Nadelholzstrünken Ph. flammans, Feuerschüppling

Auf Laubholz

 ​​​​ Besonders an den Stammbasen von Obstbäumen Ph. squarrosa, sparriger Schüppling

 ​​​​ An Stämmen und Stümpfen von Buche Ph. adiposa, schleimiger Schüppling

 ​​​​ Meist hoch an noch lebenden Stämmen Ph. cerifera, hochwachsender Schüppling, Abb. 261

 ​​​​ Meist an PopulusH. populnea, Pappelschüppling

Auf Boden, Erde

 ​​​​ Bei Alnus und BetulaPh. alnicola, Erlenschüppling

 ​​​​ Auf Torfböden H. myosotis, Scheinschüppling

 ​​​​ Auf Brandflächen und alten Feuerstellen Ph. highlandensis, Kohlenschüppling

 

 

Ökologie einiger Hypholoma-Arten, Schwefelköpfe

 

Tabelle 88: bevorzugte Standorte von ausgewählten Hypholoma-Arten, Schwefelköpfe:

Auf Nadelholz H. capnoides, rauchblättriger Schwefelkopf; H. radicosum, wurzelnder Schwefelkopf

Auf Nadelholz, Holzresten und Nadelstreu H. marginatum, natternstieliger Schwefelkopf

An Nadel- und Laubholz H. fasciculare, grünblättriger S.; H. sublateritium, ziegelroter S.

Zwischen Moosen

 ​​​​ Zwischen Laubmoosen, Atrichum, Polytrichum etc. H. polytrichi, Moosschwefelkopf

 ​​​​ Zwischen Torfmoosen, SphagnumH. elongatum, Torfmoosschwefelkopf

 

 

 

 

Macintosh HD:Users:Franz:Desktop:Daten: Manuskripte Publikationen-16.11.17:   Oberjoch-16.11.17:Abb Oberjoch verkleinert:Mycena Spinellus2.jpg

Abb. 262: Mycena-Arten, Helmlinge: a Mycena stipata, büscheliger Nitrathelmling, aus einem liegenden Nadelholzstamm hervorwachsend; b Mycena crocata, gelbmilchender Helmling, befallen von Spinellus fusiger, Mucorales, Zygomycota. a Tübingen, Schönbuch, 8.10.2002; ​​ b Tübingen, Schönbuch 24.10.2004. Orig.

 

 

 

Pilze in der Spätphase des Braunfäuleabbaues

 

In der späten Zersetzungsphase der Braunfäule sind einige spezialisierte Basidiomyceten beteiligt, darunter Repetobasidium-Arten (Abb. 263 c), Sphaerobasidium minutum (Abb. 263a, b) und Lobulicium occultum. Die Fruktifikationen bestehen nur aus wenigen Substrathyphen, einem sehr dünnen Subhymenium und einem glatten Hymenium, das neben Basidien auch Cystiden enthalten kann. Repetobasidium bildet keine Basidienkandelaber, vielmehr werden absporulierte Basidien von jungen durchwachsen, sodaß Basidiensäulen entstehen.

 

 

 

Abb. 263: Fichtenmoderholz besiedelnde Mikro-Basidiomyceten: a, b Sphaerobasidium minutum, a Fruchtkörper auf rotfaulem Moderholz eines Fichtenstumpfes; b Schnitt durch den gesamten Fruchtkörper mit basalen Hyphen, Cystiden, Basidien in unterschiedlichen Entwicklungstadien und Basidiosporen; c säulenartige Abfolge der Basidien von Repetobasidium. a Bad Reichenhall, Hochstaufen, 14.10.2004; b aus Oberwinkler (1965). Orig.

 

Zapfen- und Nadelzeresetzer

 

Macintosh HD:Users:Franz:Desktop:Daten: Manuskripte Publikationen-13.11.17:   Oberjoch-13.11.17:Abb Oberjoch verkleinert:261 Baeospora Strobilurus2.jpg

 

Abb. 264: Koniferenzapfen bewohnende Blatterpilze: a Baeospora myosura, Mäuseschwanzrübling, in einer Kolonie unterschiedlich alter Fruchtkörper auf einem Fichtzapfen; b Strobilurus esculentus, Fichtenzapfenrübling, ist auf Zapfen von Picea abies, Fichte, spezialisiert. a Tübingen, Schönbuch, 30.9.1986; b Kärnten, Greifenburg, Pobersach, 9.4.2007. Orig.

 

Zei­tig im Früh­jahr erscheinen nur auf abgefallenen Fich­ten­za­pfen die dunkelolivbraunen Scheiben von Rut­stroe­mia bulgarioi­des, Fichtenzapfenbe­cher­ling (Abb. 179h-i) und im Som­mer die rosa bis braunroten Apothecien von Ombrophila janthina (Helotiales, Gelatinodiscaceae), Fichten­zapfen­gal­lertkreisel. Strobilurus esculentus, Fich­ten­zapfennagel­blätt­ling, (Abb. 264b) wächst ebenfalls im Früh­jahr nur auf abgefallenen Fich­tenza­pfen; er ist ein Doppel­gänger von Strobilurus tenacel­lus, Kiefernzapfen-Na­gel­blätt­ling. Auch Baeo­­spora myosura, der Mäuseschwanzblättling, (Abb. 264a) ist ein Zapfenspezialist, aller­dings nicht auf Fichtenzapfen be­schränkt.

 

Macintosh HD:Users:Franz:Desktop:Daten: Manuskripte Publikationen-13.11.17:   Oberjoch-13.11.17:Abb Oberjoch verkleinert:262 Mycena Nadelstreu2.jpg

 

Abb. 265: Mycena-Arten auf Fichtennadelstreu: a Bestand von Mycena rosella, rosa Helmling; b Mycena galopus, weißmilchender Helmling; c Mycena sanguinolenta, purpurschneidiger Bluthelmling; d Mycena aurantiomarginata, orangeschneidiger Helmling. a, d Oberjoch, Isler, 2./3.10.2004; b Tübingen, Schönbuch, 6.10.1994; c Oberjoch, Iseler, 1.10.2001. Orig.

 

 

 

Abb. 266: Micromphale perforans, Nadelschwindling, auf Fichtennadeln wachsend. Unterjoch, 16.9.1992. Orig.

 

Die Fich­tennadel­streu wird von einer Schar von Sub­strat­spe­zialisten besiedelt. Besonders auffällig sind die Herden mehrerer Helmlinge und Schwindlinge, z.B. My­ce­na auran­tio­mar­ginata, orangeschneidiger Helm­ling (Abb. 265d), M. galopus, mil­chender Helmling (Abb. 265b), M. rosella, rosa Helmling (Abb. 265a), M. sanguinolenta, purpurschneidiger Bluthelm­ling (Abb. 265c), oder der nur auf Nadeln wach­­sende Micr­omphale per­forans, Nadelschwindling, (Abb. 266). Durchaus selten ist dagegen die ebenfalls auf Nadeln wachsende Heyderia abie­tis, , Nadelhaubenpilz, ein gestielt-kopfiger Ascomycet (Helotiales, Cenangiace­ae). Lophodermium piceae, Erreger der Fichtennadelröte (s. oben und Tabelle 98), tritt zwar bereits als Endophyt und dann als Parasit auf, bildet seine langgestreckten, spaltlippenartigen Fruchtkörper aber erst auf abgefallenen Nadeln am Boden aus.

Aus lebenden wie aus abgestorbenen Fichtennadeln sind zahlreiche Pilze isoliert worden, die zuallermeist den Ascomycota angehören. Unter diesen überwiegen nach Haňáčková et al. (2015) Arten der

Dothideales (Scleroconidioma sphagnicola, Hormonema dematioides),

Eurotiales (Thysanophora penicillioides),

Hypocreales (Cylindrocarpon magnusianum, Trichoderma spp.) und

Helotiales (Ceuthospora pinastri, Chalara spp.).

 

 

Saprobe Pilze unterschiedlicher Standorte

 

 

Macintosh HD:Users:Franz:Desktop:Daten: Manuskripte Publikationen-16.11.17:   Oberjoch-16.11.17:Abb Oberjoch verkleinert:Mycena pura Macrolepiota2.jpg

 

Abb. 267: In Laub- und Nadelwäldern häufig: a Mycena pura, Rettichhelmling; b Macrolepiota procera, Parasol; a, b Tübingen, Schönbuch, 8.10.2002. Orig.

 

 

 

Abb. 268: Stropharia aeruginosa, Grünspanträuschling: a, b Habitus; c Hyphen der Hutrama; d verschleimende Huthaut; e Lamellentrama und Hymenium mit Cystide und Basidien; f Basidiospore mit apikalem Keimporus. Wellenburg bei Augsburg, 5.9.1970. Orig.

Ökologie von Stropharia, Träuschlinge

 

Tabelle 89: bevorzugte Standorte von ausgewählten Stropharia-Arten, Träuschlinge:

Auf verrottendem Nadelholz St. aeruginosa, Grünspanträuschling, Abb. 268; St. hornemannii, üppiger T.

In Grasflächen und an Wegrändern  St. coronilla, Krönchenträuschling

Auf gedüngten Böden und Dung

 ​​​​ In Feldern  St. rugosoannulata, rotbrauner Riesenträuschling

 ​​​​ In gedüngten Wiesen  St. luteo-nitens, riechender Träuschling

 ​​​​ Auf Dung  St. semiglobata, halbkugeliger Träuschling

 

Stropharia-Arten sind in ihren ökologischen Anpassungen vielfältig. Neben Zersetzern von Moderholz und Laubstreu, sind andere Dungbewohner (Tabelle 89), manche auf Nematoden­fang spezialisiert.

An Grenzstandorten und gestörten Stellen, wie Vegetationslücken, Anrissen und Wegrändern, aber auch neben Laub- oder Ast und Zweighäufen können sehr unterschiedliche saprobe Blätterpilze fruktifizieren.

Anmerkungen zu ausgewählten Arten:

 

Phaeolepiota aurea, Glimmerschüppling (Abb. 269; Cortinariaceae, vgl. Anhang Agaricales), ist in der nördlichen Hemisphäre zerstreut, aber weit verbreitet, bevorzugt in Rand- und Sekundärvegetationen mit stickstoffreichen Böden, daher oft mit Urtica dioica, Brennnessel, und großblättrigen Stauden vergesellschaftet.

 

 

 

Abb. 269: Phaeolepiota aurea, Glimmerschüppling: a-c Habitus in unterschiedlichen Entwicklungsstadien; d Längsschnitt eines Fruchtkörpers mit aufgespanntem Velum; e Lamellenlängsschnitt mit Trama, Subhymenium, Hymenium und unterschiedlich entwickelten Basidien und Basidiosporen; f Ausschnitt aus dem Hymenium; h, i Basidiosporen in Außenansicht (h) und im Längsschnitt (i); g Huthaut mit Tramahyphen und kugeligen Zellen einer Hutschuppe. Wertach, Oberhalb der Pfeiffermühle, 4.10.2004. Orig.

Coprinus s.l., Tintlinge, sind saprobe, häufig nitrophile Wald-, Wiesen und Ackerland-Be­wohner, die nach molekularphylogenetischen Analysen in mehrere Gattungen aufgeteilt wurden (Rehead et al. 2001; Örstadius et al. 2016), die hier mit jeweils einer Art angegeben werden:

Coprinus comatus, Schopftintling,

Coprinellus micaceus, Glimmertintling,

Coprinopsis atramentaria, Faltentintling,

Parasola plicatilis, Rädchentintling.

 

 

 

Abb. 270: Melanoleuca cognata, Frühlingsweichritterling: a, b Habitus; c Ausschnitt aus Huttrama mit Gloeoplere (schattiert), Subhymenium, Hymenium mit Cystide, und Basidien; d, e REM-Aufnahmen von einem Lamellenbruch mit herausragenden Cystiden (d) und Basidie mit Basidiosporen (e); g TEM-Aufnahme der ornamentierten Sporenwand. TüBG, 4.1976, 29.4.2004. Orig.

 

 

Die Gattung Melanoleuca, Weichritterling, ist habituell leicht und mikroskopisch sicher erkennbar (Abb. 270). Diese Merkmale sind verblüffend übereinstimmend mit denen der Rus­sulaceae (Oberwinkler 1977; Anhang Basidiomycetensystem 1977):

Warzige Sporen mit amyloidem Ornament, das teilweise gratig verbunden ist,

schlauchartige Hyphen mit ölig-gelbem Inhalt in Teilen der Trama (Gloeopleren) und

zugespitzte Cystiden, die allerdings nicht aus den Gloeopleren hervorgehen.

 

Nach molekularphylogenetischen Analysen ist Melanoleuca allerdings zu den Amanitaceae zu stellen (Garnica et al. 2007; Anhang Agaricales).

In ihren ökologischen Präferenzen sind die Weichritterlinge erstaunlich einheitlich, indem grasige Wälder, Wegränder und Holzabfälle bei weitem bevorzugt werden. Daher ist es schwierig oder gar unmöglich, nähere Standortsspezifitäten zu geben. – Für Alpenwiesen werden Melanoleuca subalpina, Almweichritterling, und M. substrictipes angeben. –

Melanoleuca cognata, Frühlingsweichritterling, ist durch die frühe Fruktifiaktionszeit ausgewiesen. Es gibt jedoch weitere Arten, die relativ früh im Jahr erscheinen, wie M. brevipes, kurzstieliger Weichritterling, M. grammopodia, rillstieliger Weichritterling, M. paedida, gestreifter Weichritterling, M. robusta, kräftiger Weichritterling und M. verrucipes, Raustiel-Weichrit­ter­ling.

 

Mycetozoa, Schleimpilze

 

 

Macintosh HD:Users:Franz:Desktop:Daten: Manuskripte Publikationen-12.11.17:   Oberjoch-12.11.17:Abb Oberjoch verkleinert:260 Myxos Ontogenie2.jpg

 

Abb. 271: Entwicklungsgang typischer Mycetozoa, Schleimpilze: (1) Nach Bildung haploider Verbreitungseinheiten (Sporen) können diese bei günstigen Bedingungen keimen und (2) Flagellaten oder (3) Amöben freisetzen. Die Nahrungsaufnahme erfolgt durch Phagocytose. Amöben können sklerotisieren und damit ungünstige Bedingungen überdauern (4). Sowohl Flagellaten als auch Amöben können als Gameten (5) fungieren, wenn sie kompatibel sind. Eine diploide Zygote (6) wird zur Amöbozygote (7), die durch Phagozytose zu einem häufig makroskopisch sichtbaren, aus einer Zelle bestehenden Plasmodium (8) mit synchronisierten diploiden Kernen heranwächst. Das Plasmodium ist durch Plasmaströmungen beweglich und kann dabei verschiedenste Substrate phagozytieren. Bei normaler Weiterentwicklung differenzieren sich aus dem Plasmodium zumeist mehrere bis viele, azelluläre Fruchtkörper aus (9). In diesen werden durch membranäre Kompartimentierung um die Kerne Zellen gebildet, die als Sporen (1) freigesetzt werden. Die Reifeteilung (R!) kann entweder im Fruchtkörper oder erst in den Sporen erfolgen. Im letzteren Fall müßten die Sporen die durch die Meiose entstandenen, haploiden Kerne enthalten. Orig.

 

Obwohl Schleimpilze die verschiedensten Lebensräume besiedeln können, werden sie bewußt zuerst im Fichtenwald vorgestellt, da zwei Arten, Ceratiomyxa fruticulosa (Abb. 275c, d) und Lycogala epidendron (Abb. 277a-d), bei feucht-warmer Witterung häufig auf Moderholz und Stubben vorkommen. Beide Arten, bzw. Artenkomplexe sind zudem weltweit verbreitet.

 

Aus dem Phylogramm der Eukaryonten ist ersichtlich, dass Schleimpilze zur Amöben-Ver­wandtschaft (Abb. 272 am), also nicht zu den echten Pilzen gehören, was schon von de Bary (1866, 1884, 1887) erkannt wurde (Anhang Cryptogams).

Ein verbindendes Merkmal ist das Amöben­stadium in ihrem Entwicklungsgang (Abb. 271). Amöben können bereits bei der Sporenkeimung auftreten (4) oder aus der Zygote auswachsen (7). Das Spektakuläre ist, dass die ursprünglich mikroskopisch kleine und einkernige Amöbe im Verlaufe der Ontogenie durch permanente Phagocytose zur Riesenzelle des multinukleären Plasmodiums heranwächst (8).

Macintosh HD:Users:Franz:Desktop:Daten: Manuskripte Publikationen-12.11.17:   Oberjoch-12.11.17:Abb Oberjoch verkleinern:261 Eukaryonten2.png

Abb. 272: Hypothese zur Phylogenie der Eukaryonten-Großgruppen. am – mit amöboiden Stdien, he –hetero­kont begeißelt, ​​ op – opisthokont begeißelt. In Anlehnung an Cavalier-Smith et al. (2014). Siehe Text.

 

 

In diesem Stadium wird ein Kriechen über das Substrat durch intensive Plasmaströmungen ermöglicht. Bei ungestörter Weiterentwicklung wachsen aus dem Plasmodium, je nach dessen Größe, mehrere bis viele azelluläre Fruchtkörper (9) aus, in denen durch freie Zellbildung Sporen entstehen (1).

Als echte Pilze, Fungi, (Abb. 272) werden heterotrophe Eukaryonten zusammengefaßt, die nicht beweglich wie Tiere sind. Damit sind Schleimpilze (Mycetozoa) und falsche Mehltaupilze (Oophyta, Heterokonta, Abb. 25) ausgeschlossen.

Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die zu den echten Pilzen gehörenden Blastocladiomycota, Chytridiomycota und Neocallimastigomycota (Bewohner der Verdauungstrakte von Säugetieren) opisthokonte Flagellaten besitzen, die mit ihren Schubgeißeln schwimmen können.

 

Protostelium und Verwandte sind mikroskopisch kleine Organismen, die Sporangien auf Stielen entwickeln (Abb. 275a, b). Sie sind weltweit verbreitet und kommen häufig auf sich zersetzenden organischen Substraten vor (Olive 1967,1975; Spiegel 1991, Spiegel et al. 2007). Allerdings wurden sie nur selten beoabachtet oder isoliert.

 

Arten der Gattung Dictyostelium sind kosmopolitisch vorkommende Bodenbewohner mit sozialen Amöbenstadien. Dictyostelium discoideum ist einer der bekanntesten eukaryontischen Modellorganismen.

Macintosh HD:Users:Franz:Desktop:Daten: Manuskripte Publikationen-28.11.17:   Oberjoch-28.11.17:Abb Oberjoch verkleinert:Phylogenie2.jpg

 

Abb. 273: Stark vereinfachte Hypothese zur Phylogenie der Mycetozoa, Schleimpilze mit repräsentativen Gattungen. Gelb unterlegt – Hellsporer, grau unterlegt – Dunkelsporer. Kombiniert und verändert nach Fiore-Donno et al. (2005, 2008, 2013) und Kretschmar et al. (2016).

 

 

Schlauch-, geweih- bis wabenförmige Thalli werden von Ceratiomyxa fruticulosa gebildet (Abb. 275c, s. oben). Aus ihnen ragen stiftförmige Fortsätze hervor, die einsporige Sporangien tragen (Abb. 275d). Das kann typologisch so interpretiert werden, dass eine riesige Kolonie von protosteliden Mycetozoen aus einem gemeinsamen Thallus synchron sporuliert.

 

Die beiden in der heimischen Flora vorkommenden Clastoderma-Arten sind offensichtlich Rindenspezialisten und können von solchen Substraten am besten in feuchten Kammern zum Fruktifizieren angeregt werden (Abb. 275e). Bei solchen Kulturansätzen kommen oft mehrere Schleimpilze unterschiedlicher Gattungen und Verwandtschaften gleichzeitig zum Vorschein.

Auch Arten der Gattung Echinostelium (Abb. 275f) sind weitgehend von Rindenkulturen bekannt geworden. Auch ihre Fruchtkörper sind mikroskopisch klein.

 

Macintosh HD:Users:Franz:Desktop:Daten: Manuskripte Publikationen-28.11.17:   Oberjoch-28.11.17:Abb Oberjoch verkleinert:Plasmodien2.jpg

 

Abb. 274: Plasmodien von Schleimpilzen: a Fuligo septica hebt den Deckel einer Joghurtdose und kriecht heraus; b Plasmodium eines Schleimpilzes. a Venezuela, Mérida, 14.1.1969; b Tübingen, Schönbuch, 23.10.1987. Orig.

 

 

Macintosh HD:Users:Franz:Desktop:Daten: Manuskripte Publikationen-28.11.17:   Oberjoch-28.11.17:Abb Oberjoch verkleinert:Protostelium Echinostelium2.jpg

 

Abb. 275: Auswahl von Mycetozoa, Schleimpilze: a, b Protostelium spp.; c, d Ceratiomyxa fruticulosa, Pfeil einsporige Sporangien; e Clastoderma debaryanum; f Echinostelium minutum. a, b Oberjoch, 9.9.1985; c, d Oberjoch, Iseler, 1.9.1984; e Präparat A. Kries, Oberjoch, 2.2.2005; f Zeichnung, Oberjoch. Orig.

Macintosh HD:Users:Franz:Desktop:Daten: Manuskripte Publikationen-28.11.17:   Oberjoch-28.11.17:Abb Oberjoch verkleinert:277 Tubifera Enteridium2.jpg

 

Abb. 276: a, b Tubifera ferruginosa, a Sammelfruchtkörper mit vielen Sporangien auf einem gemeinsamen Stiel; b REM-Aufnahme einer Spore mit netzartigem Ornament; c-f Enteridium lycoperdon auf einem Apfelbaum (c Pfeil); d, e Aethalien; f Sporen und Teil des Pseudocapillitiums, μm-Meßskala. a, b Venezuela, Mérida, 11.1969; c-f Tübingen, Hagelloch, 9.6.2005. Orig.

 

 

Macintosh HD:Users:Franz:Desktop:Daten: Manuskripte Publikationen-28.11.17:   Oberjoch-28.11.17:Abb Oberjoch verkleinert:277 Lycogala2.jpg

 

Abb. 277: Entwicklungsstadien von Lycogala epidendron: a, b junge Stadien der Sammelfruchtkörper; c reife Fruchtkörper; d aufgerissener Fruchtkörper mit frei liegender Sporenmasse. a TüBG, Tropicarium, 5.4.2006; b Tübingen, Schönbuch, 9.10.2002 und 10.1984; d Venezuela, Mérida, Laguna Negra, 22.11.1968. Orig.

 

Der Gruppierung der Mycetozoa nach hell- und dunkelsporigen Taxa entsprechen auch molekularphylogenetischen Analysen (Abb. 273).

Zu den Hellsporern, (Lucisporidia, Fiore-Donno et al. 2013) werden auch Arten der weltweit verbreiteten Gattung Tubifera (Abb. 276a, b) gerechnet, deren Sporenfarbe in Masse rostbraun erscheint. Nach einer neuen Bearbeitung werden 11 Arten unterschieden ​​ (Leontyev et al. 2015).

 

Die in heimischen Wäldern bei geeigneten Witterungsbedingungen häufig fruktifizierende Art Lycogala epiden­dron (Abb. 277a-d), ist ein Kosmopolit. Ihr Fruchtkörper wird als „Verschmelzungsprodukt“ von Einzelspo­rangien gedeutet und als Aethalium bezeichnet. Auffällig sind die Farbänderungen während der Reifung. Als „Pseudocapillitium“ wird ein lockeres, röhriges und offensichtlich fragmentarisch ausgebildetes steriles Netzwerk benannt.

 

Eine andere Lebensstrategie verfolgt Enteridium lycoperdon (Abb. 276c-f). Dieser Schleimpilz bevorzugt frei stehende Bäume, nicht selten in Obstgärten, an denen sich exponiert und in mehreren Metern Höhe, Plasmodien und nachfolgend auffällig große Fruktifikationen entwickeln. Bei deren Reife wird durch Aufreißen der Peridie (Abb. 276e) die braune, stäubende Sporenmasse freigelegt.

 

 

Macintosh HD:Users:Franz:Desktop:Daten: Manuskripte Publikationen-28.11.17:   Oberjoch-28.11.17:Abb Oberjoch verkleinert:279 Trichiales2.jpg

 

Abb. 278: Trichiales: a-d Schema von Fruchtkörpern der Trichia-Verwandtschaft von sitzend zu gestielt und von einzelnen Sporocarpien zu zusammengelagerten, a Trichia scabra, b Trichia favoginea, c Hemitrichia calyculata, d Metatrichia vesparium; e Hemitrichia calyculata; f Hemitrichia serpula; g Trichia sp.; h-j Trichia favoginea, h LIM und i REM des Capillitiums, j REM eines Teils der Sporenoberfläche; k Arcyria stipata; l, m Arcyria cinerea; n Arcyria incarnata; e, g Venezuela, Mérida, Paramo de Piñango, 16.3.1969; f Australien, New South Wales, 15.8.1981; h-j Venezuela, Mérida, Paramo de Mucubachi, 11.10.1968; k Tübingen, Schönbuch, 22.10.2006; l, m Venezuela, Mérida, Barinitas 12.9.68; n Grünwald bei München, 11.11.1967. Orig.

 

 

Die morphologisch ähnlichen und molekularphylogenetisch nah verwandten Trichia- und Arcyria-Arten werden zu den Trichiales zusammengefaßt (Abb. 278).

Diese Hellsporer besitzen ausgeprägt strukturierte Capillitien (Abb.278h, i, n) und häufig charakteristisch ornamentierte Sporen (Abb. 278j).

Drei Baupläne und Gruppierungen von Trichia-Fruchtkörpern sind schematisch dargestellt (Abb. 278a-d) und werden durch weitere Abbildungen ergänzt:

Einzelfruchtkörper sitzend, z.B. Trichia scabra;

sitzende Fruchtkörper zusammengelagert, z.B. Trichia favoginea, Trichia sp. (Abb. 278g);

Einzelfruchtkörper gestielt, z.B. Hemitrichia calyculata (Abb. 278e);

gestielte Fruchtkörper zusammengelagert, z.B. Metatrichia vesparium.

Außerdem kommen netzartig verzweigte, sitzende Fruktifikationen vor (Trichia serpula, Abb. 278f).

Die Unterscheidung von Trichia- und Arcyria-Arten basiert traditionell auf morphologischen Merkmalen. Populationsgenetische Studien an Trichia varia konnten jedoch reproduktiv isolierte Gruppierungen, „Biospecies“ genannt, nachweisen (Feng and Schnittler 2015).

 

Zuallermeist fruktifizieren Trichiales-Arten auf Holz unterschiedlichen Zersetzungsgrades. Von diesen Substraten können Plasmodien auf andere Unterlagen, wie z.B. Moose, auswandern und auf diesen Fruchtkörper bilden.

 

 

Macintosh HD:Users:Franz:Desktop:Daten: Manuskripte Publikationen-28.11.17:   Oberjoch-28.11.17:Abb Oberjoch verkleinert:Stemonitis Fuligo2.jpg

 

Abb. 279: Dunkelsporige Myxomycetes: a-c Stemonitis fusca, a dicht stehende Fruchtkörper; b, c REM-Aufnahmen von Capillitium und Sporen, in (b) mit zentraler Capillitium-Achse; d Lamproderma columbinum; e Physarum cinereum; f Leocarpus fragilis; g Fuligo septica, junge Fruktifikation auf Rindenmulch. a-c Oberjoch, 30.9.1994; d Schwarzwald bei Freudenstadt, 8.11.1965; e Oberjoch, 20.9.1991; f Beuerberg-Seeshaupt, Nonnenwald, 19.9.1963; g Bonn, Spemann Haus, 14.7.1997. Orig.

 

Von den dunkelsporigen Myxomyceten wurden Clastoderma und Echinostelium bereits erwähnt (s. oben).

Zu den Stemonitales werden u.a. die Gattungen Stemonitis (Abb. 279a-c) und Lamproderma (Abb. 279d) gerechnet. Stemonitis-Arten besitzen eine durchgehende, zentrale Capillitium­ach­se (Abb. 279b). Sie fruktifizieren bevorzugt auf Moderholz, aber auch auf Rinde und Laub. Die meisten Arten sind weltweit nachgewisen, auch wenn es sich um sporadische und weit voneinander liegende Vorkommen handelt. Mehrere Stemonitis-Species sind nur von wenigen Aufsammlungen, oder nur von Typus-Belegen bekannt. Solche Beispiele entziehen sich einer ökologischen und geographischen Charakterisierung.

 

Lamproderma-Arten sind durch häutige, irisierende Peridien (Abb. 279d) und nur partiell die Sporocarpien durchziehende Columellen ausgezeichnet, von deren Spitzen zumeist die Ca­pillitien austrahlen.Vereinfacht lassen sich zwei ökologische Anpassungen unterscheiden: Nivicole Species, die am Rande schmelzenden Schnees fruktifizieren und Arten, die meist spät im Jahr an dauerfeuchten, schattigen und zumeist kalkfreien Gesteinen über Moosen wachsen (Abb. 279d).

 

Mucilago crustacea ist der Vertreter einer monotypischen, kosmopolitsch verbreiteten Gattung, die gebietsweise, wie in Mitteleuropa, bevorzugt in Grasvegetationen auftritt.

 

 

 

 

Abb. 280: Diderma spp.: a-d Diderma spumarioides auf Laub von Hedera helix, Efeu, a Plasmodium; b Fruchtkörperbildung; c reife Fruchtkörper; d Reste alter Fruchtkörper; e Diderma niveum, Peridie teilweise abgebröckelt. a-c Tübingen, Hagelloch, 10.9.2014; e Venezuela, Mérida, 2.12.1968. Orig.

 

 

Die durch zweischichtige Peridien (Name!) ausgezeichneten Diderma-Arten (Abb. 280) erscheinen ontogenetisch und ökologisch divers. Einige Arten, wie D. alpinum, D. deplanatum, oder D. effusum, können aus der Plasmodialphase, ohne typische Fruchtkörperbildung, direkt in die Sporulation übergehen (Plasmodiocarpie). Während die meisten Diderma-Arten vom Sommer bis Herbst fruktifizieren (Abb. 280a-d), sind nivicole Arten zeitig im Jahr und in den Bereichen der Schneeschmelze in der Sporulationsphase zu finden. Zu ihnen zählen nach Neubert et al. (1995) Diderma alpinum, D. lyallii, D. microcarpum, D. nivale und D. niveum.

 

 

 

Abb. 281: Herabhängende Myxomyceten, Schleimpilze: a Badhamia utricularis voll fruktifizierend; b Erionema aureum, weit entwickelte Plamodiumsstränge kurz vor der Fruktifikation; a Tübingen, Schönbuch 9.1994; b Yunnan, Menglun, 8.1995. Orig.

 

Zu den Physaraceae werden die Gattungen Badhamia, Erionema, Fuligo, Leocarpus und Physarum gestellt, die Kalkinkrustationen in der Peridie und teilweise auch im Capillitium besitzen.

​​ 

Die artenreiche, weltweit verbreitete Gattung Physarum (Abb. 279e) hat ein breites ökologisches Spektrum, das von Holz verschiedenster Zersetzungsgrade bis zu krautigen Pflanzenteilen reicht. Auch nivicole Arten, wie Physarum albescens, Ph. alpestre, Ph. alpinum, Ph. styriacum und Ph. vernum, sind darunter (Neubert et al. 1995).

 

Badhamia ist weltweit mit mehr als 30 Arten verbreitet. Bemerkenswert ist, dass Badhamia utricularis (Abb. 281a) und das süostasiatische Erionema aureum (Abb. 281b) vom Substrat herabhängende Fruktifikationen ausbilden.

 

Auch der in auffälligen Populationen auftretende Leocarpus fragilis (Abb. 279 f), die einzige im Gebiet vorkommende Art der Gattung, hat eine Tendenz zu hängenden Fruktifikationen.

 

Dagegen bildet Fuligo septica, die gelbe Lohblüte (Abb. 279g) ausgedehnte, großflächige Aethalien, besonders auf Rindenabfällen und Rindenmulch.

 

Eine exzellente Bearbeitung der „Myxomyceten Deutschlands und des angrenzenden Alpenraumes unter besonderer Berücksichtigung Österreichs“, in großen Teilen weit darüber hinausgehend, wurde von Neubert et al. (1995–2000) erstellt.

 

 

Pteridophyta, Farne und Farnverwandte im Fichtenwald

 

Equisetum, Schachtelhalm

 

Macintosh HD:Users:Franz:Desktop:Daten: Manuskripte Publikationen-29.4.17: Oberjoch-29.4.17:Abb Oberjoch verkleinert:Equisetum sylvaticum-4.6.05b.jpg

Abb. 282: Equisetum sylvaticum, Waldschachtelhalm, mit Sporangienständen. Iseler, 4.6.2005. Orig.

 

Equisetum sylvaticum, Waldschachtelhalm

(Abb. 282) NgemZ; feuchte Wälder und Wiesen, acidophil; Indikator für sau­re oder versauerte Böden; auch in sauren und ver­näßten Hu­musauflagen über Kalk; in allen Höhenlagen, außer der alpinen Stufe.

Auf Schach­tel­hal­men kom­men keine falschen und echten Mehltaupilze, sowie keine Rost- und Brandpilze vor.

 

 

 

Familie der Lycopodiales (Bärlappartige Ge­wächse) mit 5 Gat­tungen und ca. 400 Arten terre­strischer oder epiphyti­scher, ausdauernder Kräu­ter, die annähernd weltweit verbreitet sind. Ga­metophyten knollig bis rü­benartig, im Substrat wachsend, ohne Chlorophyll, my­kor­rhiziert, mit Antheridien und Ar­chegonien im kro­nen­artig abge­setzten Teil. Spermatozoiden zwei­geiße­lig. Spo­rophyt kriechend bis klimmend und/oder auf­recht wachsend, mit schuppenförmigen Blätt­chen (mikro­phyll) und zu dichten Ständen (Blüten) zusam­men­gelagerten Sporo­phyllen; Sporangien den Sporo­phyllen aufsitzend, gleichartige und ein­heitliche Sporen bildend (isospor). Der Name be­deutet im Griechischen Wolfs­fuß (lykos - Wolf, pódion - Füßchen).

Pilze: Auf Bär­lappen kommen keine falschen und echten Mehl­taupilze, sowie keine Rost- und Brand­pilze vor.

 

 

Ökologie von Bärlappen, Lycopodiaceae

 

Tabelle 90: bevorzugte Standorte von Bärlappen im Gebiet:

Auf versauerten Nadelwaldböden und Moderstümpfe Huperzia selago, Tannenwedelbärlapp

In Schlenken von Mooren und in Torfmoossümpfen  Lycopodiella inundata, Sumpfbärlapp

In Borstgras- und Zwergstrauchheiden  Diphasiastrum issleri, Isslers Flachbärlapp

Auf versauerten, mageren, moorigen Böden, bis in die alpine Zone  Diphasiastrum alpinum, Alpen-Flachbärlapp

An sonnigen Stellen von Vegetationsanrissen  Lycopodium clavatum, Keulenbärlapp

Von Mooren über Nadelwaldböden bis zum Latschenunterwuchs Lycopodium annotinum, sprossender Bärlapp

 

 

Huperzia, Tannenwedelbärlapp, Teufels­klaue

200-300 subkosm, bes. artenreich in immer­grü­nen Wäl­dern der Tropen; meist epiphytische, aber auch terre­strische Pflanzen mit aufrechten oder hän­genden Trie­ben; Stämmchen gleich­mäßig, oft dicho­tom ver­zweigt; vegetative Blättchen und Sporo­phylle weitge­hend gleich ge­staltet, daher Spo­rophyllstände kaum von den vegetativen Trieben unter­schieden; nach Johann Huperz (De Fili­cum propagatione) benannt.­­

Pilze: Auf Bär­lappen kommen keine falschen und echten Mehl­taupilze, sowie keine Rost- und Brand­pilze vor.

Macintosh HD:Users:Franz:Desktop:Daten: Manuskripte Publikationen-5.7.17: Oberjoch-5.7.17:Abb Oberjoch verkleinert:Huperzia selago 46434 Pfeiffermühle-1.10.96.jpg

Abb. 283: Huperzia selago, Tannenbärlapp, mit Sporangien. Pfeiffermühle bei Jungholz, 1.10.1996. Orig.

 

Huperzia selago, Tannenbärlapp

(Abb. 283) NHem/SAm/Aus/Neus; ter­re­strischer bis epiphytischer Bärlapp schat­tiger bis lichter Stand­orte; bevorzugt saure Sub­strate, wie Mo­der­stümpfe, Felsfluren und Rohhumus­auf­la­gen.

 

Macintosh HD:Users:Franz:Desktop:Daten: Manuskripte Publikationen-5.7.17: Oberjoch-5.7.17:Abb Oberjoch verkleinert:Lycopodium annotinum W Jungholz-8.10.96b.jpg

Abb. 284: Lycopodium annotinum, sprossender Bärlapp, mit Sporophyllständen. Jungholz bei Wertach, 8.10.1996. Orig.

 

Lycopodium, Bärlapp

ca. 40 bes. gemZ/trop­Gbg; ausdauernde, krautige Pflanzen mit kriechenden Haupt­spros­sen, schraubiger Beblätte­rung, aufrechten fertilen Trieben und mit Stielen abge­setzten Sporo­phyllständen (Blüten).

 

Lycopodium annotinum, sprossender Bärlapp

(Abb. 284) ​​ NHem; acido­philer, Humus besie­delnder Bärlapp schattiger bis halb­schattiger Wäl­der, beson­ders in Nadelholzbestän­den; häufigste heimische Bärlappart.

 

Lycopodium clavatum, Keulenbärlapp

(Abb. 284) ​​ NHem/SHem; acido­phi­ler Bärlapp von Heiden und Waldlichtungen auf nähr­stoff- und ba­senarmen Böden; oft mit Vaccinium-Arten vergesellschaftet;

 

Macintosh HD:Users:Franz:Desktop:Daten: Manuskripte Publikationen-5.7.17: Oberjoch-5.7.17:Abb Oberjoch verkleinert:Lycopodium clavatum-27.6.08k.jpg

Abb. 285: Lycopodium clavatum, Keulenbärlapp. Oberjoch, Iseler, 27.6.2008. Orig.

 

Athyrium filix-femina, Waldfrauenfarn, wurde im Buchen-Tannenwald bereits behandelt.

 

Blechnum spicant, Rippenfarn

(Abb. 286) NAf/Eu/As/Alas/Calif; acidophiler Waldfarn, besonders in Fichten­wäl­dern (Vacci­nio-Piceion) aller Höhenzonen; über Kalk nur in saue­ren Hu­musauf­lagen; Säurezeiger.

Pilze: Wirt für den Rostpilz Milesina blechni (0, I: Abies).

 

 

Abb. 286: Bestand von Blechnum spicant, Rippenfarn, mit sterilen (unten) und fertilen Wedeln (darüber). Oberjoch, Iseler, 3.7.1997. Orig.

 

Dryopteris carthusiana, Dornfarn

(Abb. 287) Eu/As/NAm, in nährstoff- und basenarmen Wäl­dern an halb­schattigen, stau- bis wechselfeuchten Stand­orten, meist nur bis in die montanen Lagen.

 

Macintosh HD:Users:Franz:Desktop:Daten: Manuskripte Publikationen-5.7.17: Oberjoch-5.7.17:Abb Oberjoch verkleinert:Dryopteris carthusiana Iseler-20.7.93.jpg

Abb. 287: Sori auf der Fiederchen-Unterseite von Dryopteris carthusiana, Dornfarn. Oberjoch, Iseler, 20.7.1993. Orig.

 

Dryopteris dilatata, breitblättriger Wurmfarn

(Abb. 288) NHem, schattenliebender Farn des Mo­der- und Mullhumus krautrei­cher, monta­ner Misch- und Nadelwälder, besonders im sauren Fichtenwald (Vacci­nio-Piceion).

 

Macintosh HD:Users:Franz:Desktop:Daten: Manuskripte Publikationen-29.4.17: Oberjoch-29.4.17:Abb Oberjoch verkleinert:Dryopteris dilatata TüBG-4.10.08.jpg

Abb. 288: Alter Wedel von Dryopteris dilatata, breitblättriger Wurmfarn. TüBG, 4.10.2008. Orig.

Pteridium, Adlerfarn

1 (6-?) subkosm; sommer­grü­ner Farn mit lang kriechendem, verzweigtem Rhi­zom, von ein­ander entfernten, lang gestielten Blättern mit dreifach gefiederten Spreiten; Sori randstän­dig, von umgeboge­nen Blatt­rändern bedeckt; Anulus aus ± 13 Zellen; Name: Griech. ptéris - Farn, -idium - Diminu­tivendung.

Pilze: Gallen durch den Chy­tri­dio­myceten Syn­chytrium phegopteridis hervor­ge­rufen.

 

Pteridium aquilinum, Adlerfarn

(Abb. 289) ​​ subkosm, tiefwurzelnder, kalkmei­den­der Farn; über Kalkgestein in ausgelaugten, weitge­hend kalk­freien Böden; Pionierart gestörter Ve­geta­tionen, besonders auf Brandflächen, in Weidewiesen und lichten Wäldern, von den Tieflagen bis in die sub­al­pine Zone; häufig bestandsbildend.

 

 

Abb. 289: Bestand von Pteridium aquilinum, Adlerfarn. Hinterstein, 2.7.1997. Orig.

Spermatophyta, Samenpflanzen

 

Avenella flexuosa, Drahtschmiele

(Abb. 290) ​​ NgemZ; auf sauren und oberflächlich versauerten, humosen bis sandigen Böden lichter Wälder, aber auch in Zwerg­strauch­hei­den und Mooren aller Höhenstufen.

Pilze: Dikary­ontenwirt (II, III) von Uromyces airae-flexuo­sae (Haplo­phase unbekannt). – Auf der Draht­schmiele sind die Brandpilze Tilletia flectens und Ustilago strii­formis nach­gewiesen.

Macintosh HD:Users:Franz:Desktop:Daten: Manuskripte Publikationen-29.4.17: Oberjoch-29.4.17:Abb Oberjoch verkleinert:Avenella flexuosa-27.7.2000b.jpg

Abb. 290: Bestand von Avenella flexuosa, Draht­schmie­le. Plateau d’Assy bei Chamonix, 27.7.2000. Orig.

Calamagrostis, Reitgras

ca. 270 tempZ, tropGbg; ausdauernde Rispen­gräser mit einblütigen Ährchen, die von den Hüllspelzen eingeschlossen wer­den; mit Agrostis nächst verwandt, meist aber durch deutlich grö­ßere Arten und geschlossene Rispen zu un­terscheiden; Name: Griech. kálamos - Rohr, agróstis - Gräsername.

Pilze: Wirte für den Grasmehl­tau Blumeria graminis. – Dikaryontenwirte (II, III) von Puccinia pygmaea (0, I: Berberis).

 

Macintosh HD:Users:Franz:Desktop:Daten: Manuskripte Publikationen-29.4.17: Oberjoch-29.4.17:Abb Oberjoch verkleinert:Calamagrostis villosa Iseler-20.7.93b.jpg

Abb. 291: Einblütiges Ährchen von Calamagrostis villosa, wolliges Reitgras. Oberjoch, Iseler, 20.7.1993. Orig.

 

Calamagrostis villosa, wolliges Reitgras

(Abb. 291) ​​ MEu/Balk; besonders auf Rohhumusböden und ähnli­chen sauren Substraten der Zwergstrauch- und oberen Berg­waldgesell­schaf­ten des subalpinen Bereiches; Charak­terart des subalpinen Fichtenwaldes (Homogyno alpi­nae-Piceetum) und auch typisch für die Alpenfrauen­farnflur (Calamagrostio villosae-Athyrietum distentifo­lii).

Pilze: Wirt für die Brandpilze Urocystis calama­grostidis, Ustilago scrobiculata, Ustilago striiformis.

 

Ökologie von Calamagrostis, Reitgras

 

Tabelle 91: Calamagrostis-Arten, Reitgräser und ihre bevorzugten Standorte:

Auf nassen Böden

 ​​​​ Staunasse, saure Böden in Randgesellschaften von Röhricht und Ufergehölzen C. canescens, Sumpfreitgras

 ​​​​ Überschwemmungsöden und Ufervegetationen von Fließgewässern ​​  C. pseudophragmites, Uferreitgras

Auf trockeneren Böden

 ​​​​ Mischwälder der tieferen und mittleren Höhenlagen

 ​​ ​​ ​​​​ Steinig-trockene, saure Böden lichter Wälder C. arundinacea, Rohrreitgras

 ​​ ​​ ​​​​ Bevorzugt auf wasserzügigen Böden von Kahlschlägen und verbreitet ruderal C. epigejos, Waldschilf

 ​​​​ Bergwälder und darüber

 ​​ ​​ ​​​​ Sonnig-trockene, kalkreiche Berghänge und Flußauen C. varia, buntes Reitgras

 ​​ ​​ ​​​​ Rohhumusböden von Hochlagennadelwäldern und Zwergstrauchheiden C. villosa, wolliges Reitgras

 

​​ Macintosh HD:Users:Franz:Desktop:Daten: Manuskripte Publikationen-13.5.17: Oberjoch-13.5.17:Abb Oberjoch verkleinert:Corallorhiza trifida Oberjoch-5.6.05ab.jpg

Abb. 292: Bestand von Corallorhiza trifida, Korallenwurz. Oberjoch, 5.6.2005. Orig.

 

 

Abb. 293: Blütenstand von Corallorhiza trifida, Korallenwurz. Oberjoch, 5.6.2005. Orig.

 

 

Corallorhiza, , Korallenwurz

15 NgemZ; kleine, weißliche, hellbräunliche bis schwach rötliche, chlorophyllose, terre­stri­sche, wurzellose Stauden mit flei­schigen, ko­ral­lenartig verzweigten, my­korrhizierten Rhi­zomen (Name: Griech. korállion - Koralle, rhíza - Wurzel); Blätter mit Scheiden, ohne Spreiten; Inflores­zenz locker-traubig, mit kurzen Trag­blättern; Sporn fehlend; seitliche Sepalen nach unten gerichtet; Helm durch mittleres Sepalum und seitliche Petalen gebil­det; Lippe weitgehend ungeteilt oder höchstens mit un­schein­baren Seitenlappen.

 

 

Corallorhiza trifida, dreispaltige Korallenwurz

(Abb. 292–294) ​​ NgemZ; selten im sauren, oft auch vermoosten Nadelhumus montaner und subalpiner, schattiger Nadelwälder; Cha­rak­ter­art von Sauerhumus-Nadelwäldern (Vaccinio-Pi­ce­etea).

 

Macintosh HD:Users:Franz:Desktop:Daten: Manuskripte Publikationen-13.5.17: Oberjoch-13.5.17:Abb Oberjoch verkleinert:Corallorhiza trifida Wurzelstock Oberjoch-14.7.93b.jpg

Abb. 294: Wurzelstock von Corallorhiza trifida, Korallenwurz. Oberjoch, 14.7.1993. Orig.

 

Maianthemum, Schattenblümchen

3 NgemZ; niedrige Stauden mit dünnen, krie­chenden Rhi­zomen, 2 basalen Schuppenblät­tern, aufrechten Stängeln und 2 einfachen, ova­len, herzförmigen Stängelblät­tern; Blüten 2zäh­lig, weiß, in endständigen Trau­ben; P2+2 A2+2 G(2); Blütenblätter frei und sprei­zend; Stamina an der Basis der Tepalen inseriert; Beeren­frucht mit 2 Samen pro Fach; Insekten- und Selbstbe­stäubung; Tierverbreitung.

Pilze: Haplon­tenwirt (0, II) von Puccinia digraphidis (II, III: Typhoides arundi­na­cea).

 

Macintosh HD:Users:Franz:Desktop:Daten: Manuskripte Publikationen-29.4.17: Oberjoch-29.4.17:Abb Oberjoch verkleinert:Maianthemum bifolium Hochschwarzeck-12.6.15.jpg

Abb. 295: Blühendes Maianthemum bifolium, Schattenblümchen. Ramsau, Hochschwarzeck, 12.6.2015. Orig.

 

Maianthemum bifolium, Zweiblatt

(Abb. 295) ​​ Eu/As; auf humosen, wechselfeuchten Böden von Laub- und Na­delwäldern aller Höhenlagen außer der alpinen Stufe.

 

Melampyrum, Wachtelweizen

ca. 35 Eu/gemAs/O-NAm; einjährige, grüne Halbparasiten mit einfachen, gegenständigen Blättern und terminalen, ährigen oder traubigen Infloreszenzen; Kelch röhrig, 4zähnig, Krone 2lippig, Oberlippe zusammengedrückt; A4, von der Oberlippe bedeckt; G(2), mit basalem Nek­tarium; über­wiegend von ​​ Hummeln bestäubt; flache Kapseln mit 1-4 Samen (Name: Griech. mélas - schwarz, pyron - Wei­zen, bezieht sich auf die Samen); häufig Ameisenver­brei­tung. Pilze: Wirte für den falschen Mehltau Pero­nospora melampyri-cristati. – Wird von den echten Mehltaupilzen Erysiphe orontii (= Ery­siphe polyphaga) und Podosphaera fusca befallen. – Der Rost­pilz Co­leo­sporium melam­pyri (0, I: Pinus; II, III: nur Melam­py­rum) ist gebietsweise nicht selten. Beim Zu­sam­men­treffen von Wachtelweizen und Pfeifengras ist auf Puccinia nemoralis (0, I: Melampyrum; II, III: Mo­li­nia caerulea) zu achten, ein Rostpilz, der weitgehend un­be­kannt ist.

Macintosh HD:Users:Franz:Desktop:Daten: Manuskripte Publikationen-29.4.17: Oberjoch-29.4.17:Abb Oberjoch verkleinert:Melampyrum pratense Iseler-3.7.97.jpg

Abb. 296: Blütenstand von Melampyrum pratense, Wiesenwachtelweizen. Oberjoch, Iseler, 3.7.1997. Orig.

 

Melampyrum pratense, Wiesenwachtelweizen

(Abb. 296) ​​ Eu/WAs/Sib; auf nährstoffarmen, sauren oder versauerten, wechsel­feuchten bis feuchten Böden in Wiesen, Weiden, Moo­ren, lichten Wäldern, besonders in halbschattigen La­gen von den Niederungen bis in die subalpi­ne Zone.

 

Macintosh HD:Users:Franz:Desktop:Daten: Manuskripte Publikationen-29.4.17: Oberjoch-29.4.17:Abb Oberjoch verkleinert:Melampyrum sylvaticum Garten Hagelloch-17.8.13.jpg

Abb. 297: Blütenstand von Melampyrum sylvaticum, Waldwachtelweizen. Tübingen, Hagelloch, 17.8.2013. Orig.

 

Melampyrum sylvaticum, Waldwachtelweizen

(Abb. 297) ​​ Eu; bevorzugt auf feuchten und sauren Böden, auf Rohhumuslagen in lichten Nadelwäldern und Latschenbeständen, aber auch in Rasen und Weiden der montanen und subalpi­nen Zonen; Charakterart des subalpinen Fichtenwaldes (Homogyno alpinae-Piceetum).

Macintosh HD:Users:Franz:Desktop:Daten: Manuskripte Publikationen-29.4.17: Oberjoch-29.4.17:Abb Oberjoch verkleinert:Monotropa hypopitys Oberjoch-31.8.84.jpg

Abb. 298: Monotropa hypopitys, Fichtenspargel. Oberjoch, 31.8.1984. Orig.

Monotropa, Fichtenspargel

3-4 NHem; heterotro­phe, bleich gelbliche Kräu­ter ohne Chlorophyll; Wurzeln stumpf-gedrungen mit besonderer Pilz-Symbiose (mo­no­tropoide Mykorrhiza); Sproß aufrecht, mit schup­pen­artigen Blättchen und nickenden, ein­blütigen oder trau­bigen Infloreszenzen (Name: Griech. monos - ein­zeln, tropos - Drehung) und aufge­richteten Fruchtstän­den; K2-5 C4-5 A4+4 oder 5+5 G(4-5); Pollen einzeln; Kap­seln; In­sek­ten­bestäubung; Windverbreitung.

 

Monotropa hypopitys, behaarter Fichtenspargel

(Abb. 298) ​​ NHem; auf sandig-lehmigen, sauer-humo­sen Nadelwaldböden, be­sonders in Fichtenwäldern aller Höhenstufen; Charak­terart von Sauerhumus-Nadelwäl­dern (Vaccinio-Pice­e­tea).

 

Mykoheterotrophie von Monotropa

 

Nach Untersuchungen von Bidartondo and Bruns (2002) und Leake et al. (2004) ist die Entwicklung ​​ von Monotropa hypopitys von Pilzpartnern abhängig, die durch Arten der Gattung Tricholoma, Ritterling, gestellt werden (Tabelle 92).

ECM-Tricholoma-Arten, die mit  ​​​​ Monotropa hypopitys assoziiert sind

 

Tabelle 92: Tricholoma-Arten als Mykobionten von Monotropa hypopitys und ihre ECM-Wirte:

Picea, AbiesT. equestre, T. flavovirens, T. terreum

FagusT. sejunctum

SalixT. cingulatum

 

 

 

Macintosh HD:Users:Franz:Desktop:Daten: Manuskripte Publikationen-29.4.17: Oberjoch-29.4.17:Abb Oberjoch verkleinert:Vaccinium gaultherioides-6.5.06b.jpg

Abb. 299: Blühendes Vaccinium gaultherioides, Zwerg­rauschbeere. TüBG, 6.5.2006. Orig.

 

Vaccinium, Heidelbeere, Preiselbeere

ca. 200 NgemZ/trop­Geb; niedrige, immer- oder sommergrüne Sträucher an über­wie­gend bo­den­­sauren Stand­orten; Blätter wech­sel­ständig; Blüten einzeln oder in Trau­ben; Krone röh­rig, glockig, be­cherförmig, aber auch gespal­ten; A8-10, An­the­ren porig öffnend, oft mit gran­nenar­tigen Fort­sätzen; Fruchtknoten unter­ständig, Beeren­früchte, bei mehreren Arten wohlschmeckend; Insekten- und Selbst­be­stäubung; Vogelverbrei­tung; Name nach ei­ner al­ten lateini­schen Be­zeichnung.

Pilze: Vaccinium-Arten besitzen ericoide My­kor­rhizen (ERM), die durch Ascomyceten der Gattungen Hymenoscyphus (Helotiaceae) und Rhizoscyphus (Hyaloscyphaceae) sowie von Sebacinales, Basidiomycetes (s. Anhang Sebacinales 2013), gebildet werden. – Auf Vaccinium-Wirts­arten begrenzt ist der echte Mehltau Podo­sphae­ra myr­til­lina. ​​ Es werden zwei Varietäten bzw. Kleinarten unter­schieden, P. myrtillina s.str. auf Vaccinium myr­tillus und V. vitis-idaea, sowie P. major auf Vaccinium oxycoccus, V. uligino­sum und V. vitis-idaea. Der jeweilige taxono­mische Status dieser Taxa ist nicht geklärt. – Dikaryonten­wir­te des Rost­pilzes The­kopsora myr­tillina (= Puccini­astrum vaccinii; Haplo­phase unbe­kannt).

 

Vaccinium gaultherioides (V. uliginosum ssp. pubes­cens), Zwergrauschbeere

(Abb. 299) Arktalp; auf sauren Böden der Zwergstrauch­heiden subalpiner und alpiner Lagen.

Pilze: Exobasidium pachysporum (Abb. 300) verursacht kleine, verdickte Blattflecken, Exobasidium vaccinii-uliginosi in­fiziert ein­zelne Jahrestrie­be; Zweigkom­plexe wer­den von Exobasidium expansum befallen.

 

Macintosh HD:Users:Franz:Desktop:Daten: Manuskripte Publikationen-6.5.17: Oberjoch-7.5.17:Abb Oberjoch verkleinert:Exobasidium pachyspor-15.9.85c.jpg

Abb. 300: Exobasidium pachysporum verursacht Blatt­hypertrophien auf Vaccinium gaultherioides. Iseler, 15.9.1985. Orig.

 

 

 

Ökologie von Vaccinium, Heidelbeere, Moosbeere, Preiselbeere, Rauschbeere

 

Tabelle 93: Vaccinium-Arten, Heidelbeere und Verwandte und ihre bevorzugten Standorte:

Nur in Hochmooren, zwischen Torfmoosen, bis in Schlenken reichend V. oxycoccos, Moorbeere

Auf sauren Böden und Rohhumusböden

 ​​​​ Von tieferen bis in hochmontane und subalpine Lagen, auch in Hochmooren V. uliginosum, Rauschbeere

 ​​​​ In allen Höhenlagen

 ​​ ​​ ​​ ​​​​ Von lichten Moor-Randgehölzen bis in saure, subalpine Bergweiden V. myrtillus, Heidelbeere

 ​​ ​​ ​​ ​​​​ Von Moor- über Fichtenwälder bis zu subalpinen Zwergstrauchheiden V. vitis-idaea, Preiselbeere

 ​​​​ In subalpinen bis alpinen Lagen V. gaultherioides, Zwergrauschbeere

 

 

Vaccinium myrtillus, Heidelbeere

(Abb. 301) ​​ Eu/NAs/NW-NAm; auf kalkfreien und versauerten, sandigen oder moorigen Bö­den, sowie auf Rohhumusauflagen im Unter­wuchs von lichten Wäldern, aber auch in expo­nierten Lagen von Mooren und Zwergstrauch­gesell­schaften aller Hö­hen­stufen.

Pilze: Wird durch meh­rere Exobasidien parasi­tiert: Dünne, blasse Blattflecken verursacht Exo­basidi­um arescens (Abb. 302); einzelne Jahrestriebe werden von Exo­basi­dium aequale infiziert; Exobasidium myrtilli wächst sy­ste­misch und bewirkt hyper­trophierte Blätter.

 

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Abb. 301: Vaccinium myrtillus, Heidelbeere. Oberjoch, 3.6.2005. Orig.

 

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Abb. 302: Exobasidium arescens verursacht ausgebleichte Blattflecken auf Vaccinium myrtillus, Heidelbeere. Oberjoch, Iseler, 3.7.1997. Orig.

 

 

Macintosh HD:Users:Franz:Desktop:Daten: Manuskripte Publikationen-29.4.17: Oberjoch-29.4.17:Abb Oberjoch verkleinert:Vaccinium vitis-id2-6.5.02.jpg

Abb. 303: Vaccinium vitis-idaea, Preiselbeere. TüBG, 6.5.2002. Orig.

 

 

 

 

Vaccinium vitis-idaea, Preiselbeere

(Abb. 303) ​​ N-NgemZ; wechsel­feuchte bis trockene, überwiegend saure bis versau­erte Bö­den, zumeist über Rohhumus in lichten Wäldern aller Höhenlagen und in Zwergstrauchheiden über der Waldgrenze; Charakterart von Sauerhumus-Nadelwäl­dern (Vaccinio-Picee­tea).

Pilze: Wirt für die Teleutophase des Tannen­rostes Calyptospora goep­per­tiana (0, I: Abies), der Stängel-Hypertrophien verur­sacht, und der in den Hoch­lagen-Tannenwäldern nicht selten ist. – Stark ver­dickte Blattflecken werden durch Exo­basidium vaccinii (Abb. 304) verursacht; büschelige Jah­res­triebe werden durch Exobasidium splendidum infiziert; Exobasidium juelianum bedingt Zwerg­wuchs.

 

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Abb. 304: Exobasidium vaccinii mit Hymenium auf der hypertrophierten Blattunterseite von Vaccinium vitis-idaea, Preiselbeere. Oberjoch, Iseler, 2.9.1984. Orig.

 

Flechten und Moose werden, wie für die anderen Abschnitte auch, in Teil III gesondert behandelt.

 

 

 

 

Sturmwurfflächen und Borkenkäferepedemien

 

 

Die flächendeckenden montanen und subalpinen Fichtenforste sind menschenbedingt, ebenso wie die landwirtschaftlich genutzen Wiesen und Ackerländer. In diesen Bereich wurden alle geeigneten, natürlichen Wälder seit der intensiven Besiedelung der Alpen durch den Menschen in Fichtenforste umgewandelt (Abb. 207). Flachere Hänge mit geeigneten Böden wurden in tieferen Höhenlagen zu Fettwiesen und in subalpinen Bereichen in langen Zeiträumen zu Almwiesen entwickelt (Abb. 2, 3). Es entstanden Sekundärvegetationen mit massiv veränderter floristischer Zusammensetzung. Bemerkenswert und erstaunlich zugleich ist, dass diese neuen, anthropogenen Großökosysteme sich in vielen Bereichen, bei entsprechender Pflege, als stabil erwiesen. Fichtenforste sind Monokulturen mit einer Art Klimaxcharakter. Sie halten abiotischen Extrembelastungen nicht stand und sie sind ungeschützt gegenüber epidemiologischem Parasitenbefall.

 

Die Orkane „Vivian“ und „Wiebke“, die Ende Februar 1990 über Teile Mitteleuropas hinwegfegten, hinterließen in Süddeutschland und damit auch im Allgäu und der weiteren Umgebung von Oberjoch gewaltige Sturmschäden. Am 28.2.1990 hat „Wiebke“ an beiden Bergflanken von Oberjoch, dem Südhang des Ornach (Abb. 305) und dem Iseler Nordhang großflächig Fichtenbestände durch Brechen und Entwurzeln der dicht stehenden Bäume zerstört.

 

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Abb. 305: Fichtenbestände am Ornach bei Oberjoch im Mittelgrund. Die damalige forstliche Nutzung ist durch den vertikalen Kahlschlag am Ornach verdeutlicht. Der westlich davon stockende Altbestand (im Bild links von der Schlagschneiße) wurde durch „Wiebke“ weitgehend umgelegt (vgl. Abb. 306). Die Gipfelpartie des Grünten ist im Hintergrund links zu erkennen. 10.1983. Orig.

 

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Abb. 306: Blick vom Berghaus Iseler zum nördlich gelegenen Ornach oberhalb von Oberjoch, 21.9.1990. Die Ausmaße der Sturmschäden des Orkans Wiebke vom 28.2.1990 werden deutlich. Orig

Macintosh HD:Users:Franz:Desktop:Daten: Manuskripte Publikationen-10.5.17: Oberjoch-10.5.17:Abb Oberjoch verkleinert:Borkenkäferfichten Sturmwurf-18.7.95b.jpg

 

Abb. 307: Durch Borkenkäferbefall abgestorbene Picea abies, Fichten, am Rand der unvollständig geräumten Sturmwurffläche am Ornach bei Oberjoch. 18.7.1995. Orig.

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Abb. 308: Blick vom Iseler auf Ornach (rechts) und Spießer dahinter. In der ehemaligen Windbruchfläche am Ornach können die jungen Bäume erkannt werden. Es ist ein Mischbstand von Gehölzen, die in einem natürlichen Bergwald vorkommen. Am rechten Bildrand befindet sich der 30jährige Jungfichtenbestand, der sich nach dem Kahlschlag (vgl. Abb. 305) Anfang der 1980er Jahre entwickelte. 21.9.2010. Orig.

 

 

 

 

In der Nachfolge der Sturmwurfereignisse gab es in den Fichtenbergwäldern mehrere Wellen von Borkenkäfer-Epidemien. Diese traten nesterweise auf und ließen die Wälder aus der Entfernung wie durchlöchert erscheinen (Abb. 309) oder breiteten sich von den Sturmwurfflächen randlich aus (Abb. 307, 310).

 

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Abb. 309: Ehemaliger Bestand von Picea abies, Fichte, mit Sturmbruch und Borkenkäferbefall. Iseler Südhang, 15.6.2002. Orig.

 

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Abb. 310: Im oberen Bereich der Sturmwurffläche am Ornach wurden die nordwestlich anschließenden, stehen gebliebenen Fichten vom Borkenkäfer befallen und abgetötet. Sie blieben jahrzehntelang als Baumleichen stehen und am Berggrat von Oberjoch aus stocherartig sichtbar. 28.9.2011. Orig.

 

Von 1990 bis 2008 haben die Tübinger Mykologen Sturmwurfflächen in Baden-Württem­berg und im Allgäu (Anhänge: Sturmwurf, Sturmwurfflächen, Sturmwurfflächen Mykorrhiza, Mykologie Tübingen) sowie Bohrgänge der Borkenkäfer (Anhang Ophiostoma Picea) untersucht.

Als frühe Besiedler der liegenden Fichten trat massenhaft der Kraterpilz, Craterocolla cerasi, auf (Abb. 311). Dieser Pilz gilt als Kirschbaumspezialist, worauf der Artnachname hinweist. Es ist nicht geklärt, ob die fichtenbewohnenden Populationen dieses Pilzes mit denen von Kirschbäumen identisch sind.

 

Macintosh HD:Users:Franz:Desktop:Daten: Manuskripte Publikationen-10.5.17: Oberjoch-10.5.17:Abb Oberjoch verkleinert:Craterocolla cerasi Picea44666 Ornach-3.10.93c.jpg

Abb. 311: Fruchtkörper von Craterocolla cerasi, Kraterpilz, auf der Borke liegender Picea abies, Fichte. Ornach bei Oberjoch, 3.10.1993. Orig.

 

In den Bohrgängen der Borkenkäfer der Fichte in Oberjoch konnte eine bis dahin nicht bekannte Basidiomyceten-Art, Basidiopycnis hyalina, entdeckt werden, der zur Ordnung der Atractiellales der Puccinomycotina gehört (Oberwinkler et al. 2006, Abb. 312, Anhang Basidiopycnis). Dieser Pilz ist nachfolgend auch noch aus Borkenkäfer-Bohrgängen in der Schweiz und in Italien nachgewiesen worden.

 

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Abb. 312: Basidiopycnis hyalina in Kultur. a Fruchtkörper; b Fruchtkörper längs geschnitten mit Basidien in unterschiedlichen Entwicklungsstadien; c einzelne Basidie mit sitzenden Basidiosporen; d Konidienträger, die apikal Konidien abgliedern; e Konidien. Nach Oberwinkler et al. (2006), verändert.

 

 

 

 

Neuartige Waldschäden und Ektomykorrhizen

 

Neuartige Waldschäden erschienen Ende der 1970er Jahre so gravierend, dass sogar prophezeit wurde, es würde 1990 in Mitteleuropa keinen Wald mehr geben.

Für diese Veränderungen, zunächst an der Tanne, dann auch an der Fichte und nachfolgend an Laubbäumen festgestellt, wurde der anthropogen bedingte, erhöhte Ausstoß an Schwefeldioxid, einhergehend mit dem sauren Regen, verantwortlich gemacht. Die „Expertenmeinungen“, dass es in den 1990er Jahren in Mitteleuropa keinen Wald mehr gäbe, wurden zu Schlagzeilen in der Tagespresse und damit zum politischen Druckmittel. Der deutsche Terminus „Waldsterben“ wurde sogar in der englischsprachigen Fachliteratur verwendet und „le Waldsterben“ fand Eingang ins Französische.

Erfreulicherweise sind nachfolgend Schwefeldioxidemissionen erheblich gesenkt worden, was sich im Verlaufe von zehn Jahren in Meßwerten deutlich zeigte.

 

In großen Teilen der Bevölkerung wurde durch die Waldschadensforschung mitbewirkt, dass ein kritisches Umweltbewusstsein wachgerufen wurde. In der seriösen Wissenschaft ging es allerdings um sorgfältig erhobene, reproduzierbare Daten, die begründete Interpretationen zuließen.

 

Derartige Forschungsvorhaben wurden vom Bundesministerium für Forschung und Technologie (BMFT) in koordinierten Vorhaben gefördert. Sie waren über die Bundesrepublik verteilt. Dazu im Folgenden Beispiele aus der eignen Ektomykorrhizaforschung, die jedoch nicht im Allgäu durchgeführt wurde.

 

Ob saure Beregnung die Mykorrhizen junger Fichten, Tannen und Buchen schädigen, wurde an vielen mitteleuropäischen Beständen und in Laborexperimenten analysiert.

Langzeiteinwirkung der Schadstoffe bewirkte Wachstumssteigerungen bei Tannenmykorrhizen, SO2 beeinträchtigte dagegen die Fichtenmykorrhizen.

Meristemschäden, die in Fichtenwurzeln durch niedrigen pH-Wert und Aluminium-Ionen ausgelöst wurden, konnten Metzler et Oberwink­ler (1986) nachweisen (Anhang Fichten-Meristemschäden).

 

Den Einfluss des Stickstoffeintrags auf Ektomykorrhizen von Waldbäumen haben Beckmann et al. (1996, Anhang ECM-Ökofaktor) unersucht. Sie waren der Meinung, dass die Fruktifikationsraten von „Generalisten“ kaum, die von „Spezialisten“ auf Koniferen anscheinend mehr beeinflusst waren. Auch unter Kultivierungsbedingungen waren Verallgemeinerungen über negative Auswirkungen erhöhter Stickstoffkonzentrationen nicht möglich.

 

Die Vitalitäten von Ektomykorrhizen der Fichten wurden von fluoreszenzmikroskopisch bestimmt (Qian et al.1998a, Anhang Fichtenkalkung). Untersucht wurden Mykorrhizen von Cenococcum geophilum, Russula ochroleuca (Ockertäubling), Tylospora sp. und Xerocomus badius (Maronenröhrling), die damals nicht identifizierbaren „Piceirhiza gelatinosa“ und „P. nigra“ sowie zwei weitere, nicht benennbare Ektomykorrhizen.

 

Den Einfluß von Kalkung und Ansäuerung auf die Mykorrhizen in Fichtenbeständen des Höglwaldes haben Qian et al. (1998b Anhang Fichten ECM-Vitalität) studiert. Auf versauerten Flächen schienen Russula ochroleuca und Xerocomus badius als mykorrhizierende Arten gefördert, während in gekalkten Parzellen Tuber puberulum, flaumhaarige Trüffel, und „Piceirhiza nigra“ vermehrt auftraten. Statistische Absicherungen waren jedoch nicht möglich.

 

Die pathogenen und antagonistischen Effekte von Mikropilzpopulationen untereinander und auf Ektomykorrhizen in versauerten oder gekalkten Fichten- und Buchenwäldern wurden von Qian et al. (1998c Anhang Mykorrizapopulationen) untersucht. Das Beziehungsgeflecht dieser Bodenpilze erscheint in höchstem Maße komplex. Es ist offensichtlich für die Funktionalität der Rhizosphäre ebenso bedeutend wie abiotische Faktoren.

Pflanzengesellschaften der Fichtenwälder und –forste im Gebiet

 

 

Natürliche Fichtenwälder (Calamagrostio villosae–Piceetum) kommen in Mitteleuropa im hochmontanen und subalpinen Bereich vor, folgen also in der vertikalen Vegetationsabfolge dem Tannen-Buchenwald und sind in allen Übergängen mit diesem verzahnt.

Begleiter von Picea abies, Fichte, in natürllchen Beständen

 

Tabelle 94: Auswahl von Arten in einem natürlichen Bestand von Picea abies, Fichte:

Picea abies Fichte

Salix appendiculata großblättrige Weide

Rosa pendulina Gebirgsrose

Sorbus aucuparia Vogelbeere

Erica carnea Schneeheide

Lycopodium annotinum sprossender Bärlapp

Asplenium trichomanes brauner Streifenfarn

Asplenium viride grüner Streifenfarn

Dryopteris filix-masWurmfarn

Gymnocarpium robertianumRuprechtsfarn

Platanthera chlorantha grünliche Waldhyazinthe

Carex alba weiße Segge

Carex digitata Fingersegge

Carex ferruginea Rostsegge

Carex flacca blaugrüne Segge

Carex montana Bergsegge

Carex ornithopoda Vogelfußsegge

Carex sylvatica Waldsegge

Calamagrostis varia buntes Reitgras

Aconitum vulparia Wolfseisenhut

Aquilegia atrata schwarzviolette Akelei

Silene vulgaris Leimkraut

Oxalis acetosella Sauerklee

Arabis jaquinii glänzende Gänsekresse

Vaccinium myrtillus Heidelbeere

Globularia cordifolia herzblättrige Kugelblume

Pinguicula alpina Alpenfettkraut

Thymus polytrichus Alpenquendel

Valeriana montana Bergbaldrian

Adenostyles alpina kahler Alpendost

Carduus defloratus Alpendistel

Petasites paradoxus Alpenpestwurz

Senecio alpinus Alpengreiskraut

Tolpis staticifolia grasnelkenblättriges Habichtskraut

 

An schwer zugänglichen Hängen, in Schluchten und in Schutzgebieten, sind Relikte naturnaher bis natürlicher Fichtenbestände erhalten geblieben. Im alten Bergsturzbereich des Vilsalpsee-Talschlusses ist ein lichter Fichten-Bergwald mit reichlicher Krautflur ausgebildet (Abb. 313), der einem Kalkblock-Fichten­wald, Asplenio-Piceetum, entspricht. Repräsentative Pflanzenarten sind in Tabelle 90, ausgewählte Moose und Flechten in Teil III enthalten.

 

Bei genauerer pflanzensoziologischer Differenzierung können über Kalk- und Dolomitgesteinen der Alpendost-Fichtenwald, Adenostylo glabrae-Piceetum, und der subalpine Fichtenwald, Homogyno alpinae-Piceetum, zusätzlich unterschieden werden.

Die fließenden Grenzen zeigen sich in den unteren und mittleren Höhenlagen des Alpendost-Fichtenwaldes, in denen Fagus sylvatica, Rotbuche, und Acer pseudoplatanus, Bergahorn, hinzukommen.

Der subalpine Fichtenwald kommt in ähnlicher Artenzusammensetzung über karbonatischen und silikatischen Gesteinen bis zur Waldgrenze vor. Offensichtlich wirken ausreichende Lagen von Nadelstreu als Abpufferung gegen Karbonationen. Entsprechend stocken in diesen Hochlagenwäldern ausgedehnte Bestände von Vaccinium myrtillus, Heidelbeere (Abb. 301), und Vaccinium vitis-idaea, Preiselbeere (Abb. 303), sowie von Avenella flexuosa, der Drahtschmiele (Abb. 290).

 

Durch forstliche Maßnahmen sind die natürlichen Fichtenwälder sowie Bergmischwälder weiträumig in Fichtenmonokulturen umgewandelt worden (Abb. 207). Diese sind bei dichten Baumbeständen in der Krautschicht zumeist artenarm.

 

 

Abb. 313: Natürlicher Fichtenbestand in der Felsblockflur des Talschlusses südlich des Vilsalpsees, 2.7.1992. Orig.

Fichtenwälder – Zusammenfassung

 

 

​​ ursprünglicher Klimaxwald im hochmontanen und subalpinen Bereich des Gebietes

 

​​ Ektomykrrhizavegetation

 

​​ großflächig durch Fichtenforste ersetzt

 

​​ an verflachten Hängen durch Almwiesen und Weiden stark reduziert

 

● ​​ gravierende Schädigung der Fichte in Monokulturen durch Heterobasidion annosum, Wurzelschwamm

 

​​ massive Bestandsschädigungen der Fichte in Monokulturen durch Sturmereignisse

 

​​ durch Großmaschinen im Forstbetrieb erhebliche Bodenverdichtungen und Rückeschäden