Einkeimblättrige Blütenpflanzen
Monocotyledoneae
Klasse mit ca. 11 Ordnungen, 80 Familien, 3000 Gattungen und 60.000 Arten überwiegend krautiger, seltener holziger Samenpflanzen, mit nur einem Keimblatt und markständigen, zerstreuten Leitbündeln, ohne Kambium zwischen Xylem und Phloem und daher ohne sekundäres Dickenwachstum. Primärwurzel durch sekundär gleichartig gebildete Wurzeln (Homorhizie) ersetzt. Blätter überwiegend parallelnervig. Blüten überwiegend 3zählig, oft auch reduziert. Pollen meist mit einer oder auch ohne Apertur. Im Gegensatz zu den Magnoliatae fehlen Ellagsäure und Ellagitannine, sowie Uronsäuren in Schleimen. Auch Alkaloide, ätherische Öle, Gerbstoffe und Polyterpene sind insgesamt bei Monocotylen wenig verbreitet. - Den Monocotyledonen fehlen Gymnospermenmerkmale fast vollständig (Ausnahme: Pollen mit einer Keimfurche), während sie bei Dikotyledonen weit verbreitet sind. Die Angiospermen sollten daher mit dikotylen Vorläufern aus gymnospermen Verwandten entstanden sein. Die Einkeimblättrigen sind dann als ein Seitenast aus einer Dikotyledonengruppe [erste Hauptgruppe sensu Huber (1991) mit Nymphaeales, Piperales, Ölzelligen (Aristolochiales, Annonales, Winterales), Illiciales, und Dreifurchenpolligen (Berberidales, Centrospermae, Polygonales, Plumbaginales)] hervorgegangen.
Die einkeimblättrigen Blütenpflanzen (Abb. 19, Anhang System 1) sind im Tübinger System auf der gleichen Ebene wie die Seerosen im Teich angepflanzt, entsprechen demnach einer basalen Position.
Acorales, Kalmusartige Gewächse
Acoraceae, Kalmusgewächse
(Abb. 19, 29) Einzige Familie der Acorales (Kalmusartige Gewächse) mit einer Gattung, Acorus, Kalmus, und 2(4) Arten von kriechenden Rhizomstauden im Süßwasser und Sumpf; winzige Blüten in Kolben, ohne Spathae; giftig durch ätherische Öle; mit einem griechischen Pflanzennamen benannt.
Systematik und Phylogenie: Traditionell zu den Araceae gestellt, jedoch morphologisch (Buzgo et Endress, 2000; Bogner 2011) und molekularphylogenetisch sehr verschieden (Goremykin et al. 2005; Petersen et al. 2015), daher heute in einer eigenen Ordnung geführt.
Abb. 29: Blütenstand von Acorus calamus, Kalmus. TüBG. Orig. 24.6.2006.
Arales, Aronstabartige Gewächse
Abb. 30: Lysichiton americanum, skunk cabbage, Aronstabgewächse, Araceae, TüBG. Orig. 20.4.2004.
Arales: Pflanzen mit Kolbeninfloreszenzen (Spadices) und Infloreszenzhüllen (Spathae), die bei den Wasserlinsen vollständig reduziert sind.
Araceae, Aronstabgewächse
(Abb. 19, 30). Familie mit ca. 120 Gattungen und etwa 4000-5000 Arten ausdauernder, krautiger Pflanzen, die weltweit verbreitet sind, in den Tropen aber ihre Hauptverbreitung besitzen. Rhizom- oder Knollenstauden mit aufrechten, kriechenden oder schlingenden Stämmchen. Blätter mit Blattscheiden, Stielen (Pistia mit ungestielten Blättern) und verschiedenartigen Spreiten (ungeteilt, gelappt, durchbrochen bis fingerig zerteilt). Keuliger Blütenstand (Spadix) von einem Hochblatt (Spatha) begrenzt oder umhüllt. Blüten meist klein bis sehr klein und variabel hinsichtlich der Zahl der Blütenglieder, z.B. P3+3 A3+3 G(3), oder P2+2 A2+2 oder 3+3 G(2) oder 1, meist zwittrig, aber auch eingeschlechtig. Fruchtknoten, unabhängig von der Zahl der Fruchtblätter meist einfächerig, mit vielen bis wenigen Samenanlagen; eine Samenanlage pro Fruchtknoten meist basal. Beerenfrüchte überwiegen. Oft spezialisierte Bestäubungsbiologie, z.B. mit Spathae als Gleitfallen (Chartier et al. 2014). Reich an Calciumoxalat-Raphiden und Oxalsäure. Mit einem griechischen Pflanzennamen (aron) benannt. Gattungsauswahl: Alocasia, Amorphophallus, Arisaema, Arum, Calla, Colocasia, Dieffenbachia, Lysichiton, Monstera, Montrichardia, Philodendron, Pinellia, Pistia, Scindapsus, Spathiphyllum.
Abb. 31: Orontium aquaticum, Goldkeule. TüBG. Orig. 5.5.2002.
Systematik und Phylogenie: Die Araceae sind traditionell in einer eigenen Ordnung, Arales, geführt worden. Nach molekularphylogenetischen Analysen können sie in die Alismatales integriert werden (Cabrera et al. 2008, Cusimano et al. 2011, Nauheimer et al. 2012, Mayo et Bogner 2013, Henriquez 2014). Wenn diese Ordnung aber enger gefasst wird, lassen sich die Arales als deren Schwestergruppe verstehen. Acorus wird neuerdings in einer eigenen Ordnung, Acorales, geführt (siehe oben).
Es ist eine Frage der Bewertung der Kategorien, ob die Wasserlinsen als eigene Familie oder als Unterfamilie der Araceae eingestuft werden (Rothwell et al. 2004). Bei Trennung müssen auch die Orontiaceae erhalten bleiben, um die Monophylie der Araceae zu gewährleisten. Eine ausführliche Darstellung der Gattungen der Familie geben Mayo et al. (1997).
Revierhinweise: Zahlreich sind tropische Araceen im Tropicarium zu finden. In der Verlängerung des Primeltales sind die beiden Lysichiton-Arten angepflanzt (Abb. 30).
Orontiaceae, Goldkeulengewächse
Zusammen mit der ostaustralischen Gymnostachys anceps 4 Gattungen und 7 Arten in Ostasien und Nordamerika. Orontium aquaticum (Abb. 31) ist eine amphibische Staude mit winzigen Spathae, aber auffällig weiß gefärbten Infloreszenzachsen und goldgelben Kolben. Nach dem Fluß Orontes in Syrien benannt.
Revierhinweis: Orontium aquaticum ist in dauerfeuchter Erde am Quellsumpf ausgepflanzt.
Lemnaceae, Wasserlinsengewächse
(Abb. 32). Familie mit 5 Gattungen und 30 Arten, kleiner, schwimmender Wasserpflanzen, die insgesamt fast weltweit verbreitet sind. Kleinste Blütenpflanzen. Blätter und Sproß nicht unterscheidbar: linsenartige Sproßglieder mit oder ohne einfache Wurzeln. Blüten eingeschlechtig, äußerst vereinfacht: Männliche Blüte = 1 Staubblatt; weibliche Blüte = 1 ungefächerter Fruchtknoten; Blüten in die Sproßglieder eingesenkt. Name nach der griechischen Bezeichnung für Teich (limné).
Systematik: Lemnoideae, mit Wurzeln: Lemna, Spirodela;
Wolffioideae, ohne Wurzeln: Wolffia, Wolffiella, Wolffiopsis.
Revierhinweise: Wasserlinsen werden auch in der Ökologie bei Wasserpflanzen kultiviert.
Abb. 32: Lemna minor, kleine Wasserlinse und Spirodela polyrrhiza, Teichlinse, Aronstabgewächse, Araceae, TüBG. Orig. 4.6.2002.
Alismatales, Froschlöffelartige Gewächse
Ordnung monocotyler Wasser- und Landrhizomstauden, gelegentlich einjähriger Kräuter, mit etwa 12 Familien, 45 Gattungen, 450 Arten (ohne Araceae s.l.). Blätter wechselständig, basal rosettig, selten quirlig, lanzettlich bis gestielt, mit ovalen bis pfeilförmigen Spreiten. Infloreszenzen meist rispig, seltener auch ährig und traubig, sowie Einzelblüten. Blüten 3zählig, zwittrig und eingeschlechtig, zumeist mit oberständigen Fruchtknoten aus freien Karpellen. Staubblätter 3+3, gelegentlich aber auch zahlreich oder nur 3.
Abb. 33: Familien der Alismatales: Graphische Darstellung von Daten eines Sequenzvergleiches des Plastidengenoms. Nach Les et Haynes (1995).
Systematik und Phylogenie (Abb. 33): Wegen der sehr heterogenen Blütenbaupläne können die Alismatales als relativ ursprüngliche Monocotyle angesehen werden. Traditionell werden die Araceae in einer eigenen Ordnung, Arales, geführt. In molekularen Dendrogrammen sind sie in den Alismatales enthalten oder erscheinen als ihre Schwestergruppe (Iles et al. 2009, Iles et al. 2013, Ross et al. 2015).
Abb. 34: Weibliche Blüte von Elodea canadensis, Wasserpest. TüBG. Orig. 5.7.2002.
Hydrocharitaceae, Froschbißgewächse
(Abb. 33-35). Familie mit 18 Gattungen und ca. 120 Arten, untergetaucht wachsender, selten flutender, ausdauernder oder einjähriger Wasserpflanzen, die subkosmopolitisch verbreitet sind, hauptsächlich aber in den Tropen und Subtropen vorkommen. Blätter einfach, scheidig, Blattspreiten lanzettlich bis oval. Blüten von ein- oder zweiblättriger, sitzender oder gestielter Spatha umgeben, meist radiär, selten schwach zygomorph, zwittrig oder eingeschlechtig und dann zweihäusig; P3+3 seltener 2+2, oder nur einkreisig; die äußere Blütenhülle kann kelchartig ausgebildet sein. Staubblätter meist viele, seltener 3-2. Fruchtknoten unterständig, mit 2-15 Karpellen und gleich vielen Griffeln. Meist werden vielsamige Schließfrüchte gebildet. Name aus dem Griechischen abgeleitet (hydor - Wasser, charis - Freude). Gattungsauswahl: Elodea, Hydrocharis, Najas, Stratiotes, Vallisneria.
Systematik und Phylogenie: Die historische Biogeographie, Merkmalsevolution und Phylogenie der Familie wurde von Tanaka et al. (1997), Les et al. (2006), Chen et. al. (2012) behandelt.
Abb. 35: Blühende Pflanze von Stratiotes aloides, Krebsschere. TüBG. Orig. 27.5.2000.
Abb. 36: Blüte von Butomus umbellatus, Schwanenblume. TüBG. Orig. 5.7.2002.
Butomaceae, Schwanenblumengewächse
(Abb. 33, 36). Familie mit 1 Art, die von Nordafrika über Europa bis Zentralasien, den Himalaja und Ostasien verbreitet ist. Die Rhizomstauden haben lange, linealische, zweireihig inserierte Blätter. Blütenstand doldig, mit Endblüte und seitlich übergipfelnden Teilblütenständen. Blüten regelmäßig radiär und zwittrig, P3+3 A6+3 G6, oberständig und choricarp, mit Balgfrüchten. Der Name bezieht sich auf die schneidenden Blätter (Griech. boús - Rind, témnein - schneiden). Phylogenie: Nach molekularen Daten nächst verwandt mit den Hydrocharitaceae und mit diesen, den Alismataceae und den Limnocharitaceae ein Monophylum innerhalb der Alismatales bildend (Hertweck et al. 2015).
Abb. 37: Blüte von Alisma lanceolatum, lanzenförmiger Froschlöffel. TüBG. Orig. 5.7.2002.
Alismataceae, Froschlöffelgewächse
(Abb. 33, 37). Familie mit 15 Gattungen und 90 Arten von Rhizomstauden, die an nassen Standorten oder im Wasser subkosmopolitisch, besonders aber in der Nordhemisphäre verbreitet sind. Blätter gestielt, lanzettlich/elliptisch/pfeilförmig, mit Blattscheiden. Blüte radiär, zwittrig/eingeschlechtig, P3+3 (= K3 C3) A3+3/∞ G3-∞, choricarp, meist in quirlig verzweigten Blütenständen. Benennung nach einem griechischen Namen einer Wasserpflanze. Gattungsauswahl: Alisma, Baldellia, Echinodorus, Limnocharis, Sagittaria. Systematik und Phylogenie: Vergleichend morphologisch hat Lehtonen (2009) die Alismataceae dargestellt. Nach molekularphylogenetischen Dendrogrammen sind die Limnocharitaceae die Schwesterfamilie der Alismataceae. Diese bilden mit den Butomaceae und Hydrocharitaceae ein Monophylum innerhalb der Alismatales (Abb. 33; Haynes et al.1998a, Chen et al. 2012).
Juncaginaceae, Dreizackgewächse
(Abb. 33, 38, 39). Familie mit 3 Gattungen und 30 Arten einjähriger oder ausdauernder Sumpfkräuter, die insgesamt subkosmopolitisch, bevorzugt küstennah, verbreitet sind. Blätter linealisch und scheidig. Blütenstand ährig oder traubig, ohne Tragblätter. Blüte radiär und zwittrig oder eingeschlechtig, P3+3 A3+3 oder 4 G6-4, oberständig, mit freien oder teilweise verwachsenen Karpellen, die zu einsamigen Nüßchen oder Spaltfrüchten reifen. Name wegen der binsenartigen Blätter von Juncus - Binse, abgeleitet. Gattungsauswahl: Triglochin.
Systematik und Phylogenie: Die Juncaginaceae gruppieren mit den Aponogetonaceae, Cymodoceaceae, Potamogetonaceae, Ruppiaceae, Scheuchzeriaceae und Zosteraceae zu einem Monophylum innerhalb der Alismatales (Haynes et al.1998b, von Mering et Kadereit 2010, 2014).
Abb. 38: Reviertrog der Juncaginaceae, Dreizackgewächse, im System von TüBG, Orig. 3.6.2006.
Abb. 39: Blüten von Triglochin palustris, Sumpfdreizack, mit fiedrigen Narben. TüBG. Orig. 20.4.2004.
Potamogetonaceae, Laichkrautgewächse
(Abb. 33, 40). Familie mit 4 Gattungen und ca. 100 Arten von ausdauernden, seltener einjährigen Süßwasserpflanzen, die weltweit verbreitet sind. Blätter oft dimorph, mit fein zerteilten submersen und breitspreitigen Schwimmblättern. Die unscheinbaren Blüten sind in gestielten, über die Wasseroberfläche hinausragenden Ähren zusammengezogen; meist 4 schuppenartige Hüllblätter stehen vor 4 Staubblättern; Fruchtblätter meist 4, frei oder teilweise verwachsen mit je einer Samenanlage; reif Steinfrüchtchen oder Nüßchen. Der aus dem Griechischen hergeleitete Name (potamós - Fluß, geiton - Nachbar) verweist auf die Standortsansprüche. Gattungsauswahl: Groenlandia, Potamogeton, Zannichellia.
Systematik und Phylogenie: Die Potamogetonaceae bilden mit den Aponogetonaceae, Cymodoceaceae, Juncaginaceae, Ruppiaceae, Scheuchzeriaceae und Zosteraceae ein Monophylum innerhalb der Alismatales (Haynes et al.1998c, Lindquist et al. 2006).
Abb. 40: Blütenstand von Potamogeton natans, schwimmendes Laichkraut mit den großen Blättern, umgeben von der dreifurchigen Wasserlinse Lemna trisulca, mit den schmalen Blättern. TüBG. Orig. 5.7.2002.
Scheuchzeriaceae, Blumenbinsengewächse
(Abb. 33, 41). Familie mit 1 Art, Scheuchzeria palustris, die in nordhemisphärischen Mooren weit verbreitet ist. Grasartig aussehende Kleinstauden mit wechselständigen, linealischen, stängelumfassenden Blättern. Blüten in endständigen Trauben, mit Tragblättern; Blüten radiär, zwittrig, P3+3 A3+3 G3-6, Karpelle nur basal verwachsen, 1-2-samig. Nach dem Schweizer Naturforscher Johannes Scheuchzer (1684-1738) benannt.
Systematik und Phylogenie: Die Familie wurde von Haynes et al. (1998d) behandelt. Innerhalb der Ordnung Alismatales wurden unterschiedliche, molekular begründete Positionen, vorgestellt (Les et al. 1997, Iles et al. 2013, Les et Tippery 2013).
Abb. 41: Fruchtende Scheuchzeria palustris, Blumenbinse, mit nicht verwachsenen Fruchtblättern. TüBG. Orig. 7.2000.
Tofieldiaceae, Liliensimsengewächse
(Abb. 42). Drei Gattungen mit 30 Arten der nördlich gemäßigten Zone und des nördlichen Südamerika. Rhizomstauden mit Faserwurzeln, zumeist basalen, zweireihigen Blättern und aufrechten Stängeln mit terminalen Ähren oder Trauben. Blütenblätter zumeist frei. Kapselfrüchte mit apikal freien Fruchtblättern und Griffelfortsätzen. Nach dem englischen Botaniker Thomas Tofield (1730-79) benannt. Gattungsauswahl: Tofieldia.
Systematik und Phylogenie: Traditionell, wie auch von Cronquist (1981, 1988), zu den Liliales gestellt oder den Melanthiales eingegliedert (Takhtajan 1959, 1997). Nach molekularen Analysen zu den Alismatales gehörig (Tamura et al. 2004, Azuma et Tobe 2011).