Grünerlengebüsch
Abb. 491: Blick vom Iseler auf die Allgäuer Alpen mit dem Hochvogel im Hintergrung. Besonders an den Nordhängen, die im Bild im Schatten liegen, wachsen an wasserzügigen und versauerten Stellen Grünerlen. 5.10.2004, Orig.
Ektomykorrhizierte Gehölze des Grünerlengebüsches
Abb. 492: Bestand von Alnus alnobetula, Grünerle. Vom Neunerköpfl zur Gappenfeldalm bei Tannheim, 30.6.1992. Orig.
Alnus alnobetula (A. viridis), Grünerle
(Abb. 492, 493) Eu; bevorzugt an Hanglagen in der subalpinen Zone auf dauerfeuchten, mergelig tonigen und überwiegend sauren Böden bestandbildend. Daher ist das Grünerlengebüsch, Alnetum viridis, besonders weit in den Zentralalpen verbreitet. Hier ersetzt die Grünerle die Funktion der Latsche in den Kalk- und Dolomitalpen oberhalb der Waldgrenze. Als Hangbefestiger an der Waldgrenze von besonderer ökologischer Bedeutung. Gilt neuerdings als invasiv in Almwiesen; nur selten in tieferen Lagen auftretend; Charakterart des Grünerlenbusches (Alnetum viridis). Erlen leben in obligater Symbiose mit Frankien (Bakterien: Actinomyceten), die in Wurzelknöllchen eingeschlossen sind (s. Grauerle bei Ufergesellschaften). Die Grünerle hat mehrere spezifische Ektomykorrhizapilze (ECM), z.B.:
ECM-Mycobionten mit Alnus alnobetula, Grünerle
Tabelle 133: ECM-Mycobionten mit Alnus alnobetula, Grünerle:
Lactarius brunneohepaticus Grünerlenmilchling
Lactarius lepidotus Schuppenmilchling
Lactarius pusillus winziger Milchling
Russula alnetorum Grünerlentäubling
Cortinarius alnobetulae Grünerlenschleimkopf
Cortinarius badiovestitus Grünerlengürtelfuß
Cortinarius sinapizans Erlenhautkopf
Dikaryontenwirt (II, III) für den Rostpilz Melampsoridium alni (0, I: Larix). – An den Unterseiten absterbender Äste sind oft die auffällig roten Flecken der spezifischen Peniophora aurantiaca zu sehen. Morsche, am Boden liegende Äste werden oft truppweise von der gelben, großbecherigen Rutstroemia bolaris und gelegentlich von Ombrophila violacea, violetter Gallertkreiseling, besiedelt.
Abb. 493: Weibliche Blütenstände (oben) und hängendes männliches, abgeblütes Kätzchen von Alnus alnobetula, Grünerle. Botan. Garten Berlin, 5.1982. Orig.
Abb. 494: Fruchtende Salix glabra, Glanzweide. TüBG, 10.5.2002. Orig.
Salix glabra, Glanzweide, kahle Weide
(Abb. 494) Alp/Balk; auf Kalk und Dolomit der montanen und subalpinen Region; Charakterart des Glanzweidengebüsches (Salicetum glabrae).
Pilze: Dikaryontenwirt von Melampsora larici ∩ epitea (0, I: Larix).
Krautiger Unterwuchs des Grünerlengebüsches
Athyrium distentifolium (A. alpestre), Alpenfrauenfarn
(Abb. 495) Eu/NAm; an halbschattigen bis lichten Standorten von Bergwäldern und in Hochstaudenfluren; überwiegend in der subalpinen und alpinen Zone; Charakterart der Alpenfrauenfarnflur (Calamagrostio villosae-Athyrietum distentifolii).
Abb. 495: Unterseite der Fiederchen mit runden Sori von Athyrium distentifolium, Alpenfrauenfarn. Oberjoch, Iseler, 14.6.2002. Orig..
Abb. 496: Blühender Ranunculus platanifolius, platanenblättriger Hahnenfuß. TüBG, 29.5.2002. Orig.
Ranunculus platanifolius, platanenblättriger Hahnenfuß
(Abb. 496) Eu/W-Ruß; auf feuchteren, nährstoffreichen Böden der Hochstauden und Gebüsche von der montanen bis in die subalpine Zone; Charakterart des Grünerlenbusches (Alnetum viridis).
Pilze: Wirt für den echten Mehltau Erysiphe aquilegiae. – Haplontenwirt (0, I) von Uromyces dactylidis (II, III: Dactylis). – Pusteln an Blättern ruft der Brand Urocystis ranunculi-auricomi hervor.
Rosa, Rose
100-200 NgemZ/subtrop, bes. artenreich in W/ZAs; fast ausnahmslos bestachelte, sommergrüne, selten immergrüne Sträucher mit unpaarig gefiederten Blättern und ein- bis wenigblütigen Infloreszenzen; Blüten meist 5zählig mit vielen Staub- und Fruchtblättern; Karpelle in einen krugförmigen Blütenbecher eingesenkt, durch dessen Öffnung die Griffel hervorragen; zur Fruchtzeit wird der Blütenboden fleischig (Hagebutte); Insektenbestäubung, Vogelverbreitung; Artsystematik sehr schwierig; seit alters her äußerst wichtige Zierpflanzengattung mit einer unübersehbaren Fülle von Kultursorten und jährlichen Neuzüchtungen. Es werden mehrere Arten aufgeführt, die für das Gebiet nicht nachgewiesen, jedoch zu erwarten sind.
Pilze: Der Rosenmehltau, Podosphaera pannosa, ist auf Rosen spezialisiert und verursacht erhebliche Schäden auf Zierrosen. Daneben kommt er auf einigen Prunus-Arten (u.a. P. amygdalus, armeniaca, laurocerasus, persica) vor. – Rosen sind Wirte der autoecischen (0, I, II, III) Roste des Formenkreises von Phragmidium mucronatum (Tabelle 34; Ph. fusiforme, mucronatum, tuberculatum).
Abb. 497: Frucht der Rosa pendulina, Gebirgsrose. Hoher Ifen, 6.10.2012. Orig.
Abb. 498: Uredolager des Rostes Phragmidium fusiforme auf Rosa pendulina, Gebirgsrose. Vilsalpsee, 11.7.1995. Orig.
Rosa pendulina (R. alpina), Gebirgsrose
(Abb. 497) MEu/Alp/Kauk; auf humosen bis steinigen Böden lichter Bergwälder und Krummholzformationen der montanen und subalpinen Zonen; selten in tieferen oder alpinen Lagen; charakteristisch z.B. für den Grünerlenbusch (Alnetum viridis).
Pilze: Wirt des autoecischen (0, I, II, III) Rostes Phragmidium fusiforme (Phragmidium rosae-alpinae, Abb. 498).
Abb. 499: Geranium sylvaticum, Waldstorchschnabel. Steinplatte bei Lofer, 10.6.2003. Orig.
Geranium sylvaticum, Waldstorchschnabel
(Abb. 499) Eu/WAs/Sib; auf nährstoffreichen, lehmig-tonigen, zumeist auch feuchteren Böden von Wiesen, lichten Gebüschen und Gehölzen der montanen und subalpinen Bereiche; Charakterart der Quellstaudenflur (Chaerophyllo-Ranunculetum aconitifolii).
Pilze: Haplontenwirt (0, I) für Puccinia polygoni-amphibii (II, III: Polygonum amphibium; unklar ob weitere Polygonum-Arten als Wirte möglich sind). Wirt für die spezifischen, mikrozyklischen (III) Roste Puccinia morthieri und Puccinia geranii-silvatici, die bevorzugt in der montan-subalpinen Höhenregion auftreten, aber auch dort selten zu sein scheinen.
Viola biflora, gelbes Veilchen
(Abb. 500) Eu/NAs/Alas/RockyM; auf nährstoffreichen und meist kalkhaltigen Böden der Fels- und Hochstaudenfluren, sowie im Latschen- und Grünerlengebüsch der subalpinen und alpinen Lagen.
Pilze: Wirt für die spezifischen Roste Puccinia alpina (III, Abb. 501) und Uredo alpestris (nur II). – Die Brandsporenlager von Urocystis violae verursachen meist Blattstiel-Anschwellungen.
Abb. 500: Viola biflora, gelbes Veilchen. Oberjoch, Iseler, 14.6.2002. Orig.
Abb. 501: Der artspezifische, mikrozyklische Rostpilz Puccinia alpina auf Viola biflora, gelbes Veilchen. Iseler, 27.6.2008. Orig.
Cortusa, Heilglöckchen
ca. 10 Alp/ZAs; Stauden mit grundständigen, lang gestielten Blättern und rundlichen, gelappten Spreiten; Infloreszenz lang gestielt, doldig, mit hängenden, 5zähligen Blüten; Kelch und Krone glockig; Stamina basal häutig untereinander und mit der Krone verwachsen; Kapsel eiförmig, 5klappig öffnend; als besondere Zierpflanzen an schattig-humosen Standorten verwendbar; Insektenbestäubung; nach dem Direktor des botanischen Gartens in Padua, J.A. Cortusi (+ 1593), benannt.
Pilze: Wirt für den falschen Mehltau Peronospora cortusae. – Der spezifische Brandpilz Urocystis cortusae entwickelt sich in den Samenanlagen und bildet Sporen in den Kapseln.
Abb. 502: Blütenstand von Cortusa matthioli, Alpenglöckel. TüBG, 5.5.2002. Orig.
Cortusa matthioli, Alpenglöckel
(Abb. 502) Alp/Karp/Balk/As/Jap; auf feuchten, humos-nährstoffreichen, bevorzugt kalkhaltigen Böden von Bergwiesen, Hochstaudenfluren, Zwergstrauchgesellschaften, und Bachufern der subalpinen Stufe, aber auch im montanen und alpinen Bereich zu finden; Charakterart der Hochstaudenfluren (Adenostylion).
Abb. 503: Chaerophyllum villarsii, Alpenkälberkropf. Oberjoch, Iseler. 13.6.2002. Orig.
Chaerophyllum villarsii, Alpenkälberkropf
(Abb. 503) In Süd- und Mitteleuropa auftretend; auf nährstoffreichen, kalkarmen, wechselfeuchten bis nassen Böden von Gewässerrändern, Hochstaudengesellschaften und Bergwiesen der hochmontanen, subalpinen und alpinen Lagen; Charakterart der Hochstaudenfluren (Adenostylion).
Pilze: Wirt für den spezifischen, mikrozyklischen (III) Rost Puccinia enormis.
Abb. 504: Bestand von Imperatoria ostruthium, Meisterwurz. Graubünden, Alp Flix, 30.6.2002. Orig.
Peucedanum ostruthium (Imperatoria), Meisterwurz
(Abb. 504) Alp/Cev/Pyr; auf nährstoff- und stickstoffreichen bis humosen, wechselfeuchten Böden von Hochstaudenfluren und in der krautreichen Begleitvegetation der Krummholzzone subalpiner und alpiner Höhen; Charakterart der Hochstaudenfluren (Adenostylion).
Pilze: Haplontenwirt (0, I) von Puccinia imperatoriae ∩ mammillatae (II, III: Polygonum bistorta) und Wirt des mikrozyklischen (III) Rostpilzes Puccinia imperatoriae.
Cicerbita (Mulgedium), Milchlattich
18 Eu/KlAs/Kauk; Milchsaft führende Rhizomstauden mit weichen, wechselständigen Blättern und rispigen Blütenständen; Köpfchen mit zweireihigen Hüllchen und spreublattlosen Böden; Blüten alle zungenförmig, meist blau, aber auch gelb; Antheren geschwänzt; Achänen abgeflacht, nicht geschnäbelt und mit zweireihigen, einfachen Pappushaaren; Insektenbestäubung; Windverbreitung; mit einem altgriechischen Pflanzennamen benannt.
Pilze: Wirt für den echten Mehltau Golovinomyces cichoracearum. Erysiphe mayorii var. cicerbitae kommt nur auf Cicerbita-Arten vor; die Sippe stellt wahrscheinlich eine eigene Art dar. – Wirte für den autoecischen (0, I, II, III) Rostpilz Puccinia mulgedii.
Abb. 505: Cicerbita alpina, Alpenmilchlattich. Iseler bei Oberjoch, 7.1978. Orig.
Cicerbita alpina, Alpenmilchlattich
(Abb. 505) EuGeb auf feuchten, nährstoffreichen, humosen und kalkhaltigen Böden halbschattiger bis freier Lagen in Hochstaudenfluren und Schluchtwaldgesellschaften der subalpinen Stufe, gelegentlich darunter; Charakterart der Alpenmilchlattichflur (Cicerbitetum alpinae).
Senecio, Greiskraut, Kreuzkraut
ca. 2000 kosm; einjährige oder ausdauernde Kräuter, Lianen, Sukkulente, Sträucher und Bäume mit wechselständigen Blättern; Hüllen zylindrisch mit einreihigen, basal häufig verwachsenen, zugespitzten und oft teilweise geschwärzten Hüllblättern, nicht selten auch von schuppigen Hochblättern umgeben; Spreublätter fehlend; Zungenblüten weiblich oder steril, gelegentlich fehlend, Röhrenblüten zwittrig; Pappus aus einreihigen, rauen, weißen (Name: Lat. senex, senis - Greis) bis gelblichen Haaren gebildet; Insektenbestäubung; Windverbreitung.
Pilze: Wirte für die echten Mehltaue Golovinomyces cichoriacearum und Podosphaera fusca. Golovinomyces fischeri ist nur von den annuellen Senecio sylvaticus, S. vernalis, S. viscosus und S. vulgaris nachgewiesen. – Der Rostpilz Coleosporium senecionis (0, I: Pinus; II, III: Senecio alpinus, erucifolius, jacobaea, fuchsii, nemorensis, sylvaticus, viscosus, vulgaris) ist sehr häufig in der montanen und subalpinen Zone, wo Senecio fuchsii als bevorzugter Wirt auftritt. Die orange Pusteln der Basidienlager auf den Blattunterseiten sind sehr auffällig. Senecio-Arten bewohnende Puccinien mit Dikaryophasen auf Carex (nackte Teleutolager, Teleutosporenstiele fest) und ihre Rückbildungsformen können in dem Formenkreis der Puccinia schoeleriana (P. senecionis ∩ acutiformis, lagenophorae, uralensis) zusammengefaßt werden.
Abb. 506: Senecio fuchsii, Fuchs-Kreuzkraut. Hochstaufen bei Bad Reichenhall, 30.7.2002. Orig.
Senecio fuchsii, Fuchs-Kreuzkraut
(Abb. 506) Eu/Kauk/Ural; auf wechselfeuchten, nährstoffreichen Böden von Bergwäldern, Gehölzrändern und -lichtungen, von den Niederungen bis in den subalpinen Bereich; Charakterart der Fuchs-Greiskrautflur (Senecionetum fuchsii).
Pilze: Haplontenwirt (0, I) für Puccinia senecionis ∩ acutiformis (II, III: Carex) und Wirt für den mikrozyklischen (III) Rost Puccinia uralensis. Wirt für den Rost Puccinia senecionis (I, III).
Ökologie von Senecio, Greiskraut, Kreuzkraut und Verwandte
Tabelle 134: Senecio-Arten, Greiskräuter, Kreuzkräuter und ihre bevorzugten Standorte:
In Feucht- und Moorwiesen
Auf nährstoffreichen, durchnäßten Böden S. aquaticus, Wassergreiskraut
Auf feuchten Wiesen, an Gewässerrändern, bis in den subalpinen Bereich S. alpinus, Alpengreiskraut
In Äckern, an Straßenrändern und in ruderalen Gesellschaften
Auf offenen, bearbeiteten Böden S. vulgaris, Gartengreiskraut
Auf nährstoffreichen, kalkarmen Böden, besonders in Sekundärstandorten S. viscosus, klebriges Greiskraut
An Straßenrändern, Bahndämmen und Umschlagplätzen S. inaequidens, ungleichzähniges Greiskraut
In Wiesen
Auf feuchten, kalk- und stickstoffreichen Böden von Feuchtwiesen Tephroseris helenitis, spateliges Greiskraut
Auf wechselfeuchten Weiden, in Randgesellschaften und ruderalen Stellen S. jacobaea, Jakobsgreiskraut
In besonnten, trockeneren, kalkhaltigen Standorten S. erucifolius, raukenblättriges Greiskraut
In Wäldern
In wechselfeuchten, Bergwäldern und Hochstaudenfluren S. hercynicus, Haingreiskraut; S. ovatus, Fuchs-G.
Auf kalkarmen, sauren Waldböden S. sylvaticus, Waldgreiskraut
In subalpinen und alpinen Lagen
Auf kalkhaltigen, aber auch versauerten, felsigen Böden alpiner Matten S. doronicum, Gemswurzgreiskraut
Auf kalkarmen, felsigen Böden alpiner Matten und Rasen S. carniolicus, Krainer Greiskraut
Weitere Arten siehe unter:
Caltha palustris, Sumpfdotterblume (s. Feuchtwiesen)
Primula elatior, Schlüsselblume (s. Buchen-Tannenwälder)
Salix waldsteiniana, Bäumchenweide (s. Latschengürtel)
Saxifraga rotundifolia, rundblättriger Steinbrech (s. Latschengürtel)
Silene vulgaris, Leimkraut (s. Hochstauden)
Vaccinium myrtillus, Heidelbeere
Veratrum album, weißer Germer (s. Feuchtwiesen)
Grünerlengebüsch
● ECM-Vegetation im subalpinen und hochmontanen Bereich, die den Latschengürtel zumeist an versauerten und vernässten Stellen ersetzt
● Schutzfunktion gegen Erosion
● Expandiert in nicht mehr intensiv genutzte Almweisen