Latschengürtel
Abb. 348: Hauptdolomit-Gebirgsstock von Iseler und Kühgund südöstlich von Oberjoch. Google-Satellit, 5.8.2015.
Abb. 349: Hauptdolomit-Schotterfluren am Iseler-Nordhang mit ausgedehnten Latschenbeständen. 15.6.2002. Orig.
Abb. 350: Bestand von Pinus mugo, Latsche. Blick vom Iseler bis zum markanten, schräg nach links abfallenden Hohen Ifen und dem darunter liegenden Gottesackerplateau. 3.10.2009. Orig.
In den nördlichen Kalkalpen sind weiträumige Bestände der Latsche, Pinus mugo, oberhalb der Waldgrenze ausgebildet. Damit ist erneut eine Ektomykorrhiza-Vergesellschaftung großflächig vegetationsbestimmend.
Pinus mugo (P. montana), Bergkiefer, Latsche, Legföhre
(Abb. 349, 350) MEu/Z-Apen/Balk; besonders an steinigen, kalkhaltigen Hanglagen der subalpinen Zonen der nördlichen und südlichen Kalkalpen; im Bestand ökologisch sehr wichtig als Krummholz-Schutzgürtel über der Waldgrenze; Charakterart des Alpenrosen-Legföhren-Gebüsches (Rhododendro hirsuti-Pinetum mugo); in den Zentralalpen zurücktretend und oft durch die Grünerle, Alnus alnobetula (A. viridis), ersetzt. – Der Name Legföhre für die Bergkiefer oder Latsche, Pinus mugo, bezieht sich auf die biegsamen Äste, die sich bei Schneedruck bis auf den Boden legen können, ohne zu brechen. Entsprechend ist die Hauptwuchsrichtung der Latschen der Hangneigung meist auffällig angepasst.
Ektomykorrhizapilze von Pinus mugo, Latsche
ECM-Pilze von Pinus sylvestris, Waldkiefer
Tabelle 107: ECM-Arten bei Pinus sylvestris, Kiefer:
Thelephora terrestris Erdwarzenpilz, Abb. 351
Tomentella spp.
Paxillus involutus kahler Krempling
Suillus bovinus Kuhröhrling
Xerocomus chrysenteron Rotfußröhrling
Lactarius picinus pechschwarzer Milchling
Lactarius rufus rotbrauner Milchling
Russula emetica Speitäubling, Abb. 315
Russula firmula scharfer Glanztäubling
Rhizpogon melanogastroides
Laccaria bicolor zweifarbiger Lacktrichterling
Cortinarius cinnamomeus Zimthautkopf
Cenococcum geophilum
Abb. 351: Thelephora terrestris. a Habitus, Meßbalken 1 cm; b Ausschnitt aus dem Hymenium mit unterschiedlich reifen Basidien und Basidiosporen, Meßbalken 20 μm; c-e Basidiosporen, Meßbalken 1 μm; c, d rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen; e Längsschnitt durch eine Basidiospore und den Apikulus; transmissionselektronenmikroskopische Aufnahme. Nach Oberwinkler (2012), verändert.
Parasitische und saprobe Pilze von Pinus mugo, Latsche
Bei zu langer Schneebedeckung tritt oft der schwarze Schneeschimmel, Herpotrichia juniperi auf. Er bringt die Nadeln zum Absterben (Abb. 352). An abgestorbenen, aber noch berindeten Zweigen ist Lachnellula fuscosanguinea (Abb. 353) häufig.
Abb. 352: Herpotrichia juniperi auf den Nadeln von Pinus mugo, Latsche. Oberjoch, Iseler, 9.1983. Orig.
Abb. 353: Lachnellula fuscosanguinea auf der Borke von Pinus mugo, Latsche. Iseler, 21.9.1995. Orig.
Die Borke besiedelt ein weiterer, sehr häufiger Spezialist, Aleurodiscus scutellatus, Abb. 191, (Aleurocystidiellum subcruentatum?). Auf abgefallenen Zapfen kommt bevorzugt Strobilurus stephanocystis vor.
Abb. 354: Aleurodiscus scutellatus auf der Borke von Pinus mugo, Latsche. Iseler, Oberjoch, 28.9.1994. Orig.
Subalpine Krummholz- und Zwergstrauch-Gesellschaften
Schneeheide-Latschen-Vegetationen (Erico-Pinetum mugi), Almrausch-Latschengebüsche, (Rhododendro-Pinetum mugi) und Almrauschheiden (Rhodothamno-Rhododendretum hirsuti) über Kalk und Dolomit bestimmen die subalpinen Krummholz- und Zwergstrauch-Gesellschaften.
Salix waldsteiniana, Bäumchenweide
(Abb. 355) O-Alp/Balk auf Kalk- und Dolomitschotter und Böden der subalpinen Höhenzone vor. Sie ist eine Charakterart des subalpinen Knieweidengebüsches (Salicetum waldsteinianae). Salicaceae, Malpighiales.
Abb. 355: Bestand von Salix waldsteiniana, Bäumchenweide. Iseler bei Oberjoch, 15.6.2002. Orig.
Sorbus chamaemespilus, Zwergeberesche
(Abb. 356) In Mittel- und Südeuropa an kalk- und dolomithaltigen, meist auch trockeneren Standorten der subalpinen Zone; Charakterart des Alpenrosen-Legföhren-Gebüsches (Rhododendro hirsuti-Pinetum mugo). Rosales, Rosaceae.
Abb. 356: Fruchtender Sorbus chamaemespilus, Zwergeberesche. Steinplatte bei Lofer, 10.6.2003. Orig.
Sorbus aucuparia, Eberesche, Vogelbeere (siehe Buchen-Tannenwald, Abb. 112).
Rhododendron, Alpenrose
> 1000 S/M/OEu/Kauk/Him/OAs/Jap/SO-As/Neug/NAm; immer- oder sommergrüne Sträucher bis Bäume mit einfachen, ganzrandigen, wechselständigen Blättern, die meist an den Zweigenden gehäuft sind; Blüten meist in aufrechten Schirmtrauben, seltener einzeln; C meist (5), aber auch (6-10), rad-, glocken-, trichter- oder röhrenförmig, schwach zygomorph; A meist doppelt so viele wie C; G(5-20), septicide Kapseln; Insektenbestäubung; Windverbreitung; äußerst wichtige Ziergehölze mit sehr vielen Hybriden und Kulturformen; Name: Griech. rhódon - Rose, déndron - Baum. Ericaceae, Ericales.
Pilze: Der Alpenrosenrost Chrysomyxa rhododendri ist an der Waldgrenze besonders häufig. Er verursacht gelb-orange Flecken auf Rhododendronblättern und eine Fichtennadel-Vergilbung. – Blattgallen werden durch das spezifische Exobasidium rhododendri hervorgerufen (Abb. 357).
Abb. 357: Galläpfelartige Hypertrophien von Rhododendron hirsutum, bewimperte Alpenrose, durch Exobasidium rhododendri hervorgerufen. Oberjoch, Iseler, 8.7.1976. Orig.
Rhododendron hirsutum, bewimperte Alpenrose
(Abb. 358) Von den Alpen bis zur Tatra verbreitet; bevorzugt auf kalkhaltigen, aber auch neutralen Böden der Krummholzregion alpiner und subalpiner Lagen, selten als Schwemmling in tieferen Bereichen; Charakterart des Alpenrosen-Legföhren-Gebüsches (Rhododendro hirsuti-Pinetum mugo).
Abb. 358: Bewimpertes und unterseits grünes Blatt von Rhododendron hirsutum, bewimperte Alpenrose. Oberjoch, Iseler, 20.7.1993. Orig.
Rhodothamnus chamaecistus, Zwergrösel
(Abb. 359) Süd-, Nord- und Nordost-Alpen; auf kalkreichen Böden exponierter Felsfluren in wärmebegünstigten Lagen subalpiner, seltener montaner oder alpiner Regionen; charakteristisch für ostalpine Schneeheide-Alpenrosengebüsche (Erico-Rhododendretum hirsuti). Im Gebiet an der Westgrenze der nordalpinen Verbreitung. Ericaceae, Ericales.
Abb. 359: Rhodothamnus chamaecistus, Zwergrösel. TüBG, 10.5.2002. Orig.
Kleinsträucher im Latschengürtel
Daphne, Seidelbast
ca. 70 Eu/NAf/As/Aus/Pazif; Sträucher mit einfachen, meist wechselständigen Blättern, achselständigen oder terminalen, ährig angeordneten, zwittrigen Blüten; Hypanthium zylindrisch bis glockig, grün oder auffällig gefärbt; K4 C0, A4+4 an der Spitze des Blütenbechers inseriert; G einfächerig; Insekten- und Selbstbestäubung; Vogelverbreitung; mehrere Arten als Ziersträucher verwendet; nach einer griechischen Nymphe benannt und ursprünglich für den Lorbeer verwendet. Thymelaeaceae, Malvales.
Pilze: Aus dem Botanischen Garten Moskau ist auf Daphne mezereum Microsphaera gorlenkoi beschrieben worden. – Auf Daphne-Arten kommen keine falschen Mehltaupilze und keine Rost- und Brandpilze vor.
Ökologie von Daphne, Seidelbast
Tabelle 108: Daphne-Arten, Seidelbast und seine bevorzugten Standorte:
In Mischwäldern und in der Hochstaudenflur D. mezereum, Seidelbast
In Magerrasen, Zwergstrauchheiden und alpinen Matten
In Magerrasen und sonnig-warmen Wiesen D. cneorum, Heideröschen
In sonnig-warmen alpinen Matten und Zwergstrauchheiden D. striata, Steinröserl
Daphne striata, Steinröserl
(Abb. 360) Kommt in den Alpen auf kalkreichen, wechselfeuchten Böden in sonnig-warmen Lagen von Matten und Zwergstrauchheiden der subalpinen und alpinen Stufe vor; Charakterart des Alpenrosen-Legföhren-Gebüsches (Rhododendro hirsuti-Pinetum mugo).
Abb. 360: Blütenstände von Daphne striata, Steinröserl, Alp Flix, Graubünden. Orig. 29.6.2002. Orig.
Weiter Kleingehölze in der Latschenregion:
Dryas octopetala, Silberwurz (s. Silberwurz-Polstergesellschaft)
Erica carnea, Schneeheide (s. Kiefernwälder)
Vaccinium myrtillus, Heidelbeere (s. Fichtenwälder)
Vaccinium vitis-idaea, Preiselbeere (s. Fichtenwälder)
Krautige Arten im Latschengürtel
Selaginella, Moosfarn
ca. 750 Arten überwiegend ausdauernder, bodenbewohnender, selten epiphytischer Kräuter, die subkosmopolitisch, insbesondere aber in den Tropen verbreitet sind. Gametophyten stark reduziert und großenteils in den Sporen entstehend. Männlicher Gametophyt (Mikrogametophyt) mit 1-2 Antheridien, in der Mikrospore gebildet. Weiblicher Gametophyt (Megagametophyt) in der Megaspore entstehend und diese sprengend, mit einigen Archegonien. Spermatozoiden zweigeißelig. Sporophyt kriechend bis aufrecht oder klimmend, überwiegend abgeflacht (dorsiventral) beblättert, mit kleineren Ober- und größeren Unter- oder Seitenblättern. Blätter mit je einem oberseitigen, wasseraufnehmenden Blatthäutchen (Ligula). Sporangien einzeln in den Achseln von Sporophyllen, verschieden gestaltet: Mikrosporangien mit vielen kleinen, männlichen Sporen, Megasporangien mit meist vier großen, weiblich determinierten Sporen (heterospor).
Der Name ist die Verkleinerungsform von selago, einer im Griechischen und Römischen für Bärlappe und Wacholder verwendeten Bezeichnung.
Auf Moosfarnen kommen keine falschen und echten Mehltaupilze, sowie keine Rostpilze vor: Bisher ist nur eine Brandpilzart von Selaginella aus Indien beschrieben worden.
Selaginella selaginoides, gezähnter Moosfarn
(Abb. 361) NHem; auf wechselfeuchten bis feuchten, meist kalkhaltigen Böden; in Matten, Wiesen und Magerrasen von der montanen bis in die alpine Region; typisch für Kalkflachmoore (Tofieldietalia) und alpine Blaugrasgesellschaften (Seslerion caeruleae).
Abb. 361: Selaginella selaginoides, Moosfarn: a Habitus; b Ausschnitt mit Makrosporangien (Ma) und Mikrosporangien, Bl Blättchen; c Längsschnitt durch den Sporangienstand. Oberjoch, Iseler, 12.7.1995. Orig.
Ökologie von Saxifraga, Steinbrech
Tabelle 109: Saxifraga-Arten, Steinbrech und seine bevorzugten Standorte:
Im Tiefland und in montanen Gebieten
Über trockenen, ruderalen Sanden und Schottern S. tridactylites, Dreifingersteinbrech
In feuchten Kies- und Schotterfluren S. mutata, Kiessteinbrech
In der Hochstaudenflur und in Krummholzbeständen S. rotundifolia, rundblättriger Steinbrech
Im subalpinen und alpinen Bereich
An nassen Stellen, auch in tieferen Lagen S. stellaris, Sternsteinbrech
An nassen Stellen, Quellhorizonten, bis in Flußuferkiese der Tallagen S. aizoides, Fetthennensteinbrech
Auf Kalk- und Dolomitgesteinen
In Spalten von Kalk- und Dolomitfelsen, auch als Schwemmling in Tallagen S. caesia, blaugrüner Steinbrech
In Spalten von Kalk- und Dolomitfelsen, auch in tieferen Lagen S. paniculata, rispiger Steinbrech
Über Kalkgesteinsböden S. aphylla, stängelloser Steinbrech
Auf Kalkfelsen, im Schotter und steinigen Rasen S. moschata, Moschussteinbrech
In feuchten Schotterfluren und auf Schneeböden S. androsacea, Mannsschildsteinbrech
Auf kalkfreien Böden und in Silikatschotterfluren
Über durchnäßten Silikatschottern und -felsen S. oppositifolia, roter Steinbrech
An Silikatgestein S. bryoides, Moossteinbrech
Saxifraga, Steinbrech
ca. 370 NHem/SAm; meist Stauden, seltener einjährige Kräuter; vegetativ sehr verschieden: Blattsukkulente, Polsterpflanzen, mit ausdauernden Rosetten oder nur sommergrüner Beblätterung; Blüten meist in rispigen oder traubigen Infloreszenzen, überwiegend 5zählig, Stamina 10, G2 meist oberständig und nur partiell verwachsen, mit freien und spreizenden Enden; Insektenbestäubung; viele Zierarten und -hybriden; Saxifragaceae, Saxifragales.
Saxifraga rotundifolia, rundblättriger Steinbrech
(Abb. 362) MEu; auf nährstoffreichen Böden der Hochstauden-, Gebüsch- und Krummholzgesellschaften subalpiner und montaner Lagen; nicht selten auch als Begleiter von Flußauengesellschaften oder in der Blockhaldenflur alpiner Hochlagen; Charakterart der Hochstaudenfluren (Adenostylion).
Ökologie von Potentilla, Fingerkraut
Tabelle 110: Potentilla-Arten, Fingerkraut und seine bevorzugten Standorte:
Im Wasser von Tümpeln, Teichen, Schlenken P. palustris (Comarum p.), Sumpfblutauge
In stickstoffreichen Ruderalgesellschaften P. anserina, Gänsefingerkraut; P. reptans, kriechendes Fingerkraut
In unterschiedlichsten Wiesen- und Rasengesellschaften P. erecta, Blutwurz
In trockenen Rasen- und Magerrasen
Auf kalkhaltigen Böden P. heptaphylla, rötliches Fingerkraut; P. pusilla, sternhaariges Fingerkraut
Auf besonnten, steinig-sandigen Böden P. tabernaemontani, Frühlingsfingerkraut
In lichten Laubmischwäldern und Trockenrasen P. sterilis, Erdbeerfingerkraut
Im subalpinen und alpinen Bereich
Auf Kalkgestein und kalkahltigen Böden
An Kalkfelsen P. caulescens, Stängelfingerkraut
In Kalk- und Dolomitschotterfluren
Typisch für Kalkschneeböden P. brauneana, Zwergfingerkraut
Typisch für die Polsterseggenflur und den Nacktriedrasen P. crantzii, zottiges Fingerkraut
Auf kalkarmen bis -freien Böden, oft im Borstgrasrasen und in Zwergstrauchheiden P. aurea, Goldfingerkraut
Abb. 363: Potentilla erecta, Blutwurz. Iseler, Zipfelsalm, 3.10.2009. Orig.
Potentilla, Fingerkraut
ca. 300 NHem; überwiegend Rhizomstauden, häufig basal verholzend, gelegentlich aber auch ein- bis zweijährige Kräuter oder Sträucher; Blätter fiedrig oder fingerig zerteilt, in basalen Rosetten und an den Stängeln verteilt; Stipeln auffällig, mit den Blattstielen verwachsen; Blüten überwiegend gelb, aber auch weiß oder selten rosa, mit Außenkelchen; Blütenboden trocken schwammig, nicht fleischig (Gegensatz zu Fragaria), aufgewölbt, mit einsamigen Früchtchen besetzt; Insektenbestäubung, Tierverbreitung; mehrere Arten in der Volksmedizin verwendet (Name: Lat. potens - mächtig, auf die Heilkraft verweisend; -illa - Diminutivform). Rosaceae, Rosales.
Pilze: Wirte für den Chytridiomyceten Synchytrium aureum. – Auf mehreren Rosaceen kommt Podosphaera aphanis vor. Der ausschließlich auf Potentilla-Arten parasitierende echte Mehltau Erysiphe thuemenii ist bisher nur aus Asien bekannt. – Wirte des autoecischen (0, I, II, III) Rostes Phragmidium potentillae. Bemerkenswert ist der Neunachweis von Fromeella mexicana auf eingebürgerten Populationen von Duchesnea indica in Oberösterreich und Graz.
Potentilla erecta, Blutwurz
(Abb. 363) Eu/As/Neuf; stellenweise häufig in unterschiedlichsten Wiesengesellschaften von trockenen über wechselfeuchte bis zu nassen Standorten in Moorwiesen; in allen Höhenstufen, mit Ausnahme der alpinen Lagen; Heilpflanze (Wurzel).
Pilze: Gelbe Pusteln an Stängeln und Blättern werden durch Taphrina potentillae hervorgerufen. – Wirt des spezifischen Rostes Frommeella tormentillae (Frommea potentillae, F. obtusa; 0, IIa = primäre Uredos anstatt von Aecidien, IIb, III: Brachy-Typ).
Biscutella, Brillenschötchen
10-40 M/SEu; meist ausdauernde, selten einjährige Kräuter steiniger und meist auch wärmerer Standorte; nach der ungewöhnlichen Schötchenform (Lat. bis - doppelt, scutellum - Schildchen: brillenartig) benannt. Brassicaceae, Brassicales.
Pilze: Wird vom spezifischen falschen Mehltau Peronospora biscutellae befallen. – Wirt für den echten Mehltau Erysiphe cruciferarum. – Potentieller Wirt für den mikrozyklischen (III) Rost Puccinia biscutellae (von Spanien beschrieben; Angabe von Bozen zweifelhaft).
Abb. 364: Bestand von Biscutella laevigata, Brillenschötchen. Iseler bei Oberjoch, 14.6.2002. Orig.
Biscutella laevigata, glattes Brillenschötchen
(Abb. 364) M/W/SEu; trocken-steinige Kalk- und Dolomitfluren der subalpinen und alpinen Stufen; oft auch als Schwemmling, Fluß- und Bachbegleiter in tieferen Lagen; Charakterart alpiner Blaugrasgesellschaften (Seslerion caeruleae).
Laserpitium, Laserkraut
ca. 35 Kanar/Med/Eu/SW-As; große Stauden mit fiedrigen Blättern, zusammengesetzten Dolden, weißen Blüten und kahlen, geflügelten Früchten; Insektenbestäubung; an kalkhaltigen und trockenen Standorten; Name aus dem Lateinischen (laser - harziger Saft) und Griechischen (pitizo - tropfen) zusammengesetzt. Apiaceae, Apiales.
Pilze: Wirte für den falschen Mehltaupilz Plasmopara laserpitii. Wirte für den Umbelliferen-Mehltau Erysiphe heraclei. – Wie viele andere Umbelliferen von Protomyces macrosporus und Taphridium umbelliferarum befallen.
Abb. 365: Laserpitium latifolium, breitblättriges Laserkraut. Hinterstein, 7.1984. Orig.
Laserpitium latifolium, breitblättriges Laserkraut
(Abb. 365) Eu; bevorzugt kalkhaltige, wechselfeuchte Böden lichter Standorte in Wiesen, Gesteinsfluren und von Gehölzrändern der montanen und subalpinen Lagen; Charakterart der Haldengesellschaft des Laserkrauts und Bergreitgrases (Laserpitio latifolii-Calamagrostietum variae).
Knautia, Witwenblume
ca. 50 NAf/Eu/WAs; Stauden, aber auch einige Annuelle mit Blattrosetten und aufrechten Stängeln; Blätter einfach bis fiederig geteilt; Infloreszenzen kopfig, mit zweireihigen Hüllblättern; Blüten blau bis purpur, von Insekten bestäubt; Kelch 8-16grannig; Kronen der Randblüten verlängert und zygomorph; A4, frei; Insektenbestäubung; Früchte behaart, mit basalen Elaiosomen (Ameisenverbreitung); nach den deutschen Ärzten und Botanikern Christoph (1638-1694) und Bruder Christian Knaut (1654-1716) benannt. Dipsacaceae, Dipsacales.
Pilze: Der falsche Mehltau Peronospora knautiae verursacht Blattflecken; Kronblätter werden von Peronospora violacea befallen. – Wirte für den echten Mehltau Erysiphe knautiae. – Wirte für die Antherenbrände Microbotryum flosculorum und Microbotryum scabiosae (Abb. 366).
Abb. 366: Microbotryum scabiosae auf Knautia dipasacifolia. Pfaffenberg bei Rottenburg, 27.5.2012. Orig.
Knautia dipsacifolia, Waldwitwenblume
(Abb. 366) MEu; auf wechselfeuchten, nährstoffeichen Böden halbschattiger Lagen in Wäldern und an Gehölzrändern aller Höhenstufen, besonders aber der montanen und subalpinen Bereiche; Charakterart der Waldskabiosen-Gesellschaft (Knautietum sylvaticae).
Bellidiastrum, Alpenmaßliebchen
1; kleine Rhizomstaude mit grundständiger Blattrosette und einköpfigen Stängeln; Blätter einfach, in einen schwach geflügelten Stiel zusammengezogen; Köpfchenhülle doppelt, Köpfchenboden ohne Spreublätter und ohne Haare; Strahlenblüten weiß, Röhrenblüten gelb; Pappus aus 2-3 Reihen rauher Borsten; Insektenbestäubung; Windverbreitung; Name: Lat. bellus - schön, di - ähnlich (Suffix), astrum - Stern. Asteraceae, Asterales.
Pilze: Wirt für den echten Mehltau Podosphaera fusca. – Haplontenwirt für die Rostpilze des Formenkreises der Puccinia firma: P. firma (II, III: Carex firma) und Puccinia capillaris (II, III: Carex capillaris; bisher nur von Graubünden bekannt). Puccinia bellidiastri (III) ist spezifisch. – Bellidiastrum kann von dem Brandpilz Entyloma bellidiastri (helle Blattflecken) befallen werden.
Abb. 367: Bellidiastrum michelii, Alpenmaßliebchen. Iseler bei Oberjoch, 14.6.2002. Orig.
Bellidiastrum michelii (Aster bellidiastrum), Alpenmaßliebchen
(Abb. 367) Jura/Schwa/W/Alp/Apen/Karp/ Balk; auf meist kalkhaltigen, wechselfeuchten bis feuchten Böden der montanen bis alpinen Lagen; typisch für alpine Steinrasen (Seslerietalia).
Homogyne alpina, Alpenlattich
(Abb. 368) In Mittel- und Südeuropa auf wechselfeuchten, humosen Böden von Matten, Rasen, Weiden und Zwergstrauchheiden der alpinen und subalpinen Region, sowie in montanen Bergwäldern (Homogyno alpinae-Piceetum). Asteraceae, Asterales.
Abb. 368: Bestand von Homogyne alpina, Alpenlattich. Alp Flix, Graubünden, 28.6.2002. Orig.
Alpiner Buntsandstein
Das Iseler-Kühgund-Massiv (Abb. 5) hat eine bemerkenswerte Gesteinsabfolge. Oberjoch liegt im Hauptdolomit (obere Trias), der bis über das Berghaus Iseler hinaufreicht und vom Plattenkalk abgelöst wird, der deutlich aus dem Gelände herausragt, daher auch nicht als Almwiese genutzt werden konnte. Dieses schmale Gesteinsband ist vom Bergwald bestockt. Darauf folgen die Kössener Schichten des unteren Rhät, gekennzeichnet durch feuchte Almwiesen. Sie werden nach oben durch die Oberrhätriffkalke begrenzt, auf denen das Iselerplatzhaus steht (vgl. Abb. 237).
Abb. 369: Hauptgesteine in den Alpen und Anpassungen von Pflanzenarten als kalkliebende, calciphile, oder kalkmeidende, säureliebende, acidophile Gewächse. Orig.
Auf gleicher Höhe tritt geringmächtig und über weite Strecken unterbrochen Buntsandstein (untere Trias) an die Erdoberfläche. Dies ist ein drastischer Bruch in der zeitlichen geologischen Schichtenabfolge. Darüber erhebt sich erneut der mächtige Hauptdolomit der Iseler-Kühgund-Gipfelregion. Das zweimalige Auftreten des Hauptdolomits wird durch eine schuppenförmige Überfaltung während der Alpenentstehung gedeutet.
Abb. 370: Landkartenflechte, Rhizocarpon sp., auf Buntsandstein unter dem oberen Hauptdolomit am Iseler beim Iselerplatzhaus, 2.10.2003. Orig.
Buntsandstein ist ein Kalk- und Dolomit-freies Gestein, das dementsprechend von basiphoben und acidophilen Organismen besiedelt wird. Am auffälligsten wird das durch die Gruppe der Landkartenflechten, Rhizocarpon spp., mit ihren oft gelben und schwarzgefelderten Thalli, sichtbar (Abb. 370).
Abb. 371: Geologische Formationen zwischen Füssen - Immenstadt und Nesselwang - Weißenbach im Lechtal. Der weiße Pfeil markiert die Lage von Oberjoch. Geologische Karte von Bayern 1954.
Geologische Schichtenfolge im Oberallgäu
dw - Würmmoränen
usm - unt. Süßwassermolasse
kro - Oberkreide 100-70 Ma
ce - Cenoman 100-90 Ma
kru - Unterkreide 140-100 Ma
fh - Flysch Ultrahelvetikum
f - Flysch 150-50 Ma
jk - Jurakalk 150 Ma
jm - Juramergel 200 Ma
rh - Rhät 200 Ma
Kössener Schichten (nicht ausgewiesen)
pk - Plattenkalk
hd - Hauptdolomit
rs - Raibler Schichten
wk - Wettersteinkalk 230 Ma
m - Muschelkalk 240 Ma
s - Buntsandstein 250 Ma (nicht signiert)
Geologische Schichtenfolge von alt (unten) nach jünger (oben) im weiteren Umfeld von Oberjoch (weißer Pfeil), von der Trias (Buntsandstein - Rhät), zum Jura (Kalke und Mergel), der Kreide (Cenoman - Oberkreide), dem Tertiär (untere Süßwassermolasse) und dem Quartär (Jungmoränen der Würmeiszeit). Altersangaben in Millionen Jahren (Ma), gemittelt.
Allgemeines zum Latschengürtel
● natürliche Ektomykorrhiza-Vegetation des subalpinen Bereiches mit gelegentlichen Ausweitungen in Tallagen und in die alpine Region
● Anpassung von Pinus mugo, Latsche, an hohe und lange anhaltende Schneebelastung durch äußerst biegsame Äste
● vergesellschaftet mit weiteren ECM–Arten, wie Salix spp., Weiden, Dryas octopetala, Silberwurz
● vergesellschaftet mit ericoid mykorrhizierten Gehölzen, Rhododenron spp., Alpenrose, und Vaccinium spp., Heidelbeere und Preiselbeere
● an verflachten Hängen durch Almwiesen und Weiden zurückgedrängt
● an vernäßten und versauerten Stellen durch Alnus alnobetula, Grünerle, ersetzt